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Auto-Reisen in Österreich

Mühlviertel: Stille Hören im Grenzbereich

Durchs nordwestliche Mühlviertel – die raue Region im Dreiländereck Österreich, Bayern und Tschechien wirkt entstressend – und eignet sich ideal für Ruhe und Entspannung.

05/24/2020, 04:00 AM

Wenn’s wahr ist, dass nicht nur mittelalterliche Silver-Ager, sondern verstärkt auch junges Publikum etwas mit dem – mag sein, altmodischen  – Begriff der Entschleunigung und dem damit im Zusammenhang stehenden Mit-der-Seele-Baumeln etwas anfangen können, dann braucht es einem für die Zukunft des Mühlviertels nicht bange sein.

Mindestens einen Gang zurückschalten,  sich wieder Zeit für Gefühle nehmen, zum inneren Gleichgewicht finden: Im Nordwesten Oberösterreichs  ist das kein ausgebleichter Esoterik-Schmäh latzbehoster Birkenstock-Gutmenschen, sondern gelebte Realität. Die Gegend ist eine einsame und ernste Landschaft voller Zauber, ein kulturgeografisches Gesamtkunstwerk von herbem Charme: Einigermaßen rau, oft unberührt wirkend – und nicht selten ist es das sogar.
Der Grenzbereich im Dreiländereck  Österreich-Bayern-Tschechien eignet sich wie kaum ein anderes Gebiet zum ziellosen Flanieren, zum Ausspannen und Wandern. Es gibt zwar nur wenige touristische Musts, die man  unbedingt gesehen haben sollte, aber das muss ja nicht unbedingt von Nachteil sein: Im Gegenzug trifft der Genussreisende nämlich auf intakte Natur, auf saftige Wiesen, dunkle Wälder und blubbernde Bäche. Und auf uraltes Kulturland, in dem sich Bergkuppe an Bergkuppe reiht, wo wenige größere Siedlungen weit von einander getrennt sind und auf 400 Millionen Jahre altem Granit gebaute Drei- und Vierseithöfe auf Hügeln liegen wie Herrensitze.

Geologisch gesehen der älteste Teil Österreichs, bezieht das Mühlviertel seinen Namen keineswegs von den vielen Mühlen, sondern vielmehr von drei unterschiedlich langen Flüssen, der Großen, der Kleinen und der  Steinernen Mühl.

Macht man sich auf der B126 von Linz aus kommend auf den Weg nach Norden, trifft man nach nur wenigen Kilometern auf Bad Leonfelden. Das 1154 erstmals urkundlich erwähnte Städtchen, das sich als Moor- und Kneippkurort etabliert hat, links liegen zu lassen, wäre schade: Der Ort mit der Wallfahrtskirche aus 1791 im Zentrum lockt mit erstklassiger, in den letzten Jahren kräftig ausgebauter Hotellerie – und mit der seit 1559   bestehenden Lebzelterei Kastner, ein Paradies für Liebhaber von Lebkuchen, Keksen, Waffeln und Confiserieprodukten. Selbst streng auf Diät achtende Zeitgenossen, deren zweiter Vorname Asket lautet, werden sich schwer tun, dort den süßen Köstlichkeiten zu widerstehen.

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Weiter entlang des Böhmerwaldes, der auf der tschechischen Seite Sumava heißt und übrigens als Location von Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“ diente, sieht man schon von fern das auf einer Anhöhe über dem Tal gelegene Schloss Helfenberg, von wo die Reise weiter nach Haslach, seit jeher als Zentrum der Mühlviertler Leinenweberei bekannt, geht und wo über Jahrhunderte das textile Schaffen das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Leben der Menschen prägte. Grundlage für die Leinenweberei war der  Anbau von Flachs, der auf dem ansonsten wenig ertragreichen Granitboden hervorragend gedieh.

Das weiche, kalkarme Wasser  der Mühlviertler Flüsse bot außerdem die ideale Voraussetzung für das Weiß-Bleichen der fertigen Stoffe. Selbst nach dem Einsetzen der Industrialisierung, durch die die Textilerzeugung vor allem in klein- und mittelbetriebliche Strukturen verlagert wurde, blieben die Mühlviertler Webwaren die bedeutendsten Exportartikel der Region – 1950 gab es in Haslach noch 23  Weber, von denen allerdings die meisten in den letztern 30 Jahren wegen des globalen Strukturwandels verschwunden sind. Trotz allem: Haslacher Weben werden heute noch genau so gern gekauft, wie ehedem. Umso schöner, dass sich das 1971 etablierte Webereimuseum über die Jahre prächtig entwickelt hat – und sich seit nunmehr 2012 in neu adaptierten Räumlichkeiten den Besuchern präsentiert, die neben Grundlagen zu textilen Materialien und Techniken auch detaillierte Einblicke in die Verarbeitungsschritte der Flachsaufbereitung sowie Wissenswertes über die Geschichte von Webstühlen und -maschinen bekommen.

Nächster Stopp könnte Rohrbach sein, das durch den Handel mit Salz, Vieh, Hopfen, Leinen und Leder  zu Wohlstand und Reichtum gelangte, wovon heute noch die großartige barocke Jakobskirche (15. Jh.) mit prächtigem Orgelwerk, die Dreifaltigkeitssäule auf dem Marktplatz und schön revitalisierte Bürgerhäuser Zeugnis geben.  Und Steintische, auf denen früher bei den Viehmärkten das Münzgeld auf Echtheit geprüft wurde: Käufer und Verkäufer ließen die Münzen einfach auf einen Tisch fallen und am Klang konnten sie feststellen, ob es sich um Silber oder minderwertigeres Kupfer handelte.

Wer weiter dem Südrand des Böhmerwaldes folgen möchte, muss gleich nach Rohrbach nach rechts abbiegen und auf der B 127 den Weg nach Schlägl wählen. Dort macht sich ein Aufenthalt aus  drei Gründen bezahlt: Erstens wegen des famosen Stiftskellers und des nicht minder vollendeten Bieres, das dort seit 1580 gebraut wird.  Zweitens wegen der 1218  gegründeten und im 17. Jahrhundert neu erbauten Prämonstratenserabtei samt der Stiftskirche Mariä Himmelfahrt mit  der Kanzel (1646/47) und dem 1735 errichteten Chorgestühl.

Vom Nachbarort Aigen führt die Straße nördlich aufwärts zum Moldaublick auf den 1041 Meter hohen Sulzberg: Scheut man die Gebühr von 2 Euro und den etwas anstrengenden Anstieg über  137 Stufen auf die 24 Meter hohe Plattform, wird man mit einem ebenso unvergleichlichen wie atemberaubenden Blick auf den Moldaustausee belohnt, mit 4650 Hektar der flächenmäßig größte See der Tschechischen Republik.

Will man mehr als nur eine entfernte Aussicht auf das Gewässer werfen, fährt man am besten wieder in Richtung Freistadt zurück und biegt kurz vor Vorderweißenbach nach links zum von dort nur vier Kilometer entfernten Grenzübergang Guglwald ab. Nach weiteren drei Kilometern sieht man dann schon den See durch den dunklen Fichtenwald schimmern – das Ziel  allerdings, der winzig kleine Ort Pfedni Vyton ist eine herbe Enttäuschung: Der Weiler wirkt leer und ausgestorben und erinnert noch stark an die Zeit vor der Wende, als das Territorium und Teile des Sees noch Sperrgebiet waren und viele Dörfer in der Umgebung verfielen. Dort, wo bei uns an jedem Eck üblicherweise Restaurants mit beschirmten Sonnenterrassen zur Einkehr einladen, ist außer einem heruntergekommenen Wirtshaus, das zu meiden nicht schwer fällt, nämlich genau nichts.

Okay, abhaken, umkehren  und auf dem Retourweg einen kurzen Stopp beim Mahnmal Eiserner Vorhang in Guglwald  einlegen, das den Reisenden ebenso betroffen wie tief bedrückt  zurücklässt: 10 Jahre nach dem Fall der Grenze wurde 1999 neben dem Nordwaldkamm-Weg ein Teil des Stacheldrahtzaunes an der Originalstelle wieder errichtet, wo auf insgesamt sieben Schautafeln Auskunft über die ebenso menschverachtende wie tyrannische Zeit des Kommunismus  gegeben wird.

Schrill, laut und überdreht – nein, nein Mühlviertel und Böhmerwald verbreiten statt Hektik, Stress und Wirbel Ruhe, Gelassenheit und Entspannung. Die Region hat sich – allein schon rein aus Mangel an touristischen Hot-Spots – eine Nische gesucht, die weit weniger massenkompatibel ist, als griechische Inseln oder Strände an der  adriatischen und türkischen Riviera.  Und genau diese Nische gefunden: Das nordwestliche Eck an der Grenze kokettiert nicht unerfolgreich mit dem Image eines immer noch ein bisschen  vergessenen Landes, in das  hinzufahren Touristen im Zeitalter des Billigflieger-Wahnsinns nicht einmal im Traum denken.

Die Gedanken kriechen aus ihren Verstecken, das Tempo wird auf Schrittgeschwindigkeit gedrosselt, innehalten, reflektieren – und möglicherweise als ein Anderer zurückkommen: Menschen, die das steinharte, aber herzliche Granit- und Gneishochland als Erlebnisbühne gewählt haben, unaffektierte Stille wünschen, eine Affinität zur ebenso rauen wie herben und kargen Nordwald-Schönheit entwickelt haben – und sich Zeit nehmen, ein paar Tage zu bleiben, sind gut aufgehoben im Mühlviertel.

Genießer- und Romantikhotel Bergergut: Ebenso stilvolles wie perfektes Hide-Away der 4-Stern-S-Kategorie für Erwachsene (buchbar ausschließlich für Paare),  denen riesige Wellness-Hotels zu laut und unpersönlich sind; ruhige Lage, exquisiter Spa- und Wellnessbereich (1000 ) mit Hallen- und Dampfbad, Saunalounge, Solarium Caldarium, Beauty-Salon, Whirlpool, Fitnessraum und beheiztem Außen- und Innenpool; außergewöhnlich: Hoteleigenes Audi R8-Cabrio sowie E-Bikes, Segways und Vespa-Roller (alle gegen Gebühr); Gourmet-Restaurant Culinariat (2 Hauben/Gault Millau, 3 Sterne/À la Carte, 2 Gabeln/Falstaff) unter der Leitung von Chefkoch Thomas Hofer:  Hinreißende Qualität im Sinne regionaler Mühlviertler Kochtradition; aufmerksame, kompetente Servicecrew.
Hotel Bergergut, Afiesl, Oberafiesl 7 www.romantik.at

Mühltalhof:  Gehobene Gourmetküche;  Gaststube aus 1698, Gastgarten, Terrasse, gut sortierter Weinkeller; 3 Hauben/Gault Millau, 4 Sterne/À la Carte, 4 Gabeln Falstaff), Sa./So. 12-14, Mi.-Sa. (Abend) 18-21.
Neufelden, Unternberg 6, www.muehltalhof.at

Mühlböck: Kreativ-bodenständig; idyllisch gelegen, Rindfleisch aus eigener Landwirtschaft, exzellente Weinberatung und Service; Montag Ruhetag, Di./Mi./Fr./Sa. 11-14 und 18-21, Do. 18-21, So. 11-15.
Schwarzenberg 136

Waldschenke am Sternstein:  Kreativ-bodenständig; urige Gaststube, großzügige Sonnenterrasse, Blut- und Leberwürste aus eigener Produktion, regionale Craft-Biere; Fr.-Di. 8-23, Mi. 8-15, Donnerstag  Ruhetag.
Bad Leonfelden, Amesberg 11, www.waldschenke.at

Stiftskeller Schlägl: Traditionell-bodenständig;  historisches Gewölbe (Altes Sudhaus), einer der schönsten Biergärten des Landes;  Mo. 11-18,  Di.-So. 11-23.
Aigen-Schlägl, Schlägl 1, www.stift-schlaegl.at

Bärnsteinhof: Klassisch-gutbürgerlich;  Wirtshaus direkt auf dem historischen Marktplatz, hoher Anteil an Bio-Produkten mit der Betonung auf die Region Böhmerwald, hofseitige Sonnenterrasse, Bier- und Edelbrandspezialitäten; jeden Freitag fleischfrei (vegetarisch); Mittwoch Ruhetag, sonst 11.30-13.30 und 18-21.
Aigen/Mühlkreis, Marktplatz 12, www.baernsteinhof.at

Keplingerwirt: Kreativ-bodenständig; hochwertige Produkte aus regionalem Anbau mit saisonalen Schwerpunkten, schöne Weinkarte; 2 Hauben/Gault Millau, 3 Sterne/À la Carte, 3 Gabeln/Falstaff.
St. Johann am Wimberg 14, www.keplingerwirt.at

Hauerwirt: Traditionelle Hausmannskost; legendär: Hauerpfand’l, unbedingt probieren, auch vegetarisch, ab 6 Personen und auf Vorbestellung:  Holzofen-Brat’l und Ripperl-Essen.
St. Peter am Wimberg, Wimbergstraße 27, www.hauerwirt.at

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