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EU-Notruf: SOS – bitte weiter warten

Nach mehreren Anläufen sollte "E-Call" 2015 endgültig in allen neuen Pkw EU-weit in Serie gehen. Warum daraus nichts wird.

von Maria Brandl

04/19/2012, 11:55 AM

In drei Jahren sollte es endlich starten: Das europaweite Notrufsystem E-Call, das bei einem schweren Unfall oder Gesundheitsproblem eines Fahrzeugpassagiers automatisch die Leitzentrale alarmiert und dank Angaben über Unfallort, Unfallzeit und Art des Fahrzeuges (siehe E-Call: Daten und Kosten) den Rettungsablauf deutlich beschleunigen soll.

Die EU rechnet damit, dass durch diese Verkürzung der Anfahrtszeiten um 50 % auf dem Land und um 40 Prozent in den Städten die Zahl der Todesopfer bei Autounfällen um 5 % und jene der Schwerverletzten um 15 Prozent gesenkt werden kann. Die Unfallkosten sollen allein damit um 20 Mrd. Euro zurückgehen.

Insgesamt gab’s 2010 in der EU 1,15 Mio. Unfälle mit 31.000 Toten und 1,5 Mio. Verletzten. Den volkswirtschaftlichen Schaden durch Verkehrsunfälle beziffert die EU mit 160 Mrd. Euro pro Jahr. Mit dem "E-Call" genannten Notrufsystem für alle neuen Pkw sollte ab 2015 diese Bilanz deutlich verbessert werden.

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E-Call beruht auf der europäischen Notrufnummer 112, die von jedem Festnetz- oder Mobiltelefon kostenlos aus angerufen werden kann. Mit E-Call werden aber zusätzliche Daten übertragen. Die Notrufzentralen müssen in der Lage sein, diese Daten zu empfangen und verarbeiten zu können.

E-Call soll europaweit und länderübergreifend funktionieren. Gerade bei Unfällen im Ausland eine große Hilfe, umso mehr, als Umfragen gezeigt haben, dass 74 % der Europäer nicht wissen, welche Notrufnummer sie auf Reisen in der EU wählen sollen. Bei E-Call erfolgt die Durchwahl automatisch, es muss vorher keine Nummer gewählt werden. Die Mitarbeiter der Notrufzentralen sollen mehrsprachig sein.

22 der 27 EU-Mitgliedstaaten sind bei E-Call dabei, auch Russland ist mit von der Partie. Frankreich will mehr Infos per E-Call mitgeliefert bekommen, Großbritannien fürchtet die Kosten. Sie warten ab.

Die Idee zu E-Call wurde schon 1986 beim großen Forschungsprojekt "Prometheus" diskutiert. In den USA stellte GM um 1990 ein ähnliches Projekt vor ("Onstar"). 1998 gab es Ankündigungen auch für Österreich. Der ÖAMTC preschte mit einer "T-Box" vor.

Aber das europaweite E-Call-Notrufsystem gibt es nach wie vor nicht und wird es auch 2015 nicht geben, wie nun durchsickert. Aus mehreren Gründen:

- Die Autohersteller bieten inzwischen modernere Technologien (siehe unten) an.

- Viele Organisationen fürchten um ihr Geschäft, wenn die Notrufzentralen z. B. von Versicherungen geleitet werden. In Österreich ist derzeit das Innenministerium (Polizei) für den Notruf 112 zuständig. Für E-Call warte man auf einen Vorschlag der EU.

- Gerangelt wird auch um die Technologien für E-Call. Derzeit laufen Feldtests (Bild oben) , um die Standardisierung zu forcieren.

- Es gibt Angst vor dem "gläsernen" Autofahrer, vor möglichem Daten-Missbrauch. Der fix installierte Funkchip bei E-Call macht Autos für Hacker so "offen" wie Smartphones. Es fehle an entsprechendem Schutz, warnen Branchenkenner.

Schon demnächst könnte ein Blick in den Osten genügen, um mehr über die Praxis mit E-Call zu erfahren: Anders als die EU will Russland 2013 damit starten.

E-Call: Daten und kosten

Pflicht: Die EU verlangt laut ÖAMTC, dass ein E-Call folgende Angaben über den Unfall enthält:

– Zeitpunkt des Notfalls

– GPS-Daten des Unfallortes

– Fahrtrichtung (wichtig auf der Autobahn)

– Fahrzeugart

– Automatische oder manuelle Auslösung des Notrufs

– Art des Energiespeichers (Benzin-, Diesel-, Wasserstofftank, Gas, Flüssiggas, Batterie)

– Infos über das Fahrzeug (Marke, Modell, Farbe), damit es von den Rettungskräften schneller erkannt werden kann

– Info, ob der Positionsangabe vertraut werden kann (ob der GPS-Empfang zum Zeitpunkt des Unfalls gut genug war)

– ob es ein realer Notruf ist (Schutz vor Missbrauch)

Kür: Optional sind Angaben

– um die Genauigkeit der Positionsbeschreibung zu erhöhen

– über die Anzahl der angeschnallten Personen

– Datenfeld für freiwillige Zusatzangaben

Kosten: Einbau und System kosten laut EU weniger als 100 Euro pro Auto

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