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Fahrbericht

Ghost vom anderen Stern trifft Silver Dawn

Wenn man bei der ersten Ausfahrt mit dem neuen Ghost auf einen ganz speziellen Vorfahren trifft

von Horst Bauer

07/14/2021, 03:00 AM

So eine Begegnung hat man nicht alle Tage. Am Steuer des derzeit aktuellsten Rolls-Royce ein Modell der ersten Serie des Hauses zu treffen, bei der die Briten neben der Technik auch die Karosserie selbst entworfen und gebaut haben, zählt zu den raren Erlebnissen im Testalltag.

Hier der neue Ghost, der mit dem Vorgängermodell nur mehr die Kühlerfigur gemeinsam hat. Dort der Silver Dawn aus dem Jahr 1954, von dem nur 756 Stück gebaut wurden. Bei diesem Generationentreffen merkt man schnell, worin sich der Mythos begründet, von dem die Marke heute noch lebt. Und das hat mehr mit der Aura zu tun, die so ein rarer Silver Dawn verströmt, weniger mit den puren technischen Daten.

Aber dazu später. Zunächst gilt es, sich dem jüngsten und technisch fortgeschrittensten Spross des Hauses Rolls-Royce zu widmen.

Wenn auch optisch sehr dezent ausgefallen, ist er technisch, verglichen mit dem Vorgänger, von einem anderen Stern. So ist der neue Ghost die erste Rolls-Royce- Limousine mit Allradantrieb und Allradlenkung. Ebenfalls neu: Der 12-Zylinder kommt jetzt aus dem großen Bruder Phantom und hat mit 571 PS die idente Leistung. Nur das Drehmoment ist mit 850 Nm einen Hauch geringer.

Diskrete Assistenten

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Bei den Fahrerassistenz-Systemen hat man zwar den modernen Zeiten gemäß aufgerüstet, lässt diese aber weitgehend dezent im Hintergrund agieren. Ghost-Fahrer sind schließlich gewohnt, selbst Entscheidungen zu treffen und anderen Vorschriften zu machen. Da kann der Algorithmus nicht im Auto die Herrschaft übernehmen.

So greift etwa der Spurhalte-Assistent nicht in die Lenkung ein, wenn der Luxus-Liner einmal etwas zu nahe an das Riff (sprich den Fahrbahnrand) treibt, sondern kommuniziert dem Steuermann nur mittels einer dezenten Vibration am Lenkrad seine Einschätzung der Lage. Innerbetriebliches Vorschlagswesen sozusagen – nicht eigenmächtige Übernahme des Kommandos.

Auch was die Bedienung betrifft, hat man die Touchscreen-Inflation allerorten etwas zu bremsen versucht. Allerdings immer mit einem Blick auf die wichtiger werdende chinesische Luxus-Kundschaft, bei der ohne Bildschirm-Wischen gar nichts geht. Herausgekommen ist ein annehmbarer Kompromiss, der einem immer noch ein paar haptische Erlebnisse mit analogen Schaltern, Zughebeln und Walzen bietet, und darüber hinaus auf die bei BMW erprobte Bedienlogistik zurückgreift.

Im Fahrbetrieb zeigt sich vor allem auf geschwungenen Landstraßen, dass die Allradlenkung viel zur Agilität des Luxusliners für erdgebundenes Reisen beiträgt. So lange man nicht bremsen muss, hat man nie das Gefühl, ein 5,40 Meter langes und über 2,6 Tonnen schweres Automobil zu steuern. So flott und weitgehend unbeeindruckt von äußeren Einflüssen lässt sich der Ghost um Kurven aller Radien zirkeln.

Erst wenn der Anker ausgeworfen werden muss, wird man – trotz der sehr soliden Bremsen – in die Realität der beachtlichen, zu verzögernden Masse zurückgeholt.

So ist der Ghost, der immer als Drivers-Car geplant war, gegenüber dem Vorgänger noch weiter in diese Kategorie vorgestoßen. Nicht, dass man nicht auch im Fond gut aufgehoben wäre. Aber wer lieber einen Chauffeur beschäftigt, wird wohl zum ausgewachsenen Phantom greifen. Nicht nur, weil er sich in der Kombination auch nicht überlegen muss, wo und wie er seinen Rolls parkt, wenn er am Ziel angekommen ist.

Aber zurück zum Vorfahren und dessen Leistungsdaten. Selbst für sein Entstehungsjahr war der Silver Dawn mit einem Sechszylinder-Motor mit 4,6 Liter Hubraum und 140 PS nicht gerade übermotorisiert. Oder wie es sein anglophiler heutiger Besitzer ausdrückt, die Marotte der noblen Briten zitierend, die früher die Frage nach der Motorleistung grundsätzlich nicht mit schnöden Zahlen, sondern mit „ausreichend“ beantworteten: „Nicht ganz ausreichend.“

Das Auto
V12-Zylinder-Motor mit 571 PS, Allrad-Antrieb  und -Lenkung, Leergewicht 2.490 kg, Beschleunigung 0–100 km/h in 4,8 sec, Spitze 250 km/h. Normverbrauch 15,2–15,7 l/100 km, 347–358 g/km 

Die Kosten
Grundpreis 366.650 € (ohne Steuern). 
Extras z. B.: LED-Sternenhimmel im Fond 13.000 €. Coachline (farbige Seitenlinie) 1.300 €. Analoge Uhr im Cockpit 4.750 €

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