Cult Leichtfahrzeug 2013
Cult Leichtfahrzeug 2013

© Werk/Magna Steyr

Alternative

Erdgasauto Cult: Österreichs preisgünstige Alternative zum Elektroauto

Auf dem Wiener Motorensymposium zeigten Magna Steyr und die TU Wien ein Gasauto mit besserer -Bilanz als E-Mobile.

von Maria Brandl

05/03/2013, 09:47 AM

Als „attraktive Alternative zum Elektroauto“ wurde das Leichtvehikel Cult mit Erdgasantrieb auf dem Wiener Motorensymposium vorgestellt. Der Cult wirbt mit einem CO2-Ausstoß von nur 50 g/km mit Erdgasbetrieb, mit Biogas sind es gar nur 39 g/km im Normzyklus. Wird die Energieproduktion mitberücksichtigt, erzeugt der Cult laut Magna Steyr weniger CO2 als E-Autos im EU-Strommix.

Forschungsprojekt

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Beim viersitzigen Forschungsauto Cult, der mit 3,6 m Länge der Größe des VW Up entspricht, geht es um einen möglichst geringen Verbrauch zu einem leistbaren Preis. Dazu trägt einerseits konsequenter Leichtbau (siehe Zusatzartikel) sowie der Gasantrieb bei. Erdgas verursacht per se um ca. 25 % weniger CO2 als Benzin in einem vergleichbaren Motor. Im Cult konnte der CO2-Ausstoß im Vergleich zum Basisbenziner bereits um 31 % gesenkt werden, so Prof. Peter Hofmann von der TU Wien, die bei dem Forschungsprojekt für den Antrieb verantwortlich ist.

Basis ist ein Dreizylinder-Benziner mit 658 Hubraum, Vierventiltechnik, 47 kW und Turboaufladung, wie er in japanischen Kleinstwagen (Kei-Cars) üblich ist. Beim Getriebe handelt es sich um ein automatisiertes Schaltgetriebe.

Höherer Aufwand

Der Motor wurde an der TU Wien für monovalenten Gasantrieb, Direkteinblasung und hohe Verdichtung adaptiert. Da beim Cult, anders als heute gewohnt, kein zusätzlicher Benzinbetrieb vorgesehen ist, kann der Motor voll auf Gasbetrieb optimiert werden. Die Leistung des Motors soll im Cult 44 kW betragen.

Während Gas einerseits den Vorteil der hohen Klopffestigkeit (Oktanzahl über 130) bietet, stellt anderseits die fehlende Kühlung und Schmierung im Ventilbereich bei Gasbetrieb eine große Herausforderung punkto Dauerhaltbarkeit dar. Vor allem bei Volllast.

Die TU Wien konnte da auf Gas-Direkteinblas-Injektoren von Delphi zurückgreifen, die auch Mercedes einsetzt. Diese Injektoren haben nach außen öffnende Magnetventile und werden mit einem Druck von 14 bis 20 bar betrieben. Für den höheren Zündenergiebedarf im Erdgas-Betrieb werden verstärkte Zündmodule verwendet. Durch die Anhebung des Verdichtungsverhältnisses von 8,8 auf 13,6 mussten auch verstärkte Kolben und Pleuel verbaut werden. Für die maximal zulässigen 900 C für die Abgasturbine musste zudem der Spitzendruck gesenkt werden.

Mit den bisherigen Ergebnissen ist Prof. Hofmann sehr zufrieden, damit wird das Ziel von 50 g CO2/km im Normzyklus jedoch noch nicht erreicht. Aber bis zum Projektabschluss haben die Entwickler noch etwas Zeit.

Bis dahin soll auch das Fahrzeuggewicht weiter gesenkt werden. Derzeit halten die Entwickler bei knapp 700 kg samt Gastank. Für das Serienkonzept ist ein Gastank mit Kohlefaserummantelung vorgesehen, den Magna Steyr herstellt. Die Grazer können hier auch auf die Erfahrung mit Wasserstofftanks zurückgreifen, die sie für den Wasserstoff-Siebener von BMW gefertigt haben. Der Gastank ist auf 200 bar ausgelegt. 8 kg Gas sollen für eine Reichweite von 400 km reichen.

Maximal 3000 Euro

Die Spitze des Cult liegt bei 145 km/h, die 0 auf 100 soll er in 12,5 sec schaffen. Die Mehrkosten für den Kunden sollen max. 3000 € gegenüber einem vergleichbaren Pkw betragen. Beim aktuellen Gaspreis würde sich der Cult etwa gegenüber einem Toyota iQ nach 30.000 km rechnen. Für Magna Steyr geht es beim Cult darum, sich als Dienstleister für künftige Mobilitätskonzepte zu positionieren. Bei entsprechendem Beschluss könnte der Cult in drei bis vier Jahren serienreif sein.

Heimischer Leichtbau für künftige Mobilität

„Das Projekt CULT (Cars Ultralight Technologies) hat sich zum Ziel gesetzt, ein Konzept für ein Kleinfahrzeug mit halbierter CO2-Emission (49 g CO2 pro km statt 100 g CO2 pro km) zu erarbeiten, unter der Voraussetzung, dass das beschriebene Fahrzeug leistbar, baubar und verkaufbar sein muss.“ So weit die Projektbeschreibung durch den heimischen Klimafonds.

Rund 20 Mitarbeiter von sechs heimischen Unternehmen, vom Flugzeugausrüster FACC über das Österreichische Gießerei-Institut, MUL-Institut für Verarbeitung von Verbundwerkstoffen, den steirischen Verbundstoffexperten 4a Technologies bis zur TU Wien, arbeiten seit September 2010 unter der Führung von Projektleiter Wolfgang Fritz, Magna Steyr, an der Umsetzung. Eine Sitzprobe war auf dem Motorensymposium bereits möglich, erste Ausfahrten sollen im Sommer folgen. Projektende ist im September 2013. Das Gesamtbudget mit dem Klimafonds als Hauptförderer beträgt 13,7 Mio. €.

Ähnlich wie beim E-Auto BMW i3 steht auch beim Cult eine radikale Reduktion des Fahrzeuggewichts im Zentrum, konkret lautet das Ziel beim Cult minus 300 kg. Es soll vor allem durch neue Materialien und Verbindungstechnologien erreicht werden. Ein wichtiger Ansatz ist auch, Bauteile für mehrere Funktionen auszulegen, um die Zahl der Teile zu senken.

In der Endversion soll der Kleinwagen dank Alu-Spaceframe weniger als 600 kg wiegen. Der Unterboden ist aus einem Faserverbund (z. B. mit Kohlefaser CFK), die Stirnwand (vor dem Cockpit) ist aus dem Sandwich-Material Cimera der Firma 4a. Es ist nicht ganz so leicht wie CFK, aber noch immer um 25 % leichter als Aluminium.

Erdgas statt Erdöl: Das bange Warten auf die Gunst der Kunden

Nachhaltige Mobilität stand im Mittelpunkt des 34. Wiener Motorensymposiums von Prof. Lenz, das vorige Woche in der Wiener Hofburg stattfand. 1000 Motorenexperten aus aller Welt diskutierten wieder über aktuelle Trends und künftige Anforderungen.

Einen großen Platz nahm dabei das Thema Energie ein. Die künftige Energiequelle bestimmt den Antrieb der Fahrzeuge, aber auch den technischen Aufwand für die Erfüllung kommender Abgas- und Verbrauchsvorschriften.

Einig waren sich die Experten, dass Benzin und Diesel noch sehr lange an der Tankstelle dominieren werden. Allerdings „findet eine Verlagerung des Nachfrage-Schwerpunkts vor allem in Richtung China, Indien und neuen Industrieländern statt“, so Peter Sauermann von BP in seinem Vortrag. In den traditionellen Industrieländern dagegen stagniert bzw. sinkt der Erdölverbrauch. Allein in Deutschland soll laut Prognosen der Benzinverbrauch bis 2025 um 40 % sinken, der Dieselkonsum um 10 %.

Sinkende Öl-Nachfrage

Insgesamt rechnen die Energieexperten jedoch damit, dass auch weltweit die Ölnachfrage aus dem Transportsektor sinken wird. Zwar nur um rund 1 % pro Jahr, aber das sind 11 Mio. Fässer Erdöl pro Tag.

Grund sind, so Sauermann, vor allem effizientere Fahrzeug-Antriebe. An eine große Zunahme alternativer Energiequellen glaubt er mittelfristig nicht. Selbst wenn sich erneuerbare Energiequellen wie Ethanol in den nächsten 20 Jahren verdreifachen, stellen sie laut BP nicht mehr als 6 bis 7 % der weltweiten Energienachfrage dar.

Hoffnung auf Gas-Boom

An den großen Durchbruch von Elektro- und Brennstoffzellenfahrzeugen vor 2030 glaubte auf dem Motorensymposium keiner der Vortragenden, von Bosch-Chef Volkmar Denner als Eröffnungsredner bis zu VW-Chef Martin Winterkorn als Schlussredner. Umso größer sind die Hoffnungen der Gaslobby.

Die enormen Erfolge bei der Förderung von Schiefergas in den USA und der damit einhergehende Preisverfall lässt Gasmultis wie Autohersteller weltweit hoffen. Erdgas gilt sowohl bei BP wie bei Shell als die am stärksten wachsende Alternative bis 2030. Für die Autobranche hat Gas den großen Charme, dass damit bei einem vergleichbaren Antrieb der CO2-Ausstoß um 25 % sinkt, ohne dass dafür ein so großer zusätzlicher technischer Aufwand wie etwa für Vollhybridantriebe nötig wäre.

Wolfgang Warnecke, Shell, verwies auf Prognosen der Internationalen Energieagentur, die mehr als eine Verdoppelung der globalen Erdgasflotte bis 2035 von derzeit 14,4 auf 31 Mio. Fahrzeuge für möglich halten.

Dennoch ist der Erfolg bei den Kunden mehr als ungewiss. Nicht nur Volkmar Denner, Vorsitzender von Bosch, machte sich Sorgen um die Akzeptanz von Gas als Treibstoff. Dass dies weit weniger als bisher behauptet mit der Tankstellendichte zusammenhängt, zeigte Warnecke: Deutschland etwa verfügt mit 1000 Gastankstellen über viel mehr Zapfstellen als Italien, zählt aber dennoch viel weniger Gasautos, gerade einmal 100.000. Dabei ist dort die Steuerbefreiung – anders als bei uns – sogar gesetzlich für die nächsten Jahre garantiert. Es sind wohl psychologische Grenzen: Angst vor Gasexplosionen, vor unkalkulierbaren Preissprüngen. Dazu kommt ein 20 Mal höheres Treibhauseffektpotenzial von Methan (Gas) gegenüber CO2, wie Warnecke zugab.

Insgesamt sind laut Warnecke mehr als 70 % aller Erdgasfahrzeuge weltweit in nur fünf Ländern unterwegs: Iran, Pakistan, Argentinien, Brasilien und Indien.

Wolfgang Fritz von Magna glaubt, dass Gasautos bisher einfach zu wenig attraktiv aussehen. Mit einem Cult könne sich das ändern.

Gunst der Stunde

0,4 Prozent beträgt der Marktanteil von Gasfahrzeugen an der Gesamtflotte in Europa, so Shell. Das ist viel mehr als der Marktanteil von E-Autos. Aber doch sehr bescheiden in Anbetracht des enormen Marketing- und Investitionsaufwands der Gas-Lobby in den vergangenen Jahren.

Lange Zeit gab man der lückenhaften Gasinfrastruktur die Hauptschuld für das zögerliche Kaufverhalten der Kunden in den meisten europäischen Ländern. Doch das Beispiel Deutschland zeigt, dass dies nicht stimmt: Dort gibt es inzwischen laut Shell 1000 Gastankstellen, mehr als in Italien, aber trotzdem nur rund 100.000 Gasfahrzeuge, deutlich weniger als in Italien.

Weder der Preisvorteil noch das Argument, dass mit Gas im Tank der CO2-Ausstoß gegenüber Benzin um rund 25 Prozent niedriger ist, überzeugten bisher viele Kunden. Wenn schon CO2 reduzieren, dann gleich mit einem Elektro-Antrieb, so offenbar die gängige Haltung. Tatsächlich sinkt mit Gas zwar der CO2-Ausstoß im Betrieb. Der Hauptbestandteil von Gas, Methan, aber hat ein mehr als 20-mal höheres Treibhauspotenzial als CO2 und bleibt länger in der Atmosphäre, wie der Shell-Redner auf dem Wiener Motorensymposium zugab. Methan entweicht vor allem bei der Erdgasförderung.

Es ist daher ungewiss, ob Gas wegen des nachlassenden Elektro-Hypes diesmal bei den Autokäufern als Alternative für die Zukunft groß punkten kann. Aber es gibt ohnehin sinnvollere Einsätze für Erdgas.

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