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"Loyalität der Kunden war entscheidend"

Porsche-Urgestein Wolf-Dieter Hellmaier über den Kampf um die Nummer 1, den Erhalt des Händlernetzes im Osten trotz Krise und private Streichelautos.

von Horst Bauer

01/13/2012, 07:04 AM

Volkswagen stand fast vor dem Ruin, der heimische VW-Importeur kämpfte ums Überleben – und Wolf-Dieter Hellmaier bekam seinen ersten Job bei Porsche Austria. Das war 1971.

Nach 40 Jahren im selben Unternehmen, davon die letzten 10 Jahre an dessen Spitze, ist der Ex-Sprecher der Geschäftsführung der Porsche-Holding nun seit dem Jahreswechsel im aktiven Ruhestand. Im Motor-KURIER-Gespräch blickt er zurück und gewährt Einblicke hinter die Kulissen der Autobranche.

Motor-KURIER: Wären wir vor einem Jahr um diese Zeit zusammengesessen, hätten wir wohl nicht mit einem Verkaufsrekord für das Autojahr 2011 gerechnet. Ab wann haben Sie gemerkt, dass die Prognosen nicht halten werden?
Wolf-Dieter Hellmaier: Unsere Planungen waren auf das Niveau des Vorjahres ausgerichtet, also so um die 330.000 Autos. Als es im Frühjahr aber gleich rasant losgegangen ist und wir zu diesem Zeitpunkt bereits weit über den Vergleichszahlen von 2010 gelegen sind, haben wir uns auf ein neues Rekordjahr eingestellt.

Wie geht es jetzt weiter, nach so einem Rekordjahr und angesichts aller Krisen-Szenarien in den Medien?
Die Nachfrage ist aktuell hoch und ich habe auch nicht den Eindruck, dass die Kunden sich beim Kauf zurückhalten, weil es laufend Negativ-Meldungen über die Staatsschuldenkrise gibt.

Welche Entwicklung werden die Märkte im Osten nehmen, die Sie ja für die Porsche Holding aufgebaut haben und von denen man nur Negatives hört?
Die Absatzzahlen steigen wieder. Das ist zwar erfreulich, aber die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2011 als Referenz. Vergleicht man sie hingegen mit dem letzten Normaljahr, das war 2008, dann liegt der Gesamtmarkt im Osten immer noch um rund 50 Prozent zurück.

Wie können Sie da ihr Händlernetz wirtschaftlich am Leben erhalten?
Als die Krise absehbar war, haben wir alle unsere Aktivitäten darauf ausgerichtet, die Eckpfeiler des Vertriebsnetzes zu halten, damit nicht alles den Bach runtergeht, was wir 20 Jahre lang mühsam aufgebaut haben. Wir haben die Händler auch finanziell unterstützt. Wobei deren Problem vielfach die mangelnde Liquidität ist, weil es keine Kredite gibt und in manchen Ländern auch Kunden die Reparaturrechnungen nicht bezahlen können. Aber ich bin sicher, dass die Talsohle durchschritten ist.

Sie haben sich ja auch in China engagiert und dort mittlerweile 11 eigene Betriebe eröffnet. Wie ist es Ihnen dabei ergangen?
Wir haben dort bei null begonnen und zunächst vom Volkswagen-Konzern und von Porsche versucht, Verträge zu bekommen. Aber da waren keine Standorte vakant. Anders bei BMW, die zeitgleich in China begonnen haben und über freie Standorte verfügten. Mit dem enorm wachsenden Premiummarkt war dann auch Porsche Stuttgart wieder zugänglicher und wir haben jetzt 5 neue Porsche-Betriebe und bauen auch Automobilhandelshäuser für den Vertrieb der Volkswagen-Konzernmarken.

Kann das in der neuen Konstellation als Teil des VW-Konzerns so weitergehen, dass die Porsche Holding Salzburg weiterhin auch Modelle der Konkurrenz verkauft?
Das war natürlich ein Thema, weniger in China als bei unserer Tochter PGA in Frankreich. Da gibt es eine klare Trennlinie, denn die PGA berichtet ausschließlich nach Salzburg und von da geht nichts an VW weiter. Da ist eine Firewall eingezogen. Das haben wir den verschiedenen Herstellern zugesagt und diese haben das so akzeptiert. Und inzwischen bekommt die PGA wieder Angebote, Händlerbetriebe zu übernehmen.

Wäre so ein Engagement wie das in China, bei dem man sich Zeit gelassen hat, um den Markt zunächst gründlich vor Ort zu studieren, und die Eigentümer gewusst haben, dass sie ein paar Jahre lang für ihre Investition kein Geld sehen werden, heute noch möglich als Teil eines Konzerns, der an Quartalsergebnissen gemessen wird?
Wenn es darum geht, neue Märkte aufzubauen, dann liegt es in der Natur der Sache, dass man eine gewisse Anlaufphase braucht. Das sieht man auch im Volkswagen-Konzern genauso.

Zurück nach Österreich. Wie hat sich der Markt bei uns verändert, seit Sie dabei sind – und das sind immerhin 40 Jahre?
Als ich 1971 angefangen habe, hat es einen Hauptkonkurrenten gegeben, das war Opel. Dahinter kam Ford und alles war ein reines Match der Europäer. Wir haben damals mit dem Käfer und dem Typ 3 und dem 411 ein Programm gehabt, das nicht mehr auf der Höhe der Zeit war. Für uns war das ein Kampf ums Überleben. Wir haben nur mehr mit dem Transporter etwas verdient und beim Käfer voll abgelegt, nur um die Position zu halten und den Übergang zur neuen Modell-Generation zu schaffen, die dann 1973 mit dem Passat und 1974 mit dem Golf und danach mit dem Polo gekommen ist.

Damit waren die Probleme dann überstanden?
So einfach war’s nicht. Wir haben große Sorgen gehabt, ob der Golf in die Fußstapfen des Käfers treten wird können. Man muss sich nur in Erinnerung rufen, dass die ersten Golf-Einführungsmodelle mehr gekostet haben als der Passat. Wir sind 1974 mit dem Golf LS mit 70 PS wahlweise mit den Farben gelb und blaumetallic gestartet und dieser Golf hat 74.000 Schilling gekostet. Der billigste Passat mit dem 60-PS-Motor war aber um 69.000 zu haben. Dass der Golf dann so eingeschlagen hat, war so gesehen eine Sensation für uns. Da hat der damalige VW-Chef Leiding aus den drei vorgeschlagenen Nachfolger Konzepten für den Käfer das richtige ausgesucht. Es gab ja auch die Konzept-Variante mit einem Mittelmotor.

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Wie hat sich dann der Markteintritt der Japaner ausgewirkt?
Die Japaner sind Ende der 1970er-Jahre in den kleineren europäischen Märkten gestartet, weil die großen produzierenden Länder viele Importrestriktionen gehabt haben. Und Österreich war für die Japaner ein idealer Testmarkt. Darüber hinaus haben die europäischen Automobilhersteller die Japaner anfangs nicht wirklich ernst genommen und wir haben deshalb auch wenig Unterstützung vom Werk bekommen. Wir haben dennoch mit aller Kraft versucht, die Nr.-1-Position zu halten. Wir haben gemeinsam mit unseren Händlern erfolgreich dagegen gehalten, wobei uns die Loyalität unserer Kunden entscheidend geholfen hat.

Sie haben ja im Laufe der Jahre einige verschiedene VW-Bosse erlebt. Gab es Unterschiede dabei, wie man als Importeur in Modellentscheidungen eingebunden wurde?
Eine formale Ebene hat es früher nie gegeben. Erst Dr. Ferdinand Piëch, der bei uns im Aufsichtsrat ist, hat unsere Meinung interessiert. Jetzt sehen wir die Autos, zu einem Zeitpunkt wo noch Detailänderungen möglich sind.

Gab es auch Situationen, in denen Sie gedacht haben, hoffentlich müssen wir das nie verkaufen?
Es gab schon Modellstudien, wo wir froh waren, dass sie verworfen wurden. Heute sind wir glücklich, denn mit Dr. Winterkorn und seinem Team sind Leute in der Verantwortung, die die Markenwerte verstehen und das ist auch der Grund, warum wir heute das beste Modellprogramm der gesamten Autoindustrie anbieten können.

Gibt es denn überhaupt einen Gestaltungsspielraum für österreichische Wünsche?
Ja, ein schönes Beispiel dafür ist unser Rabbit, den wir seit dem Ende der 70er-Jahre im Programm haben. Wir haben dieses Golf-Angebot eigentlich aus einer Mangelsituation heraus kreiert, weil Volkswagen damals den 70 PS Motor auch an Chrysler geliefert hat, womit wir bei unserem Hauptmodell plötzlich einen Motorenengpass bekamen. Als Ersatz bekamen wir eine 1,3 Liter 60 PS Variante, in die wir mehr Ausstattung hineinpacken konnten. Und wir haben daraus in Österreich den „Rabbit“ gemacht und die Werbung mit dem Hasen gestartet. Diese Marketingüberlegung war unglaublich erfolgreich. Der Name Rabbit wurde zu einem Markenbegriff, den wir heute noch verwenden.

Was kommt für Sie persönlich jetzt nach den ganzen Firmen-Limousinen? Was wartet zu Hause in der Garage auf Sie?
Ich habe ein sogenanntes Streichelauto, das ist ein 911 Cabrio. Eigentlich hab’ ich sogar zwei. Einen luftgekühlten 964 und einen 997, beides Cabrios. Seit ich damals als Kind einen 356 als Blech-Spielzeug geschenkt bekommen habe, ist der Porsche-Virus bei mir nicht mehr weggegangen. In den Ferien hab’ ich sogar einmal in Stuttgart in der Motorenmontage für den 356 gearbeitet. Da bin ich damals aus Linz mit dem Moped hingefahren. Und was die Garage betrifft: Ich habe nie eine große Garage gehabt – das hat mir viel Geld gespart. Weil sonst wären da jetzt mehr als die zwei Cabrios drin.

Zur Person

Mag. Ing. Wolf-Dieter Hellmaier (68) studierte nach der HTL für Maschinenbau in Linz an der dortigen Universität Betriebswirtschaft und startete seine berufliche Karriere 1971 bei Porsche Austria in der Händlerfinanzberatung. 1993 wurde er Geschäftsführer der Porsche Austria GmbH, ab 1997 Geschäftsführer der Porsche Holding GmbH, deren Sprecher er von 2002 bis Ende 2011 war.

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