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© Horst Bauer

E-Mobility

Erste Erfahrungen mit dem elektrischen MG4

Was im Alltagsverkehr mit dem kompakten Rivalen von VW ID.3, Renault Megane & Co. auffällt und wie er den Elcht-Test besteht

von Horst Bauer

10/11/2022, 03:00 AM

Die Ähnlichkeiten sind frappant. Allerdings erst auf den zweiten Blick.

Rein optisch unterscheidet sich der neue MG4 deutlich von den etablierten Rivalen im europäischen Kompaktwagen-Segment für reine Elektroautos. Dazu muss er gar nicht in der knalligen Farbe namens „Fizzy Orange“ antreten, wie er das noch vor dem Österreichstart bei den ersten Testfahrten der internationalen „Auto-des-Jahres“-Jury im Norden Dänemarks getan hat.

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Lässt man das betont sportliche Design mit dem markanten Dachspoiler am Heck beiseite und konzentriert sich auf die inhaltlichen Fakten, dann sieht man, dass sich der MG4 etwa einige zentrale Daten mit dem Renault Megane e-Tech teilt. So ist die von den Chinesen aus dem SAIC-Konzern beim MG4 erstmals eingesetzte neu entwickelte Batterie mit 110 mm genau so flach wie jene aus dem Renault/Nissan-Verbund. Und auch die Abmessungen der beiden kompakten E-Autos liegen mit rund 4,2 m Länge und einem Radstand von 2,7 m eng beieinander.

Was der chinesische Herausforderer mit dem stärkeren der beiden zum Marktstart lieferbaren Motoren (150 kW statt 125 kW) aus diesen Eckdaten in der Praxis macht, musste er jetzt erstmals auf der Straße zeigen.

Kein Startknopf

Gleich beim Einsteigen fällt auf, dass der MG4 ganz nach aktueller E-Auto-Mode keinen Startknopf mehr hat. Das System wird hochgefahren, sobald man das Bremspedal betätigt. Was wiederum Voraussetzung ist, um über den unübersehbaren Drehregler auf der hochgestellten Mittelkonsole die gewünschte Fahrtrichtung angeben zu können. Dann geht’s im Anlassfall gleich recht hurtig zur Sache. Wie die Chinesen stolz vermelden, vergehen nur 50 Millisekunden, bis der die Hinterachse antreibende E-Motor das volle Drehmoment von 250 Nm zur Verfügung stellt.

Nimmt man als Fahrer das Angebot an, dann ist Tempo 100 in 7,9 Sekunden erreicht. Dies in der topausgestatteten Luxury-Version.

Kuriosum am Rande: Wer mit der Standard-Version mit 125 kW Leistung das Auslangen findet, ist dank des um 30 kg geringeren Gewichts (51 kWh-Batterie statt 64 kWh ergibt 1.655 kg statt 1.685 kg Leergewicht) sogar um 2 Zehntelsekunden schneller auf 100 km/h.

Der bauartbedingt tiefe Schwerpunkt und die Gewichtsverteilung von 50:50 zwischen Vorder- und Hinterachse erlauben auch eine durchaus sportliche Gangart, wenn es nach dem Beschleunigungsstreifen einmal kurviger wird.

Smartphone fliegt

Noch bevor sich der MG4 auf abgesperrter Strecke den gefürchteten Ausweichtests (vulgo Elch-Test) der skandinavischen Kollegen stellen musste, zeigte sich im normalen Straßenverkehr ein erstes Manko der etwas lieblos wirkenden Innenausstattung. Wer sein Smartphone auf die an sich gut zur Hand liegende Fläche auf der Mittelkonsole legt, um es via Induktion aufzuladen, riskiert, dass es bei der nächsten etwas engeren, flott angefahrenen Kurve zum Geschoß wird. Ergebnis der rutschigen Oberfläche ohne Haltestege: sowohl Beifahrer als auch Handy-Gehäuse sind in Linkskurven akut gefährdet. Was in Rechtskurven passieren kann, will man sich lieber nicht ausmalen.

Nicht ganz so sicherheitsrelevant, aber doch auch nicht unbedingt clever gelöst, ist die Bedienung des 10,25 Zoll großen Touchscreens. Die Darstellung der Schriften und Ikonen zur Anwahl der einzelnen Kapitel ist sehr klein geraten. Dadurch sind nicht nur gute Augen gefragt, man braucht auch eine sehr ruhige Hand, um die jeweils gewünschte Stelle auf dem Bildschirm zu treffen. Was während der Fahrt auf nicht brettlebenen Straßen (und wo gibt’s die schon im wirklichen Leben?) herausfordernder wird, als es der Verkehrssicherheit zuträglich ist.

Besonders skurril dabei: Der virtuelle Schalter für das Nebelschlusslicht findet sich nicht beim Haupt-Lichtschalter, sondern als winzig kleine Ikone in der linken oberen Ecke des zentralen Bildschirms – dicht neben der Anzeige des eingestellten Radiosenders.

Aber was ist über das Fahrverhalten des Neuzugangs aus China auf den europäischen Straßen in Extremsituationen zu sagen?

MG4 und der Elch

Das musste er auf dem Flugfeld von Sindal im Norden Dänemarks in der Hand der Elch-Test-Spezialisten unter den skandinavischen „Auto-des-Jahres“-Juroren beweisen. Nach einigen Schwächen im Fahrverhalten auf nasser Straße war man auf das Verhalten beim klassischen Ausweichtest besonders gespannt. Im Regen neigte der Hecktriebler nämlich dazu, beim Beschleunigen aus langsamen Kurven seine elektronischen Fahrhelfer bei deren Versuch, das unmittelbar zuschlagende Drehmoment in Zaum zu halten, zu übertölpeln und ansatzlose kleine Drifts hinzulegen.

Bei dem mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten gefahrenen Elch-Tests auf trockener Fahrbahn zeigte der sportlich ausgelegte MG4 jedoch keine gravierenden Schwächen.

Ausgerüstet mit Reifen der Marke Continental PremiumContact 6 in der Dimension 215/50 R17 absolvierte der Kandidat den ersten Durchlauf mit 55 km/h ohne dass das ESP eingreifen hätte müssen. Die Verzögerung durch das regenerative Bremsen des Elektromotors reichte.

Vergleichbar problemlos verlief auch der Durchlauf mit Tempo 60.

Erst bei 65 km/h setzte erstmals das ESP ein und der MG4 zeigte eine beherrschbare Tendenz zum Übersteuern, ohne jedoch auszubrechen.

Mit 70 km/h ist das ESP voll in Aktion und es zeigt sich beim Ausweichschlenker immer stärkeres Übersteuern.

Das Ende der Fahnenstange ist erst bei Tempo 75 erreicht und die Fuhre meistert die letzte Kurve nicht mehr, ohne die Fahrbahn zu verlassen.

Damit hat das kompakte Schrägheckmodell aus China in dieser Disziplin eine solide Leistung hingelegt und sich besser gehalten, als zunächst vermutet wurde.

Bei uns ist der MG4 ab Ende des Jahres in zwei Motorisierungsvarianten (125 kW bzw. 150 kW) zu einem Preis ab 32.990 € zu haben.

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