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Assistenzsysteme: Schutzengel für die Zukunft

Wie bis 2020 die Zahl der Verkehrstoten in der EU halbiert werden soll. Wie die Kunden reagieren.

von Maria Brandl

01/14/2012, 09:08 AM

Im Jahr 1971 wurde weltweit erstmals die Gurtenpflicht verordnet (in Australien). Österreich folgte 1984. Seit damals geht’s bei der Fahrzeugsicherheit vor allem darum, die Folgen für die Passagiere im Falle eines Unfalls möglichst gering zu halten.

Trendwechsel

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Doch künftig sollen Unfälle erst gar nicht mehr passieren. "Wir wollen nicht immer mehr Gewicht für die passive Sicherheit einbauen, sondern die künstliche Intelligenz ausbauen", so vor Kurzem Heinz Hollerweger, Gesamtfahrzeugentwicklungsleiter von Audi.

Zu der künstlichen Intelligenz gehören die elektronischen Fahrerassistenzsysteme. Ihre moderne Zeitrechnung begann 1978 mit der Einführung des Antiblockiersystems, das auch bei Vollbremsung ein Blockieren der Räder verhindert und so das Auto lenkbar bleiben lässt. 1986 folgte das Traktionssystem, das hilft, auf schlechtem Untergrund zu beschleunigen, ohne dass die Räder durchdrehen. 1995 startete das Stabilitätssystem ESP, ein wirksamer Schutz gegen Schleudern, indem die Räder bedarfsgerecht gebremst, aber auch ins Motormanagement und inzwischen zudem in die Lenkung eingegriffen wird.

Sowohl ABS wie ESP sind heute vielerorts gesetzlich für neue Pkw vorgeschrieben, in der EU seit November 2011. Andernorts, in Korea oder Japan, ist ihre verpflichtende Einführung demnächst geplant.

Während die Mehrzahl elektronischer Assistenzsysteme den Lenker zuerst warnt oder dann auffordert, zu handeln, greifen ABS wie ESP vollautomatisch ein, da die Reaktionsanforderungen weniger als 0,2 sec betragen, was selbst geübte Lenker nicht schaffen. Im Schnitt beträgt die menschliche Reaktionszeit zwischen 0,5 bis 1 sec.

Plan

Die nächsten großen Ziele, so Klaus Meder, Bosch, auf dem Forum des Wiener Elektronik-Spezialisten TTA, sind bis 2020 das verletzungsfreie und bis 2030 das unfallfreie Fahren. Die EU will bis 2020 die Zahl der getöteten Verkehrsopfer gegenüber 2010 halbieren.

Welche Assistenzsysteme dazu beitragen können, ergibt die Unfallforschung. Die Ursachen für tödliche Unfälle variieren enorm. In den USA sind vor allem Überschläge beim Abkommen von der Fahrbahn häufig fatal. In Europa gibt es sehr viele tödliche "Alleinunfälle" gegen einen Baum sowie Frontalunfälle. In Japan werden seit 2008 mehr Fußgänger als Passagiere im Auto im Straßenverkehr getötet. In Schwellenländern wie China und Indien mit extrem hoher Zweiraddichte ist jedes vierte Straßenverkehrsopfer ein Motorrad- oder Mopedfahrer.

Spätestens für den unfallfreien Verkehr braucht es Assistenzsysteme, die nicht nur warnen und zum Handeln auffordern, sondern im Notfall auch aktiv lenken oder bremsen können (siehe Zusatzgeschichte) . Die technische Basis, Radar-, Infrarot-, Ultraschall-, Videosysteme sind bereits vielfach vorhanden, müssen aber besser vernetzt und so aufbereitet werden, dass sie auch für Kleinwagen einsetzbar sind.

Unbekannter Kunde

Die EU sponsert derzeit dafür das Forschungsprojekt "Interactive". Es läuft bis 2013, so Ahmed Benmimoun, Ford, auf dem Elektronik-Kongress des VDI in Baden-Baden. Das Projekt soll helfen, die Assistenzsysteme, die bis 2020 kommen sollen, serienreif und kundentauglich zu machen. Letzteres wird mit steigender Komplexität immer schwieriger. Laut Meder zeigten Bosch-Kundenbefragungen viel Nichtwissen "bei Männern wie Frauen".

Entwickler können nicht genau abschätzen, ob, wie und wann die Assistenzsysteme genutzt werden. Bei Ford laufen derzeit intensive Kundentests. Computer-Simulationen und Tests an Simulatoren hätten sich als unzureichend herausgestellt, um das Fahrerverhalten in kritischen Situationen zu ermitteln.

So zeigte sich bei Systemen zur Kollisionsvermeidung, dass normale Lenker (Ford-Test mit 26 Probanden zwischen 24 und 65, 9 Frauen, 17 Männer)

– viel früher ausweichen, aber auch bremsen als nötig

– keiner bei Spurwechsel dynamisch lenkte, sondern höchstens sportlich

– bei Spurwechsel viel langsamer sind als Testfahrer.

Die vollständigen Projektergebnisse will Ford 2013 veröffentlichen.

Tödliche Gefahren: Vergleich. Die gefährlichsten Unfälle.

Die Zahlen der Straßenverkehrsopfer gelten für 2009 (Quelle: Bosch).

- Deutschland Tote: 3867. Davon starben 32 % bei einem Aufprall gegen ein fixes Hindernis oder bei Überschlägen, 21 % bei Frontalcrashes, 15 % bei Unfällen mit querendem/umdrehendem Fahrzeug. 14 % waren Fußgänger.

- USA Tote: 30.797. Davon starben 46 % bei Überschlägen oder einem Aufprall gegen ein starres Hindernis, 18 % bei Unfällen mit querendem oder umdrehendem Fahrzeug, 10 % bei Frontalcrashes. 12 % waren Fußgänger.

- Japan Tote: 4773. Davon waren 34 % Fußgänger. 21 % starben bei Unfällen mit querendem/umdrehendem Fahrzeug, 17 % bei Überschlägen oder Aufprall auf ein starres Hindernis, 11 % bei Frontalzusammenstößen.

Anti-Schleuder-Kurs: Mehr Sicherheit. Die großen Pläne.

Der nächste große Sprung zum Besseren wird mit der serienmäßigen Einführung des Stabilitätssystem ESP erwartet, das rund 80 % der Schleuderunfälle, der weltweit häufigsten Unfallart mit Todesfolge, verhindern kann. Ab 11/2013 schreibt die EU dann schrittweise Notbremsassistent und Spurverlassenswarner vor.

Intensiv gearbeitet wird am Fußgängerschutz, z. B. durch automatische Notbremsungen bis 30 km/h; an Kollisionsvermeidung sowie Kreuzungsassistenten, die auch verdeckte Fahrzeuge „sehen“, rechtzeitig davor warnen oder im Endausbau automatisch daran vorbeilenken oder davor abbremsen. Müdigkeitswarner sind eine große Hoffnung, viele warnen aber, dass sie vor allem in Lkw missbraucht werden könnten.

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