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Interview

Porsche Holding Sprecher: Diesel für viele weiter sinnvollster Antrieb

Der neue Vorstandssprecher der Porsche Holding über Diesel, den aktuellen Markt und was seiner Garage fehlt.

von Horst Bauer

03/11/2018, 07:05 AM

Seit der Eingliederung in den VW-Konzern als eigene Einheit ist die Salzburger Porsche Holding international stark gewachsen. Nach dem Wechsel des Vorstandssprechers Alain Favey im Vorjahr  ins Top-Management von  Skoda führt mit Hans Peter Schützinger wieder ein Österreicher das Unternehmen. Hans Peter Schützinger, Sprecher der Geschäftsführung der Porsche Holding im Motor-KURIER-Gespräch über . . .

. . . die aktuelle Diesel-Fahrverbotsdebatte in Deutschland: Grundsätzlich ist dazu festzuhalten, dass Dieselfahrzeuge, welche die Euro 6-Norm erfüllen, davon nicht betroffen sind. Wir sind dieses Thema in Österreich schon im Vorjahr mit unserem Umweltprogramm aktiv angegangen, wo wir eine Verschrottungsprämie für Euro 4-Diesel und älter beim Kauf eines neuen Fahrzeugs mit Euro 6-Norm bezahlt haben. Die Altfahrzeuge sind dann verschrottet und somit auch tatsächlich vom Markt genommen worden. Und es gibt ja auch heute schon Beschränkungen für die Autofahrer, denn ohne die grüne Vignette, darf man ja in viele deutsche Innenstädte nicht mehr hineinfahren. Daher wird die Fahrverbotsdebatte meiner Meinung nach faktisch nicht sehr viel ändern. Es kann zwar den im Vorjahr bei uns ebenfalls merkbar gewordenen Trend weg vom Diesel noch einmal etwas verstärken. Der Diesel wird aber für das Gros der Flottenkunden und auch für viele Privatkunden nach wie vor die wirtschaftlichste und sinnvollste Antriebsvariante bleiben.


. . . die Verunsicherung der privaten Autokäufer:  Privatkunden schwenken ja jetzt schon dort auf einen Benziner um, wo es für sie wirtschaftlich Sinn macht. Also vermehrt bei Kleinwagen und bei niedrigeren Kilometerleistungen. Nicht vergessen darf man bei dieser Debatte jedoch, dass durch oftmals unsachliche Argumente gegen den Diesel und die damit steigende Verunsicherung der Kunden die Restwerte der Autos unter Druck kommen können. Damit wird praktisch auch Volksvermögen vernichtet. Positiv sind in dieser Hinsicht aktuelle Aussagen der heimischen Politik, wie etwa in Graz oder Wien, wo man sich dezidiert gegen Fahrverbote ausgesprochen hat.

. . . die Auswirkungen auf andere Märkte, in denen die Porsche-Holding vertreten ist: Die Fahrverbotsdebatte spielt sich vornehmlich in Deutschland ab und strahlt medial  auch bis Österreich. In den CEE-Ländern in Ost- und Südosteuropa ist das aber überhaupt kein Thema. Das gleiche gilt auch für Südamerika.

. . . die aktuelle Marktsituation: Abgesehen von Österreich sind wir auch mit den CEE-Ländern sehr zufrieden, in denen sich das langsame, gesunde Wachstum fortsetzt. Ganz besonders im nördlichen Ring rund um Österreich. Außerdem sind wir sowohl in Südamerika als auch in Asien sehr erfolgreich unterwegs. Dabei läuft es in allen drei Geschäftsbereichen sehr gut, also sowohl im Großhandel als auch im Einzelhandel und dem Bankgeschäft, welches einen absoluten Rekord bei den Leasingzahlen aufweist. Das zeigt, dass das Geschäftsmodell der Porsche Holding sehr gut funktioniert.

. . . den derzeitigen Rekord-Marktanteil in Österreich: Wir haben mit 37 % Marktanteil für die Gruppe einen sehr guten Jahresstart gehabt, weil wir gegen Ende des Vorjahres bewusst darauf verzichtet haben, das Ergebnis künstlich zu pushen. Das hat uns zwar das eine oder andere Zehntel Marktanteil gekostet, aber das haben wir in Kauf genommen, um heuer einen starken Start hinzulegen. Auf diesem Niveau wird es aber auf Dauer nicht bleiben. Unsere natürliche Größe liegt auf Sicht realistisch bei 33 bis 34 Prozent. Mehr wäre nur möglich, wenn wir uns den Markt kaufen würden. Das machen wir aber nicht.

. . . die Chancen von Elektroautos: Das ist zunächst eine Preisfrage sowie der Reichweite. Wir hätten zwar im Vorjahr wesentlich mehr vom E-Golf verkaufen können als die rund 600 Stück, wenn wir mehr bekommen hätten. Aber auch mit dem doppelten oder dreifachen an Volumen wäre das noch immer eine kleine Marktnische. Richtig los gehen wird es für uns mit der E-Mobilität aber ab 2020 mit der ID-Familie von VW. Dabei soll der Preis eines ID-Modells auf dem Niveau eines vergleichbaren Diesel-Modell liegen und über bis zu 600 Kilometer Reichweite verfügen. Die andere zentrale Frage, die es zu lösen gilt, ist die Lade-Infrastruktur. Wir arbeiten zur Zeit an einem Projekt, das Kunden je nach Bedarf unterschiedene Module aus einer Hand anbieten wird: Von der Solaranlage über den Strom-Speicher bis hin zur Wallbox . Extrem wichtig ist jedoch auch, dass das von den Autoherstellern angepeilte Schnell-Ladenetz entlang der Autobahnen umgesetzt wird.

. . . die Zukunft des Autohandels im Zeitalter der Digitalisierung: Es ist ja schon heute so, dass die Kunden praktisch digital starten und extrem gut vorbereitet zum Händler kommen. Das geht von der Auswahl des Modells, über Farbe und Ausstattung bis zu Preis, Leasingkonditionen und Versicherung. Die Erfahrung zeigt aber, dass sie damit eben zum Händler gehen, um dort einen Ansprechpartner zu haben, mit dem man die Auswahl noch einmal gegenchecken und den Kauf dann analog abschließen kann. Unsere Verkäufer arbeiten heute bereits mit einem Sales-Pad, mit einer von uns entwickelten Software. Damit können sie den Kunden direkt beim Auto im Schauraum betreuen. Und der Gebrauchtwageneintausch findet im Normalfall ebenfalls weiter beim Händler statt. Letztlich haben einzelne Hersteller nach ersten Versuchen, ohne Händler auszukommen, mittlerweile erkannt, dass das für sie nicht sinnvoll ist.

. . . die Rolle der Porsche-Holding im Volkswagen Konzern: Wir sind konzernweit anerkannt für unser Vertriebs-Know-how, insbesondere was den Einzelhandel betrifft. Es hat sich gezeigt, dass ein so großer Konzern nicht den Fokus auf eigenen Einzelhandelsbetrieben haben kann. Daher haben wir kurz nach der Eingliederung die Verantwortung für die deutschen und spanischen VW-Betriebe erhalten und relativ schnell deren Performance entscheidend gesteigert. Das hat für viel Anerkennung gesorgt und dazu geführt, dass wir jetzt Zug um Zug weitere Handelsbetriebe des Konzerns übertragen bekommen. So haben wir etwa im Vorjahr die größte VW/Audi-Handelskette Schwedens übernommen, wo wir rund 40.000 Autos im Jahr verkaufen. Auch in diesem Jahr planen wir unsere Einzelhandelspräsenz in einzelnen Märkten auszuweiten.

. . . seinen persönlichen Zugang zum Thema Auto: Ich habe mir während des Studiums auf der WU ein Auto um damals tausend Schilling gekauft, mit einem Freund komplett zerlegt und wieder aufgebaut. Das hat mir damals sehr viel Spaß gemacht. Und ein Freund und Nachbar von mir ist im R5-Alpine-Cup gefahren und hat mich oft zu den Rennen mitgenommen. Dafür habe ich ihm geholfen, sein Auto wieder zu reparieren, wenn es im Rennen beschädigt wurde. Dadurch hat sich bei mir eine große Affinität zum Auto entwickelt. Nach der Uni habe ich deshalb gezielt nach einem Job im Automobilbereich gesucht. Und die Strahlkraft der Marke Porsche hatte mich dabei schon sehr angezogen. In der Praxis ist es dann aber zunächst mehr um VW gegangen als um Porsche.

. . . seine Garage und was darin noch fehlt: Ich fahre als Dienstwagen einen Porsche Cayenne Hybrid und als Familienauto haben wir einen VW Multivan. Meine Frau ist begeisterte VW-Bus-Fahrerin und mit dem reisen wir mit den Kindern im Sommer gerne durch Europa. Aber da ich seit zwei Jahren im Porsche-Aufsichtsrat bin, hat sich die Leidenschaft für die Marke weiter verstärkt. Daher steht ein luftgekühlter Porsche auf meiner privaten Liste. Es wird wohl ein 911er aus den 80er-Jahren werden.

Zur Person

Dr. Hans Peter Schützinger (57) ist seit September des Vorjahres Sprecher der Geschäftsführung der Porsche Holding GmbH. Er stammt aus Uttendorf im Pinzgau und studierte nach der HBLA für Forstwirtschaft in Bad Vöslau an der Wirtschaftsuniversität in Wien Betriebswirtschaftslehre. Seine berufliche Karriere begann er 1989 bei der Porsche Konstruktionen KG im Finanz- und Rechnungswesen. Bis zu seiner Berufung zum Geschäftsführer der Porsche Holding für Finanzdienstleistungen und Multimarken Einzelhandel im Jahr 2002 durchlief er mehrere Stationen im Unternehmen, darunter auch Auslandsprojekte im Groß- und Einzelhandel.

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