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Fahrvorstellung

Ferrari F12: Superlativ auf Rädern

Exklusive Ausfahrt in die Hügel über Maranello, wo schon Stammvater Enzo die Fähigkeiten seiner besten Pferde im Stall der Kundschaft nähergebracht hat.

von Horst Bauer

06/13/2013, 08:20 PM

Die kurvigen Straßen in den Hügeln über Maranello sind das Revier, in dem Enzo Ferrari die neuen Besitzer seiner Sportwagen in die Geheimnisse des Umgangs mit ihnen eingeweiht hat.
Wo also könnte man sich dem Wesen des neuen F12 authentischer nähern als hier direkt über dem inzwischen zu einer hypermodernen Automobil-Manufaktur herangewachsenen Ferrari-Werk. Dass sich die Zeiten seit Enzos Tagen geändert haben, merkt man auch am jüngsten Serien-Spross des Hauses. Ging es früher bei einem Ferrari vor allem um Leistung, Leistung und noch einmal Leistung, ohne auf Alltagstauglichkeit oder Ergonomie des Cockpits Gedanken zu verschwenden, zeigt der F12, dass es inzwischen auch anders geht.
Gegenüber dem Vorgänger-Modell optisch schlanker, niedriger und kürzer, bietet der Frontmotor-Zweisitzer dennoch mehr Platz und Kopffreiheit. Ein brauchbarer und mittels einer Durchlade-Klappe sogar variabler Kofferraum trägt zusätzlich zur Alltagstauglichkeit bei. Ein Supersportwagen zu sein, schließt auch bei Ferrari nicht mehr eine gewisse Komfort-Ausstattung aus – inklusive Rückfahr- und Frontkamera samt Parkassistent.
In der Mitte des Armaturenträgers steht groß der Tourenzähler mit der Anzeige des eingelegten Ganges. Wie schnell man unterwegs ist, erfährt man eher nebenbei auf einem der beiden Seitenmonitore, auf denen je nach Programmierung auch allerlei andere Werte angezeigt werden können.
Das Lenkrad ist natürlich auch beim F12 Berlinetta mit den Knöpfen und Drehschaltern nach Vorbild des Formel-1-Lenkers versehen, inklusive des roten Startknopfs und des berühmten Manettino zur Anwahl der Fahrprogramme.


Auf in die Hügel

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Erster Eindruck nach dem Hinausrollen aus dem alten Werkstor in der Via Abetone Inferiore: Im Alltagsverkehr ist dieser Supersportwagen so problemlos zu fahren wie ein Großserien-Fiat. Keine divenhaften Allüren, auch die Übersichtlichkeit nach draußen ist um Klassen besser als früher. Einfach einsteigen, Schlüssel umdrehen, Startknopf drücken und das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe auf Automatik stellen – und schon geht’s los. Ohne Ruckeln (dem Umstieg vom automatisierten Schaltgetriebe auf die Doppelkupplung sei es gedankt), ohne sich verschluckendem Motor und auch die Keramikbremsen lassen sich schon im kalten Zustand gut dosieren.
Die hydraulisch geregelte Lenkung ist bei geringem Tempo erfreulicherweise nicht so leichtgängig wie im viersitzigen Ferrari FF. Manövrieren am Stand ist dennoch kein Problem, das Auto lässt sich aber im Fahrbetrieb besser führen, weil die Lenkung ausreichend Gegendruck bietet.
Hat man einmal Vertrauen aufgebaut und die von Kreisverkehren übersäten Straßen in der Umgebung hinter sich gebracht, zeigt der F12 Berlinetta sein zweites Gesicht. Manettino von „Sport“ auf „Race“, Finger an die Schaltwippen am Lenkrad und rechter Fuß kurz durchgestreckt – schon fliegt die Kurve am Ende der scheinbar so langen Geraden im Zeitraffer-Tempo auf einen zu. Hat man das Herz (und den Platz), die Gänge auszudrehen, fühlt man sich wie von einem Katapult abgefeuert (0 auf 200 km/h in 8,5 sec). Und der Vorwärtsdrang wird von keiner Schalt-Unterbrechung gestört.
Aber genau so dramatisch wie die Tempoveränderung in die eine Richtung, kann sie auch in die andere sein. Die Bremsen gehören zum Besten, was derzeit zu bekommen ist – nicht nur wegen ihrer schieren Kraft (von Tempo 200 auf 0 in 131 m), sondern auch, weil sie sich in jeder Fahrsituation perfekt dosieren lassen. Das Gefühl am Pedal bleibt gleich, egal ob im Kolonnen-Verkehr oder beim hektischen Anker-Auswurf vor der sich viel zu schnell nähernden Haarnadel.
Dass der F12 Berlinetta in Fiorano den einstigen Überflieger F50 in die Schranken weist (Bestzeit: 1,23 min), glaubt man nach ein paar Stunden in den Hügeln ungeschaut. Zu leichtfüßig tritt er an, zu präzise lässt er sich um Biegungen aller Radien zirkeln und dabei Kurventempi erreichen, die man ursprünglich für unfahrbar gehalten hat. Beeindruckend auch die schiere Durchzugskraft aus Rollphasen heraus, wenn sich endlich die Lücke im Gegenverkehr auftut. Selbst bei niedrigem Tempo steht unmittelbar voller Schub zur Verfügung. Auch wenn das Getriebe im 6. oder 7. Gang dahinschnurrt und plötzlich Antritt gefragt ist, muss nicht erst hektisch ein paar Gänge heruntergeschaltet werden – sattes Drehmoment steht schon ab etwas mehr als 2000 Touren zur Verfügung (maximal sind es 690 Nm bei 6000 Touren).
Neben der Fähigkeit, dank der ausgefeilten Fahrwerkstechnik und der Assistenzsysteme aus der Formel-1-Hexenküche auf der Rennstrecke zu brillieren, ist der F12 auch ein langstreckentauglicher Gran Turismo, mit dem man zu zweit verreisen kann, ohne sich dabei auf Zahnbürste und Kreditkarte als Gepäck beschränken zu müssen. In seiner Gesamtheit also ein Auto gewordener Superlativ, der noch mehr hält, als die zeitlos schöne Optik – die zudem trotz der jenseitigen Fahrwerte ohne aufgesetzte Spoiler auskommt – verspricht.
Sein größtes Manko ist, dass man ihm eine österreichische Nummerntafel nur gegen Zahlung von mindestens 336.113 Euro umhängen kann.

Das offizielle Ferrari-Video zum F12

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