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Auto war gestern

Zukunft der Mobilität: Im Jahr 2030 wird die Mehrheit der Österreicher umweltfreundlich unterwegs sein. Sagen die Zukunftsforscher voraus.

von Uwe Mauch

12/05/2011, 07:42 AM

Leben ohne Auto - für Martin Blum und seine Frau ist das nicht eine krause Vision der Zukunftsforscher, sondern eine seit Jahren gelebte Realität. Dabei haben die Blums drei Kinder, die ebenso viel unterwegs sein wollen wie die Kinder der "Auto-Familien".
Das Thema Mobilität enthält viel emotionalen Zündstoff. Weiter angeheizt wird es nun durch die neue Studie "Mobilität 2030" vom deutschen Zukunftsinstitut. Die beiden Autoren Christian Rauch und Thomas Huber haben für den KURIER sechs Kernthesen zusammengefasst (siehe "Grafik" Link am Ende des Artikels).

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Unterm Strich dürfte es für die Autoindustrie eng werden. Rauch und Huber sehen im Jahr 2030 im urbanen Bereich eine Vierteilung: Nur mehr ein Viertel aller Wege wird dann noch mit dem Pkw zurückgelegt, ein Viertel mit öffentlichen Verkehrsmitteln, ein Viertel mit dem Rad und ein Viertel zu Fuß. Autos werden immer seltener besessen, sondern bei Bedarf ausgeborgt - und mit anderen geteilt.

Weit hergeholt? Faktum ist, dass die Zukunft in Wien längst begonnen hat: Weniger als ein Drittel aller Wege wird laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) noch mit dem Auto zurückgelegt. Ein weiteres Drittel mit den Öffis, weitere 28 Prozent per pedes. Nur bei den Radlern (aktueller Anteil: fünf Prozent) ist noch viel Luft nach oben.

Österreichweit ist der Pkw noch weit vorne (58 Prozent). Jedoch zeichnen sich auch da Veränderungen ab: In einem Bericht der Financial Times heißt es, dass junge Menschen bereits deutlich weniger Autos kaufen als die Generation vor ihr.

Eine große Zukunft wird weiterhin dem Carsharing vorhergesagt. Auch in Österreich steigt die Zahl jener, die bei Bedarf ein Auto ausleihen. Der eingangs erwähnte Martin Blum ist so ein Carsharer. Der langjährige Verkehrsexperte startet ganz nebenbei heute, Mittwoch, bei der Stadt Wien ( der KURIER berichtete ). Blum ist in Hinkunft der Leiter der neu gegründeten Radfahragentur, einer GmbH, die zu 100 Prozent der Stadt gehört.

Reines Gewissen

Seine persönliche Öko-Bilanz kann sich sehen lassen, schießt heute schon weit über die Prognosen der Zukunftsforscher hinaus: 70 Prozent seiner Wege (aufgerechnet auf ein Monat) legt Blum mit dem Rad zurück, 20 Prozent zu Fuß, 10 Prozent öffentlich, den mickrigen Rest mit einem Carsharing-Wagen.

Christian Rauch und Thomas Huber sprechen von der "neuen Selbstverständlichkeit", mehr als ein Verkehrsmittel im Alltag zu benützen: "Das Angebot wird vielfältiger, es wird daher öfter situativ entschieden, wie man am besten zum Ziel gelangt."

Für Martin Blum hat das Leben ohne Auto gleich mehrere Vorteile: "Ich bin in der Stadt hochmobil, habe auf dem Rad Freude an der Bewegung, spare mir nebenbei den Besuch eines Fitnesscenters." Benzinpreise, Parkscheine, Abzocke in der Kfz-Werkstatt? Berühren ihn nur am Rande. Lieber sagt er: "Am Ende habe ich auch noch ein reines Gewissen."

Mit seiner Familie wohnt er im zweiten Bezirk. Schule und Kindergärten sind hier gut zu Fuß erreichbar. Einkaufen fährt er auf den Karmelitermarkt - mit seinem Lastenfahrrad, das ihm auch Großeinkäufe erlaubt.

Ein Sparschwein

Dabei sieht sich der neue Wiener Chef-Radler nicht als Autohasser: "Ich
hatte selbst ein Auto, habe es aber verkauft, weil es am Ende ein herumstehendes Sparschwein war."

Zu den Verwandten, die südlich von Graz zu Hause sind, gondelt Blum mit den ÖBB. Trotz der langen Fahrzeiten auf der nicht mehr zeitgemäßen Ghega-Strecke sagt er: "Auch das Bahnfahren habe ich schätzen gelernt. Man wird gemütlich hin- und herchauffiert."
Laut einer aktuellen EU-Studie sind die Österreicher übrigens die zweitfleißigsten Benützer öffentlicher Verkehrsmittel, vor den Deutschen, Schweizern und Skandinaviern, einzig abgehängt von den Tschechen.

Ein Blick nach China zeigt, dass die modernen Hochgeschwindigkeitszüge, die gut 1000 Kilometer in nur drei Stunden schaffen, ernste Konkurrenten für die Flug-Gesellschaften sind. Die Studienautoren Rauch und Huber fügen hinzu, dass sich aber auch das Angebot für Tagespendler deutlich verbessern wird. Sie prognostizieren mehr Anschlussmöglichkeiten, weniger Verspätungen und deutlich mehr Komfort in Regionalzügen.

Was für die Pendler in Ostösterreich derzeit noch wie eine Zeitungsente klingen muss, wird von regionalen Verkehrsverbünden etwa in Deutschland bereits zügig in die Realität umgesetzt.

Erlebnis-Reisen

Öfters wurden die Blums schon gefragt, wie und ob sie überhaupt mit ihren Kindern Ausflüge unternehmen. Die Frage, bei der immer ein wenig Mitleid mitschwingt, kostet den Rathaus-Radagenturmann ein Lächeln: "Man erreicht in Österreich fast jeden Punkt mit öffentlichen Verkehrsmitteln sowie mit dem Fahrrad. Das erfordert mehr Planung, dafür ist oft schon die Anreise ein Erlebnis."

Zukunftskongress: Erstmals in Wien

Termin Der Zukunftskongress des deutschen Zukunftsinstituts, das seit dem Vorjahr auch eine Dependance in Wien unterhält, findet morgen, Donnerstag, erstmals in Wien statt, und zwar von 10 bis 18 Uhr im Studio 44 der Österreichischen Lotterien in 1030 Wien, Rennweg 44.

Themen Das diesjährige Motto lautet "Megatrends und Märkte". Matthias Horx, der Gründer des Instituts, wird zum Auftakt die Geheimnisse dieser Megatrends lüften. Harry Gatterer, Leiter des Wiener Instituts, wird darlegen, wie Firmen die Trends für ihre tägliche Praxis nutzen können. Im Detail geht es auch um die neuen Megatrends im Bereich Gesundheit, feminine Mobilität, neue urbane Lebensstile sowie Lebensweisen in den Städte im 21. Jahrhundert. Gastredner ist u. a. ORF -Mann Armin Wolf.

Tarif Der Eintritt zum Kongress kostet 550 € pro Person. Alle
Infos: www.zukunftsinstitut.at

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