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Ennstal-Classic

Im Frühstau zu Berge

Nicht auf den Speed, sondern auf höchste Präzision kommt's an. Das heißt aber nicht, dass Zeit keine Rolle spielt.

von Ad Raufer

07/17/2014, 10:58 AM

In Zeiten, in denen sich das Auto mit immer größeren Restriktionen und teilweise ans absurde grenzende Anfeindungen konfrontiert sieht, sind Veranstaltungen wie die Ennstal-Classic natürlich politisch völlig inkorrekt.

Und so ist die Ennstal die perfekte Anti-These zum herrschenden Zeitgeist, der das Auto als natürlichen Feind alles Guten sieht. Die perfekte Anti-These zu heutigen technokratisch-kühlen Ingenieursautos sowieso, die technisch perfekt sind, aber keine schwärmerischen Gefühle mehr zu produzieren imstande sind. Oldtimer sind rollendes Kulturgut, zu Zeiten entstanden, als es noch keine täglichen Staus gab, als Autofahren noch Arbeit und keine elektronische Bevormundung war – als keine Klimaanlage aus dem Sommer einen Winter machte und umgekehrt. Klar ist auch: Klassische Fahrzeuge gehören nicht in finstere Verliese gesperrt, sondern artgerecht bewegt, dort, wo sie früher ja auch bewegt worden sind: Auf der Straße.

Ennstal: Die Nr. 1 in Österreich

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Wie immer, wenn ein spaßbefreiter Trend ins Überhöhte abdriftet, kommt prompt der Gegentrend – und der ist naturgemäß nicht nur ausgerechnet in einem Biotop wie der Ennstal-Classic zu registrieren, sondern vielmehr auch bei Leuten, die noch automobile Emotionen zu entwickeln imstande sind: Auf die Idee, Oldtimer als stinkende Stimulanzien für stumpfe Deppen zu denunzieren, kommen heute jedenfalls immer weniger Menschen.
Seitdem Oldtimer-Rallyes das Land geradezu inflationär überschwemmen, ist die Ennstal-Classic eine Veranstaltung unter vielen. Aber eben jene, die die Führungsposition der heimischen Szene beansprucht – und sie souverän einnimmt. Das ist unter anderem auch daran zu erkennen, dass Porsche heuer erstmals nicht nur als Sponsor auftritt, sondern auch im Rahmen des „Rollenden Museums“ erstklassige Autos mit prominenten Piloten wie Jacky Ickx, Hans Stuck oder Walter Röhrl an den Start schickt. Porsche dokumentiert damit den hohen Stellenwert der Ennstal, werden doch Autopretiosen und Racing-Promis nur zu einigen wenigen ausgewählten Veranstaltungen wie der Mille Miglia, dem Goodwood Festival of Speed, der Le Mans-Classic oder zum Concours d’Elegance an den kalifornischen Pebble Beach geschickt.

Gröbming, 2800-Seelen-Marktgemeinde im Bezirk Liezen ist in den Tagen der Ennstal nicht wiederzuerkennen. Dort, wo eben noch ländliche Beschaulichkeit herrschte, hallt von den Hauswänden das Dröhnen von knapp 200 klassischen Autos wider – in der Luft liegt ein betörender Duft aus heißem Öl, unverbranntem Sprit und überhitzten Brems- und Kupplungsbelägen. Statt Schaltwippen gibt’s rachitisch-dünne Ganghebel in Originalzustand, in den Motorräumen hausen üppige Weber-Doppelvergaser statt unter schwarzem Plastik verborgene Einspritzanlagen; Servolenkung, Fensterheber, Bremskraftverstärker? Was ist das?
Es geht darum, die Schönheit der automobilen Klassik zu begreifen, die Rückbesinnung aufs Wesentliche: Blickt man in die Gesichter von Zuschauern und Teilnehmern gleichermaßen, offenbart sich grenzenlose Sympathie für antike Technik – alte Autos sind keine Partner auf Augenhöhe, sondern wilde, sensible und fordernde Gegner auf einer Streckenlänge von grausam langen 800 Ennstal-Classic-Kilometern.

Chopard Race Car Trophy

Weil sich das nicht alle Teilnehmer antun wollen, haben die Veranstalter einen Parallelbewerb mit der klingenden Bezeichnung Chopard Race Car Trophy einfallen lassen. Im Gegensatz zu zum Hauptbewerb fahren die Trophy-Starter nur vier Prüfungen – Tauplitzalm, Flugplatz Niederöblarn, Red-Bull-Ring und Bergsprint Moosheim.
Da wie dort wetterleuchten die Kampfspuren der Anstrengung in den Gesichtern. Spielt zufriedenes Lächeln um die Mundwinkel jener, die die Tour mit Minimal-Zeitstrafen absolviert haben. Andere wiederum sind erstaunt, sich freiwillig über 800 Kilometer körperlicher Brandschatzung ausgesetzt zu haben – langsam, ganz langsam, kehrt im Ziel verbrannt Energie in die Köpfe der Starter zurück, stets balancierend zwischen Rührung, es geschafft zu haben und Missmutigkeit, weil zickige alte Technik den angestrebten Spitzenplatz – wieder einmal – vereitelt hat.

Egal: Die sonnenhellen und regengrauen Ennstal-Classic-Tage voller Adrenalin machen süchtig, weil das Rückfahrticket in die Jugend wieder funktioniert und offenbar wirklich kein Ablaufdatum hat. Im Ziel bei heftigen Benzingesprächen und ein paar Bieren weicht die warum-tu-ich-mir-das-an-Attitüde allmählich einem euphoriserenden Glücksgefühl, Teil einer verschworenen Gemeinschaft gewesen zu sein.

Trotz von Wind und Wetter gegerbten Gesichtern, Schwielen an den Händen und Muskelkater in Armen und Beinen: Zum jährlichen Ritual gehört auch die Frage nach dem Veranstaltungsdatum der nächsten Ennstal.

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