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Routen für Genießer: Bitte um etwas Ruhe

Von Schwerin (und zwar dem Mecklenburg-Vorpommerschen) nach Norden auf die reichlich unbekannte Insel Poel: Nur 55 Kilometer Fahrtstrecke lassen sich spielend auf mehrere Tage verteilen und verbummeln, in aller Gelassenheit.

von Christian Vavra

06/18/2012, 02:29 PM

Über die Autobahn A 24 angereist, ist es von Hamburg aus nur ein Hupfer. Knapp 120 km lang ist die Strecke, die zum kleineren Teil auf der B321 in Deutschlands "kleinste Metropole" führt. Bei der Annäherung an Schwerin aus Richtung Süden ist innerhalb des Ortsgebietes plötzlich kilometerlang Tempo 30 verordnet – das auch freiwillig eingehalten wird: Altes Kopfsteinpflaster lässt das ratsam erscheinen – und erinnert nebenbei an die DDR-Vergangenheit der Region.

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Überraschung beim Beziehen des Hotelzimmers nächst der Altstadt: Blick auf einen See. Der Pfaffensee ist der Einzige von sieben Seen, an die (und um die) sich die Stadt schmiegt, der künstlich angelegt wurde. Mit seiner Fontäne und einer über die Schmalseite des Ufers ziehenden sehr breiten Stiege erinnert er an die Hamburger Außenalster.

Nur noch rund 95.000 Einwohner hat die Hauptstadt Mecklenburg-Vorpommerns, früher seien es 130.000 gewesen, erzählen Einheimische. Sie dürfen sich heute einer beinahe makellos restaurierten Altstadt mit Fachwerkbauten und unzähligen grünen Hinterhöfen erfreuen. Auch das übrige Stadtbild, etwa in der Lübecker Straße, ist mehr als schmuck. Erstaunlich, was hier in den letzten 23 Jahren geleistet (und bezahlt) wurde. Schwerin hat im zweiten Weltkrieg kaum Bombentreffer hinnehmen müssen, entsprechend faszinierend ist die sehr alte Bausubstanz. Man könnte tagelang durch die friedlich und sehr ruhig wirkende Stadt flanieren.

Einen ganzen Tag, mindestens, muss der Genießer jedenfalls fürs Schloss einplanen, das 365 Türme und Türmchen trägt und seit 1990 den Landtag beherbergt. Eine Führung ist unbedingt angeraten, ebenso ein Bummel durch den Barock-Garten.

DDR

Selbst in DDR-Zeiten wurde das Märchenschloss übrigens recht pfleglich behandelt, was man von anderen Stellen der Stadt nicht sagen konnte. So wurden zum Beispiel in der Puschkinstraße, die bis 1945 Königsstraße geheißen hatte, zahlreiche Häuser mit geraden Nummern abgerissen und durch Neubauten ersetzt, während die ungeraden Nummern verschont blieben. Verstehe das, wer mag.

Sportliche Naturen können noch die 220 Stufen im Schweriner Dom erklimmen. Der Lohn ist ein atemberaubender Blick auf die Stadt. Labung könnte man hernach im Weinhaus Wöhler (Fischerstraße), einem unglaublich urigen mittelalterlichen Lokal mit einigen dunklen Separees, bekommen.

Wismar

Für die Weiterfahrt nach Wismar böte sich die Autobahn A14 auf der Ostseite des Schweriner Sees an, schöner ist aber die Westseite. Die B106 zeigt oft über Hunderte Meter die für das Bundesland so typischen, über der Fahrbahn scheinbar zusammengewachsenen Alleen (z. B. bei Kirchstück). Sie werden hier sehr häufig von Kastanienbäumen gebildet und zeigen im späten Frühling entsprechende Kerzenblütenpracht. Kleine Abstecher zum See, etwa bei Seehof, führen zu Strandbädern und recht ruhigen Campingplätzen.

Eine solche Spazierfahrt durch Bad Kleinen führt wieder zu Kopfsteinpflaster in Nebenstraßen und auch zu Plattenbauten, die aber fast alle bunt angestrichen und hergerichtet wirken. Das Grau der DDR ist weg.

Bei Hornstorf befiehlt die Navigation im Auto zwar am Kreisverkehr die erste Ausfahrt, wer das aber ignoriert und die zweite nimmt (sie ist beschildert), der landet schneller in der Hansestadt Wismar. Auch hier prägen restaurierte Backsteinbauten und Fachwerkhäuser das Bild. Die wirklich malerische Altstadt wirkt sogar noch etwas größer als in Schwerin. Und auch hier ist nirgends große Hektik zu verspüren. In der Breite Straße/Ecke Ziegenmarkt wird, vermutlich eher augenzwinkernd, im Eckbeisl namens "Volkskammer Wismar" eine inzwischen untergegangene Fahne trotzig hochgehalten, Honecker-Bild und diverse Devotionalien im Lokal inklusive.

Poel

Die große Holzpelletsproduktion im Hafen von Wismar ist auch von der Insel Poel aus zu sehen, wo sie "Wolkenfabrik" genannt wird, weil aus dem hohen Schornstein stets weißer Rauch aufsteigt. Die Insel ist ein Geheimtipp für Menschen, die Ruhe suchen. 2700 Bewohnern stehen 7500 (Gäste-)Betten quasi gegenüber.

Es gibt ein paar sehr kleine Orte, eine Kurklinik, zwei Supermärkte, vier sehr schöne Strände – und sonst nichts. Oder besser alles: Wind, Sonne, sanft gewelltes Grün, Rad- und Reitwege, akkurat ausgeschildert. Nur zwei Hotels und einige kleine Pensionen werden von zahlreichen Ferienwohnungen und -häusern für Selbstversorger ergänzt. Diverse Sportmöglichkeiten werden ebenso geboten wie Fähren nach Wismar und Travemünde.

Natürlich ist am Strand manchmal großes Trara, wie überall, wo Kinder begeistert zugange sind. Aber davon abgesehen: Ruhe. Alles ist eine Spur kleiner als anderswo. Da passt ein Vogelschutzgebiet im Norden (Langenwerder) exakt dazu. Ungeklärt dagegen bleibt, wieso ein Ort hier Timmendorf und einer Timmendorf Strand heißt. Beides kennt man doch aus der Lübecker Bucht. Was wohl zuerst da war?

Leben entlang der Route

In Schwerin ist das Hotel Niederländischer Hof, direkt am Pfaffensee und in unmittelbarer Nähe der Altstadt gelegen, eine sehr gute Adresse zum Übernachten. Das Hotel beherbergt auch ein sehr gutes Restaurant (www.niederlaendischer-hof.de). Andere, durchaus originelle Möglichkeiten der Verköstigung: Weinhaus Wöhler (Puschkinstraße 26, www.weinhaus-woehler.de), Re­staurant-Café Prag (Schlossstraße 17) oder die Suppenstube (Puschkinstraße 55, genau gegenüber der Touristeninformation).

Wismar: In der Stadt gibt es zahlreiche kleine Hotels und Pensionen sowie einige Hotels großer Ketten. Eines davon ist das sehr moderne Vier-Sterne-Haus Steigenberger Hotel Stadt Hamburg, das direkt am zentralen Marktplatz und unmittelbar neben der Fußgängerzone liegt (www.wismar.steigen­berger.de). Ein guter Tipp etwa fürs Abendessen ist, nach einem Spaziergang zum alten Hafen, das Restaurant Seeperle, wo abends im "Oberdeck" in schöner Einrichtung Fisch aus eigener Räucherei, aber auch Muscheln, Austern und ein Mal wöchentlich auch Sushi serviert werden (www.seeperle-wismar.de). Bekannt sind u. a. auch das Restaurant "Alter Schwede" (Am Markt 19), das Café Glücklich (Weberstraße 20) und das Wiener Caféhaus No. 15 (Lübsche Straße 15), das diverse Eisspezialitäten anbietet.

Auf der Insel Poel gibt es nur zwei Hotels, das Inselhotel Poel ist modern und gleichzeitig gemütlich eingerichtet und wird von sehr freundlichem Personal geführt. Zu Strand und Vogelschutzgebiet sind es zu Fuß nur einige Hundert Meter (www.inselhotel-gollwitz). Eine sehr nette und beliebte Örtlichkeit ist das Café Frieda in Kirchdorf (Oertzenhof 4, www.cafe-frieda.de), wo es ausgezeichnete Kuchen und Torten gibt und auch ständig eine Galerie betrieben wird.

Bei der Vermittlung von Zimmern und Ferienwohnungen auf der Insel ist gerne die Kurverwaltung behilflich.

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