Ennstal Classic 2016
Ennstal Classic 2016

© Ennstal-Classic/M. Huber

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Ennstal-Classic 2016: Artgerechte Altenpflege

Die 24. Ausgabe der Ennstal-Classic bot erfrischenden Vintage-Motorsport mit automobilen Pretiosen aus fünf Jahrzehnten, viel Prominenz und verdiente Sieger, die den Erfolg erst auf den allerletzten Metern fixierten.

von Ad Raufer

08/02/2016, 09:19 AM

Die FIVA (Féderation Internationale des Véhicules Anciens), der Weltverband der Oldtimerklubs und -verbände, hat 2016 zum World Motoring Heritage Year, kurz: WMHY, ausgerufen.
Passt hervorragend zu einer Veranstaltung wie der Ennstal-Classic, die neben der historischen Mille Miglia, dem Goodwood Festival of Speed in England oder dem GP Historique im Fürstentum Monaco zu den bedeutendsten Events dieser Art in Europa zu zählen ist.

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Zum imposantesten und wegen der gewöhnlich hohen Promi-Dichte glamourösesten in Österreich sowieso. Die Ennstal ist der Klassiker schlechthin, alle anderen Rallyes, auch jene, die der Wertungsfahrt über annähernd 850 Kilometer am nächsten kommen, sind Kopien: Ebenso gut wie ambitioniert gemacht, aber eben Nachahmung. In ganz Österreich gibt’s im Moment – man mag’s kaum glauben – rund 700 verschiedene Veranstaltungen für historische Fahrzeuge. An den Nimbus, den Kult und die Bedeutung der Ennstal kommt aber keine einzige auch nur annähernd heran.

Alte Autos sind Teil unsere Kultur und Gesellschaft. Sie sind Zeugnisse des Stils, des technischen Fortschritts und der sozioökonomischen Entwicklung ihrer Zeit. Klar ist aber auch, dass ein Oldtimer nicht die Abgas-Standards aktueller Modelle erfüllen kann – zwischen den Jahrgängen von früher und dem modernen Stand der Technik liegen schließlich Welten. Deutlich relativiert wird das allerdings dadurch, dass der aktive Oldtimer-Fahranteil im Straßenverkehr laut FIVA-Studie mit einer durchschnittlichen Fahrleistung von nur rund 1500 Kilometer pro Jahr vernachlässigbar gering ist, weil sich die Nutzung dieser Fahrzeuge in erster Linie auf die Teilnahmen an Veranstaltungen oder auf Freizeitausfahrten in landschaftlich schöne Regionen beschränkt – wovon wiederum die Tourismusbranche profitiert. Im Fall der Ennstal-Classic reden wir da von mehr als 20.000 zusätzlicher Nächtigungen in der gesamten Region und einer Umwegrentabilität von immerhin etwa 10 Millionen Euro.


Es geht dabei um die Erkenntnis, dass zum Fahren nicht nur die Magie der Kurven gehört, sondern auch die der Landschaft – oben, am Stoderzinken und am Sölkpass regieren statt der satten Sommerfarben im Tal die kühle Blässe hochalpiner Lagen: Kitschig-schön, wie alte Fototapeten. Taunasse Bergweiden in der Früh, es riecht nach Heu und derb nach Kuhmist, nach Waldgrün und Wasserfällen, nach frisch gemähtem Gras und Baumharz.Kein Wunder, dass alle Teilnehmer, auch die, die sich in der Rolle gusseiserner Machos und gestresster Multi-Tasker gefallen, neben der sportlichen Herausforderung auch die sublime Schönheit der Szenerie als Grund für einen Start bei der Ennstal-Classic anführen.

Je nach Platzierung im Gesamtklassement beherrschen Freude, Frust, sarkastischer Galgenhumor oder traumatisierte Resignation die Gemüts- oder Gefühlslage der knapp 200 teilnehmenden Fahrer-Crews. Manche sind wegen der betagten, ergo spinnerten Technik ihrer rollenden Pretiosen nah am ultimativen Irrsinn, wieder andere begegnen der Realität mit der stoischen Gelassenheit tibetanischer Mönche. Wie auch immer: Beim Kopfsprung in die Vergangenheit werden alte Freundschaften gepflegt und neue – besonders solche unter Markenkollegen – geschlossen. Während der Zwangsstopps bei den Zeitkontrollen in Mauterndorf, Spital am Pyhrn, Lunz am See, Steyr oder Mitterndorf formieren sich Plaudergemeinschaften, es wird getratscht, gestaunt, man hört perlendes Lachen und manchmal wird auch herzhaft geflucht. Es bildet sich der diskrete Charme eines Paralleluniversums, als gäbe es außer purem Fahrgenuss nichts wirklich Relevantes mehr. Mag die Welt wieder einmal nah an der Apokalypse entlanggeschrammt sein: Sorgen, Nöte und Probleme werden – zumindest für eine gewisse Zeit, in der fahrerische Konzentration und zeitnehmerische Akuratesse der Co-Piloten gefragt sind – sonderbar blass.

Opulente Vergangenheit

Gleichzeitig ist das Unterbewusstsein überschwemmt mit Nostalgie, Emotionen und Adrenalin.
Es ist die stolze Erotik des alten Blechs, die Zuschauer wie Aktive gleichermaßen in den Bann zieht. Die monochrome Erscheinungsform der heutigen Autos trifft zwar die 21.-Jahrhundert-Designpräferenzen, steht aber in hartem Kontrast zu den opulent-sinnlichen Linien eines, sagen wir, Bentley, Bugatti, Talbot, Alvis oder Delahaye.


Autos, speziell jene aus der Epoche-I wie sie bei der Ennstal der Baujahre von 1927 bis 1934 umfassen sind ebenso groß und mächtig und fordern eine Menge Respekt, Kraft und Einsatz seitens der Piloten. Sie sind keine Partner auf Augenhöhe, sondern wilde, sensible und fordernde Gegner. Und doch genießen sie grenzenlose Sympathie, weil sie mit unverbogener Charakteristik glänzen.
Weil die Ennstal keine gemütliche Schnauferl-Kaffeefahrt, sondern harte Arbeit ist, sind nicht nur Neulinge erstaunt, dass nach zwei stählernen Wettbewerbstagen und stocksteifem Umgang mit archaischen Oldtimern Unterarme wehtun, die Rückenmuskulatur steinhart verspannt ist und Handgelenke mürbe geworden sind.
So schön das „Autofahren im letzten Paradies“, wie der Untertitel der Ennstal-Classic so treffend lautet, auch ist: Am Ende, im Ziel des Freitag-429-Kilometer-Marathons in der vor Zuschauer berstenden Schladminger Innenstadt, nach überstandener Tortour, dem unangenehmen Gefühl völliger körperlicher Aushöhlung und sämtlichen psychischen Nahtod-Erfahrungen ist die bunte Mischung aus Schickeria und Bodenständigkeit froh, dass es endlich vorbei ist. Versprechen aber im selben Atemzug, nächstes Jahr wiederkommen zu wollen.

Wetterfest

Die Rallye ist dann zwar noch nicht wirklich entschieden, weil am Schlusstag ja noch die allerletzte, wenn auch ultrakurze Prüfung in Gröbming auf dem SP-Programm steht. Aber egal: Der Kampf gegen Regen, Kälte und Hitze – die Ennstal-Classic schafft’s tatsächlich immer wieder, die gesamte Bandbereite heimischer Wetterphänomene zu offerieren– ist so gut wie vorbei, jeder erzählt seine Story, die mit der Zeit und dem Fortschreiten des Abends immer besser und facettenreicher, allerdings auch immer unschärfer wird.
Triumph und Niederlage liegen – wie eigentlich eh immer – auch heuer wieder in enger Nachbarschaft:

Ein paar Meter weiter – und der marode Zahnriemen im Motor des Mini 1275 GT von Friedrich Radinger/Thomas Wagner wär’ wohl endgültig kaputtgegangen. Weil das fragile Trumm aber doch noch gehalten hat, gelang dem Duo der zweite Ennstal-Classic-Gesamtsieg – und damit die Wiederholung des Vorjahres-Erfolgs.

Und zwar auf durchaus imposante Art und Weise, haben doch Radinger/Wagner die 24. Auflage der Ennstal von der allerersten SP an dominiert.

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