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Wie VW den Sprung in die Produktionswelt von Tesla schaffen will

Volkswagen will mit zehn Stunden pro Auto zu Tesla aufschließen - die Produktion wird stark vernetzt und digitalisiert.

03/31/2022, 07:49 AM

Volkswagen will mit der Trinity-Fabrik vor den Toren des Stammwerks in Wolfsburg die Produktivität um fast die Hälfte steigern. Erreicht werden soll das durch den Einsatz besonders großer Bauteile und Module, wodurch die Produktionszeit je Fahrzeug deutlich sinkt.

"Wir schauen uns im Moment verschiedene Konzepte an, um in der Trinity-Fertigung eine hohe Zahl an Einzelteilen einzusparen. Dazu gehören auch der Einsatz von Großgussbauteilen sowie von warm geformten Teilen", gibt VW-Produktionsvorstand Christian Vollmer der Nachrichtenagentur Reuters Einblicke in die Produktionsprozesse der Zukunft. Durch Großteile fallen im Karosseriebau Arbeitsschritte beim Schweißen und Kleben weg. Das erleichtert auch das Lackieren.

Perspektivisch soll die Zahl um mehrere hundert Bauteile je Auto verringert werden. Das wirke sich auf die gesamte Prozesskette aus, erläutert Vollmer, der auch für die Logistik zuständig ist. "Das ist ein wichtiger Beitrag, um unser Ziel zu erreichen, ein Auto in zehn Stunden zu bauen." Die verbleibenden Tätigkeiten sollen mit Hilfe von Robotern ergonomisch so gestaltet werden, dass sie für die Arbeitenden weniger belastend sind. Die Fertigung werde vernetzt, hoch digitalisiert, die Logistik werde in Echtzeit eingebunden und bekomme den Bedarf an Teilen zeitgleich elektronisch vom Lager mitgeteilt.

Verglichen mit der Produktion des SUV Tiguan im Stammwerk, wo ein Fahrzeug in 18 Stunden gefertigt wird, entsprächen zehn Stunden fast einer Halbierung der Zeit. Damit will VW zum US-Rivalen Tesla aufschließen, der rund 200 Kilometer weiter östlich in Grünheide bei Berlin gerade seine neue Fabrik eröffnet hat, in der das SUV Model Y hochautomatisiert vom Band läuft. Für Volkswagen-Chef Herbert Diess ist eine effiziente Produktion neben Batteriekosten wettbewerbsentscheidend, um Tesla in einigen Jahren als Marktführer bei E-Autos abzulösen.

Auch Tesla braucht rund zehn Stunden

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In Grünheide setzt der US-Elektroautobauer Tesla große Pressen ein, mit denen zunächst der hintere Teil der Fahrzeuge aus Aluminium gegossen wird. Irgendwann soll auch der vordere Wagen ausschließlich gegossen werden. Die Produktion eines Tesla dauert etwa zehn Stunden. Ähnlich macht es der Konzern in seinem Werk in Shanghai. "Durch den Guss, bei dem 6.000 Tonnen Druck ausgeübt werden, fallen Arbeitsschritte weg", sagte ein Sprecher bei der Werkseröffnung vergangene Woche. In der Fabrik mit anfangs rund 3.500 Mitarbeitern sind 700 Roboter eingesetzt. Bei der Endmontage werden Teile von drei Seiten angeliefert. Zwei große Roboter, intern "King Kong" und "Godzilla" genannt, heben die Karosserien jeweils in den nächsten Produktionsschritt.
 

VW bastelt noch an dem Konzept

VW bastelt noch am Konzept für die neue Fabrik, die 2026 ans Netz gehen soll. In den nächsten Wochen will man entscheiden, mit welchen Maßnahmen genau die Zahl der Bauteile reduziert werden kann. "Gleichzeitig prüfen wir, welche Rohstoffe bei den Materialien zum Einsatz kommen. Hier haben wir auch die Preisentwicklung im Blick", sagt Vollmer. Ein wichtiges Thema sei die Nachhaltigkeit. Die Reduzierung des CO2-Fußabdrucks in der Produktion sei wesentlicher Teil der Bemühungen um eine klimaneutrale Mobilität.

Mit der bisherigen Produktivitätssteigerung um fünf Prozent pro Jahr werde VW Tesla nicht einholen, betont Vollmer. Dazu sei ein Sprung nötig, der weit über das hinausgehe. Maßstab waren für Volkswagen lange die japanischen Autobauer, allen voran Toyota. Mittlerweile hätten die französischen Hersteller Stellantis und Renault die Fertigungszeiten in Europa deutlich verringert.

Anders als Tesla, der die Bauteile direkt im Werk Grünheide herstellt, will VW Großteile in seinem Kasseler Komponentenwerk fertigen und mit der Bahn nach Wolfsburg heranschaffen. Der Karosseriebau bei Trinity soll zudem deutlich kleiner dimensioniert sein als in den bisherigen VW-Werken, weil Arbeitsschritte automatisiert und zusammengefasst werden.

In der Trinity-Fabrik will VW Fahrzeuge auf der neuen SSP-Architektur (Scalable Systems Plattform) bauen, auf der in einigen Jahren über alle Marken hinweg rund 40 Millionen E-Autos stehen sollen. Diese elektrische Superplattform soll ab 2026 schrittweise die Architekturen mit Verbrennungsmotor (MQB, MSB, MLB) und vollelektrischem Antrieb (MEB, PPE) bei seinen Marken VW, Skoda, Seat, Audi und Porsche ablösen. Tesla-Chef Elon Musk hat sich bis 2030 20 Millionen E-Autos zum Ziel gesetzt.

Der Quantensprung in der Produktivität wird möglich, wenn die enorme Zahl an Fahrzeugvarianten bei VW zusammengestrichen wird. Mehrere Millionen möglicher Varianten - Motorisierung, unterschiedliche Teile für Links- und Rechtslenker, Ausstattung, Farbe, Bereifung und andere Details - sind ein Hemmschuh für die Produktion. Denn das erfordert eine aufwändige Logistik, wenn das richtige Teil immer zielgenau herangeholt werden muss. Auch das soll sich mit Trinity ändern.

Die Mitarbeiterzahl steht noch nicht fest. Vier Jahre vor Produktionsstart sei das auch nicht üblich, sagt Vollmer. Klar sei aber: "Im Vergleich zur Golf- oder Tiguan-Linie werden wir die Montage des Trinity mit weniger Personal schaffen." Personal baut VW üblicherweise durch Vorruhestandsregelungen ab. Ein größerer Stellenabbau sei kein Thema.

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