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Routen für Geniesser

Inseltour auf Fuerteventura: Reif für die Insel

Mit dem Mietauto unterwegs auf der Kanaren-Insel

von Michael Andrusio

05/06/2023, 03:00 AM

Blickt man beim Anflug auf den Flughafen der Insel aus dem Fenster, denkt man angesichts der kargen, weitgehend vegetationslosen Landschaft an die Verbannung des Miguel de Unamuno. Eines baskischen Schriftstellers und Freidenkers, der anno 1924 auf die Insel in die Verbannung verschifft wurde. Das renommierte Prager Tagblatt schrieb über die Verbannung seinerzeit: „Unamuno „Das Gewissen Spaniens“, ein 65jähriger Greis wird auf Befehl des Diktatorgenerals Rivera verurteilt, verurteilt zur Deportation nach Fuerteventura, einer höllischen Strafkolonie jenseits der kanarischen Inseln, verurteilt in der sicheren Erwartung, ja Gewißheit, dass das mörderische Klima rasch und ebenso gründlich besorgen werde, wozu selbst einem so aufgeblasenen Generaldiktator wie Rivera der Mut fehlt...“. Und Unamuno selbst bestätigte diese Aussichten insofern als ihm während seines Aufenthalts Sätze wie dieser aus der Feder flossen: “Eine Wüste ist dieser erhabene und geliebte, weltabgeschiedene Erdenfleck Fuerteventura – eine der Inseln, die man einst die Glückseligen nannte … ein nacktes, skeletthaftes, karges Land aus nichts als Knochen, ein Land, das eine ermüdete Seele zu stählen vermag.“

Der Norden

Mein Gott – was, wenn die Recht haben und nicht die blumigen Beschreibungen der Touristiker, denkt unsereiner noch, als der Flieger aufsetzt. Unsere, von viereinhalb Stunden Flug ermüdete Seele will nichts von Stählung wissen, sondern ist in Gedanken bei Müßiggang und Fischgerichten. Am Flughafen übernehmen wir unseren Mietwagen und steuern zunächst den Norden der Insel an. Die gut ausgebaute zweispurige Autobahn führt uns herum um den Hauptort der Insel, Puerto del Rosario, hinauf nach Corralejo. Der Norden ist berühmt ob seiner grandiosen Dünen, die südlich von Corralejo auf ca. 8 km Länge die Küste säumen und einen faszinierenden Kontrast zum türkisblauen Wasser bilden. Die Dünen gehören zum Naturpark von Corralejo und es gibt nur zwei Hotels an diesem Küstenabschnitt – sonst genießt man die Natur der geschützten Grandes Playas und hat somit einen angenehmen Kontrapunkt zum geschäftigen Touristenleben von Corralejo.

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Vom Sandstrand aus schaut man rüber auf die kleine Isla de Lobos, die nicht mehr dauerhaft bewohnt ist. Ja, Lobo, heißt Wolf - Wölfe haben hier aber nie etwas verloren gehabt. Es gab aber die Mittelmeer-Mönchrobbe (lobo marino) - der letzten ihrer Art wurde schon vor mehr als 100 Jahren der Gar ausgemacht. Und hinter der Isla de Lobo liegt bereits Lanzarote, nur 11 Kilometer von Fuerteventura getrennt.

So wie Lanzarote ist auch Fuerteventura vulkanischen Ursprungs - um das zu erkennen, muss man nicht Geologie studiert haben. Lanzarote und Fuerteventura sind die ältesten der Kanarischen Inseln, auf Fuerteventura erloschen die letzten Vulkane vor etwa 5000 Jahren. Zu den jüngeren Vulkanreihen gehört jene zwischen Corralejo und Lajeres, die wir auf unserer Fahrt Richtung Westküste passieren. Dass die wilde, wüstenähnliche Landschaft auch schon in Hollywood auf dem Radar ist, verwundert nicht. Just, als wir auf Furteventura unterwegs waren, wurden inmitten der Insel Szenen für den Film “The Eternals" gedreht.

Der Westen

Unser Ziel ist aber nicht die Filmszenerie, sondern El Cotillo. Wahrzeichen ist der Castillo de El Toston, ein Wachturm, der 1740 gebaut wurde, nachdem britische Korsaren den Ort angegriffen hatten. Dass der kleine Ort seinerzeit ein wichtiger Exporthafen war, mag man heute, wenn man das ruhige, verträumte Fischernest von den Steilkippen aus betrachtet, gar nicht mehr recht glauben. Neben dem Rundturm hat man das Skelett eines Wals aufgespiesst - es ist ein Cuvier Schnabelwal - und die Walskelette begegnen dem Reisenden auf Fuerteventura öfter. Es lohnt dann noch der kurze Abstecher zum modernen Leuchtturm Faro de Toston zumal hier auch ein kleines Fischereimuseum untergebracht ist.

Wir reisen weiter in den Süden und weiter zurück in die Geschichte der Insel. Nachdem den Ort La Oliva passiert hat, taucht rechter Hand der Montana Tindaya auf, der heilige Berg der Ureinwohner Furteventuras, den Majojeros. Auf dem Gipfel des markant geformten Bergs aus Trachytgestein wurden in Stein geritzte Fußabdrücke entdeckt, deren Bedeutung man bislang nicht wirklich erklären konnte. Nachdem es leider immer wieder zu Vandalenakten kam, wurde der Aufstieg zum Gipfel mittlerweile von den Behörden gesperrt.

Die Geschichtsschreiber gehen davon aus, dass bereits die Phönizier im 10 Jht. vor Chr. hier waren. Die ersten Siedler kamen wohl um 500 v. Chr. von Nordafrika aus auf die Insel. Im 14. Jht eroberte der französische Adelige Jean de Bethancourt im Auftrag der kastillischen Krone die Insel und gründete eine neue Inselhauptstadt, der er in aller Bescheidenheit seine Namen gab, Betancuria.

Das Landesinnere

Bevor wir die historische Stadt ansteuern, besuchen wir noch das Käse-Museum in Antigua, das Museo del Queso Marinero. Man ist stolz auf den Ziegenkäse, und die “Produzenten" begegnen einem häufig während einer Inseltour. Das Museum erklärt aufschlussreich und mit Hilfe der entsprechenden Schaustücke, wie der Queso Marinero hergestellt wird.

Eine Kontrollbehörde überwacht übrigens die Herstellung und nur, wenn man sich an die Vorgaben hält, bekommt man auch das Siegel als echter Marinero. Im angeschlossenen Shop kann man den Käse auch gleich verköstigen bzw. erwerben. Und auch ein angeschlossener Kakteen-Garten ist einen kurze Runde zu Fuß wert. Nur wenige Kilometer von Antigua entfernt hält man in Tiscamanita beim “Centro de Interpreation Los Molinos" - einem Zentrum der Erklärung der Windmühlen (wenn man es übersetzen möchte). Das Käsereimuseum und das Mühlenmuseum gehören zusammen - mit einem Ticket kann man beide besuchen und auch ein Salzmuseum (zu dem wir später noch kommen) gehört hier dazu. Die Verarbeitung von Weizen und stetige Winde, die Alisios-Winde, schienen es logisch erscheinen, dass ab Ende des 20.Jhts. Windmühlen auf Fuerteventura errichtet wurden. In der Ausstellung wird aber ebenso erklärt, wie das Getreide verarbeitet wurde, bevor es die Windmühlen gab. Und: Man kann das so genannte “Gofio" probieren. Das Gofio ist das Supernahrungsmittel schlechthin und wurde früher aus Mais (Millo in Canary), Weizen, Gerste oder anderen Körnern hergestellt, die geröstet und gemahlen wurden. Es wird unter anderem wegen seiner Sättigungsfähigkeit, der Kohlenhydratmenge und der niedrigen Kalorienmenge sehr geschätzt, erklärt man uns.

Ob die Könige Giuse und Aiose dem Gofio-Genuss gefröhnt haben, ist nicht weiter überliefert. Jedenfalls ist den beiden auf der Passhöhe nördlich von Betancuria ein überdimensionales Denkmal gesetzt worden. Wir sind mittlerweile auf der kurvenreichen FV-30 im Landesinneren von Fuerteventura unterwegs. Auf der Passhöhe lohnt der Stopp nicht nur wegen des Denkmals, sondern vor allem wegen der tollen Aussicht. Von der FV-30 zweigt kurz vorher eine kleine Straße zum Mirador Morro Veloso ab - mit ebenso toller Aussicht und einem Restaurant. Allerdings war dies zum Zeitpunkt unseres Besuchs geschlossen und die hinaufführende Straße gesperrt - zu Fuß kann man aber allemal hinaufwandern.

Von der Passhöhe führt die Straße hinunter ins Tal, wo die einstige Hauptstadt Betancuria liegt. Mit den Palmen und alten Gebäuden wirkt der charmante Ort wie eine Oase inmitten der schroffen Berge rundherum. Das Auto lässt man am besten am großen Parkplatz am südlichen Ende der Stadt stehen und geht zu Fuß den kurzen Weg ins Zentrum.

Das Ortszentrum wirkt gepflegt. Sehenswert die Kirche, die für kurze Zeit sogar den Status einer Kathedrale hatte (nachdem der Gegenpapst in Avignon einen Bischof in Lanzarote hatte, wurde für den Vatikan Betancuria Bischofssitz für die Kanaren). Die ursprüngliche Kirche wurde bei einem Überfall durch die Sarazenen schwer in Mitleidenschaft gezogen und damit man so etwas nicht nochmal passiert, wurde die wieder aufgebaute Kirche im Stil eine Wehrkirche gestaltet. Vom ehemaligen Franziskanerkloster (Convento de San Buenaventura) sind nur mehr Ruinen übrig. Wer nach so viel Geschichte Hunger bekommt, kehrt am besten im Santa Maria Restaurante ein (siehe Leben entlang der Route), wo das "Zicklein in Rosmarinsauce" die Spezialität des Hauses ist.

Wir folgen der FV-30, die sich bald wieder die Berge hinaufwindet, weiter Richtung Süden. Nach Pajara kann man einen Abstecher an die felsige Ostküste und den Höhlen von Ajuy unternehmen. Fährt man weiter Richtung Pared, kommt man am Mirador Astronomico de Sicasumbre vorbei. Dass an dieser Aussichtsstelle den Insel-Ziegen ein Denkmal gesetzt wurde, mag ein wenig verwirren - tatsächlich geht es hier eher um astronomische Beobachtungen. Der Himmel über Fuerteventura gilt wegen der geringen Lichtverschmutzung als klar und besonders gut geeignet für Beobachtungen des Sternenhimmels. Aber man muss nicht nächtens hierher kommen - auch untertags gibt es tolle Aussichten, vor allem auf den von Sanddünen bedeckten Istmus von Pared und den Beginn der Halbinsel Jandia. Hierher in den Süden der Insel zieht es die meisten Touristen.

Der Süden

Während die Westseite der Halbinsel mit den (mit normalen Pkw nicht erreichbaren Stränden) Cofete und Barlavento einsam und naturbelassen wirkt, finden sich auf der von Wind und Wellen begünstigten Ostseite die touristischen Zentren wie Costa Calma oder Morro Jable. Während man das Baden an der Westküste wegen der starken Brandung und Strömungen lieber bleiben lässt, ist dies der Ort, der die Wellreiter magisch anzieht - vor allem bei La Pared warten Surfer auf die ideale Welle. Aber Surfen wird auf Fuerteventura generell groß geschrieben - egal mit Segel oder ohne oder mit Kite-Drachen. Es gibt ein Surfcenter neben dem anderen. Vor allem am Playa de Sotavento mit dem sanften Gewässer einer Lagune finden sich ideale Voraussetzungen. Ende Juli steigt hier jedes Jahr der Surf-Weltcup - aber man muss kein Brett zwischen den Füßen und dem Wasser haben, um hier einen schönen Tag am Meer zu verbringen.

An Wind mangelt es auf Fuerteventura ohnehin nicht. Vor allem im Sommer kann es hier ordentlich windig werden, das freut die Surfer und die Festland-Spanier, die vor allem im Juli und im August auf die Insel kommen, sind ohnehin für die “Abkühlung" dankbar, zumal es dank des gemäßigten Klimas der Kanaren im Sommer selten über 30 Grad heiß wird. Wer dem Wind ausweichen will, hat im Herbst die besten Chancen. Und auch wenn der Name “Fuerteventura" für manche irgendetwas von starkem Wind bedeuten will, dies ist nicht die Herleitung des Namens. Tatsächlich kommt der Name von Laforte Ventura und hieß „Große Glückselige“ - aber für Surfer ist starker Wind ohnehin meist gleichbedeutend mit großer Glücksseligkeit.

Costa Calma ist ein touristisches Zentrum, wo sich ein Hotel an das nächste reiht. Angesichts des feinen Sandstrands ist das nicht verwunderlich. Der Strand wird zwar immer wieder von Klippen unterbrochen, ist aber so weitläufig, dass man nie Gefahr läuft zu nah am sonnenbadenden Nachbarn zu liegen zu kommen. Viele Besucher machen sich auch zu ausgedehnten Strandspaziergängen auf. Vom Süden aus werden übrigens auch Beobachtungstouren zum Wal- oder Delphinbeobachten angeboten.

Wir verlassen die Halbinsel Jandia wieder und fahren entlang der FV2 Richtung Norden. Und halten bei der Verdeaurora Bio-Farm. Die liegt direkt neben der Straße, ist also nicht zu übersehen. 1960 begann sein Vater hier Tomaten anzubauen, erzählt uns Luis Mesa, der den Bio-Bauernhof führt. Das ging bis zum Jahr 2000 gut, war aber danach nicht mehr rentabel. Stattdessen setzte man ab 2008 auf Olivenbäume und später zusätzlich auf Aloevera-Plantagen.

Dass man hier biologisch produziert, ist Luis eine Herzensangelegenheit. “Und wir wollen nicht nur Produkte verkaufen, sondern auch den Geist der Insel weitergeben", sagt Luis. Der Strom für den Hof kommt (zumindest untertags) von der eigenen Solaranlage und man betreibt ein Geschäft, wo man diverse Produkte vor allem rund um Aloevera gleich kaufen kann. Sonst hat man noch 12 Schafe, 6 Hühner, 8 Katzen und 4 Hunde.

Weiter nach Norden führt uns die FV2 wieder an die Küste und die Salinas del Carmen. Hier wird seit über 100 Jahren auf traditionelle Weise Salz aus Meerwasser gewonnen. Es ist die einzige natürliche Saline in ganz Spanien erzählt man uns. Bis zu 70 Tonnen Salz pro Jahr können hier gewonnen werden. Angeschlossen sind übrigens ein sehenswertes Museum, das den harten Alltag der früheren Salzbauern veranschaulicht und ein Restaurant.

Epilog

Wir haben unser Mietauto verstaubt aber sonst wohlbehalten wieder zurückgegeben. Der Film „The Eternals“ ist mittlerweile fertig. Und Miguel de Unamuno gelang nach vier Monaten die Flucht in Richtung Paris - nachdem er aber vorher seinen Frieden mit dem kargen Eiland gemacht hatte.

Nach der Fahrt in den Norden bietet sich in Corralejo das Secrets Bahia Real Resort&Spa an. Das 5-Stern-Hotel verfügt über sechs Restaurants, ein Spa und liegt direkt am Meer – mit Blick auf die benachbarten Inseln Isla de Lobos und Lanzarotte. Mit dem Auto ist man innerhalb von 10 Minuten bei den Dünen.

Secrets Bahia Real Resort&Spa, Avenida Grandes Playas, s/n (ohne Nummer); 35660 Corralejo

Ein wunderschönes Hotel im südlichen Teil der Insel ist das R2 Bahia Playa Hotel in Taralajeo. Das 4-Stern-Haus liegt direkt am schwarzen Strand bzw. an der Strandpromenade. Es bietet zwei Pools innerhalb der Hotelanlage und ein üppiges Buffet für Frühstück und Abendessen. Fürs Auto gibt‘s einen öffentlichen Parkplatz hinter dem Hotel.

R2 Bahia Playa Hotel; Avenida Las Palmeras s/n (ohne Nummer); 35627 Taralajeo, Tel: +34 928 16 1001

Noch weiter im Süden findet man in Esquinzo das Adults-only Hotel Royal Palm. Die Anlage liegt direkt am Meer und verfügt über drei Restaurants und mehrere Bars (darunter auch eine Sport-Bar). Besonders stolz ist das Hotel auf den großzügig angelegten über 2000 m2 großen Spa-Bereich.

Royal Palm Resort&Spa, Avenida de los Pueblos s/n (ohne Nummer), 35626 Esquinzo; +34 828 12 01 50

Ein große Auswahl an Hotels erwartet den Fuerteventura-Reisenden auch in Costa Calma. Empfehlenswert ist hier das z.B. das Hotel H10 Playa Esmeralda, das abseits vom Trubel am Ortsrand von Costa Calma gelegen ist. Eine windgeschützte Badebucht mit Sandstrand ist über eine Treppe schnell erreichbar.

H10 Playa Esmeralda, Punta del Roquito 2, 35627 Costa Calma, Tel: +34 928 87 53 53

Eine empfehlenswerte Adresse, um die Küche des Landes kennenzulernen, ist das Restaurante Casa Santa Maria in Betancuria. Das Lokal war einst ein Bauernhaus im Zentrum der alten Insel-Hauptstadt. Sehenswert ist die Dekoration im Eingangsbereich und zum Essen sitzt man in einem herrlich begrünten Innenhof. Spezialität des Hauses ist Zicklein in Rosmarinsauce.

Casa Santa Maria, Plaza Santa Maria 1, 35637 Betancuria, Tel: + 34 928878282.

Wem in Corralejo der Sinn nach Fisch steht, kann im Restaurante El Anzuelo gut essen. El Anzuela, Avenida Maritima 2 35660 Corralejo, +34 928 65 39 63.

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