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E-Autos: In der Ladefalle - die Tücken mit der Abrechnung

Wer an einem falschen Ladepunkt steht, kann von einer saftigen Rechnung überrascht werden. Das System ist intransparent und ein Hemmschuh für die Verbreitung der Elektromobilität.

von Andrea Hlinka

12/19/2020, 04:00 AM

Elektroautofahrer heute sind Early Adopter, wie es in der Marktforschung heißt – und Pfadfinder. Denn wer nicht die richtige Ladestelle findet, kann Rechnungen von mehr als hundert Euro bekommen. Die dafür verantwortliche schlechteste Kombination: Ein älteres E-Auto an einen Schnellladepunkt eines Betreibers anzustecken, mit dem man keinen Vertrag abgeschlossen hat. In diesem Fall kann eine Stunde bis zu zwölf Euro und eine Vollladung bis zu 90 Euro kosten. Wer dann auch noch länger stehen bleibt als notwendig, ist schnell im dreistelligen Euro-Bereich. Denn bezahlt wird in Österreich für die Zeit, die das Auto mit der Ladestelle verbunden ist, nicht für die konsumierte Leistung.

Der Autobesitzer sieht zwar in seiner App, wann die Batterie vollgeladen ist, doch wie teuer der Ladevorgang tatsächlich ist, ist oft nicht gleich ersichtlich. „Das verärgert und frustriert die Menschen und ist eine Barriere für die Durchsetzung der Elektromobilität. Weil eine negative Mundpropaganda entsteht“, sagt Michael Soder von der Arbeiterkammer (AK). Der Wirtschaftswissenschafter erstellte heuer zum dritten Mal die AK-Studie zur Markt- und Preisanalyse des Sektors. 2020 wurden 36 Tarife von 18 Anbietern untersucht. Die Ergebnisse: Die Preisunterschiede zwischen dem günstigsten und dem teuersten Angebot sind groß. Das Laden von E-Fahrzeugen ist günstiger als das Tanken von Benzin oder Diesel (siehe Grafik). Aber: Der Markt ist intransparent, Preisvergleiche nahezu unmöglich.

Wachstumsschmerzen

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Wieso das so ist, erklärt Soder: „Einerseits gibt es keine einheitliche Form der Verrechnungseinheit, wie beim normalen Tanken die Literabrechnung.“ Einmal wird nach Kilowattminuten, einmal nach Kilowattstunden abgerechnet, aber immer, bis der Stecker wieder gezogen ist. Zum anderen seien zwar die meisten Ladesäulen geeicht, nicht aber die Verbindung zwischen Ladestation und Fahrzeug. „Dadurch entspricht die ausgeschriebene Ladekapazität nicht unbedingt der konsumierten Leistung.“

Hinter diesen Ungenauigkeiten liege keine Absicht. „Das sind die Wachstumsschmerzen eines jungen Markts und einer fehlenden klaren Regelung. Ähnlich den Anfängen des Mobilfunkmarkts, dessen Logik auf das Laden von Elektrofahrzeugen übertragen wurde.“ Doch müsse das Problem eingefangen werden, bevor die Technologie in die Masse geht. Eine Komponente dieser Art der Abrechnung ist aber bewusst kalkuliert: Ist die Autobatterie voll, soll der Lenker die Ladestelle frei für andere machen.

Die AK fordert, dass Preise und Konditionen gut sichtbar und einfach vergleichbar sind, eine einheitliche mengenbezogene Preisauszeichnung in Kilowattstunden und die Etablierung eines Preismonitoring. Soder ist positiv: „Es gibt erste Schritte in die richtige Richtung.“

Rechtliche Rahmen fehlt

Gleicher Meinung ist Ute Teufelberger. Sie ist Vorsitzende des Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEÖ) und somit die Interessensvertreterin von elf Energieunternehmen, die sich unter dem Dach des BEÖ finden. Darunter auch die größten Anbieter Wien Energie, EVN, Salzburg AG und die illwerke vkw. Sie fährt selbst einen E-Golf. „Ich kenne das Problem. Wir sind dran. Wir brauchen Rechtssicherheit und sind in intensiven Gesprächen mit allen Beteiligten.“ Das Problem, das Teufelberger anspricht, ist, dass die meisten Ladestellen zwar technisch in der Lage sind, nach tatsächlich geladenen Kilowattstunden zu verrechnen, doch fehlt dafür das rechtliche Rahmenwerk. Die großen Stakeholder, die das mitverhandeln: Die Betreiber der Ladestationen, deren Hersteller, die E-Mobility-Provider, das Umweltministerium und das Wirtschaftsministerium.

Der BEÖ schlägt vor, dass der Preis eine Kombination aus tatsächlich bezogenen Kilowattstunden und einer Parkgebühr- und Infrastrukturabgabe sein soll. „Alle wollen das Gleiche“, sagt Teufelberger. „Grundsätzlich muss man sich jedoch darüber im Klaren sein, dass man das Laden nicht mit dem Tanken an der Tankstelle vergleichen kann. Eher mit einem Handyvertrag.“

Wie das Laden funktioniert
Wie schnell ein Auto auflädt, hängt   von dem Ladestand und Ladeleistung der Batterie und der Ladestation ab: Der VW ID.3 zum  Beispiel ist mit einer Batteriegröße von 58 kWh oder 77 kWh zu haben. Er kann in einer Stunde bei  einem Wechselstromanschluss   rein rechnerisch  bis zu 11 kW aufnehmen. An einer Haushalts-/Schuko Steckdose mit 2,3 kW braucht er die ganze Nacht. An einer Schnellladestation   mit Gleichstrom geht es, je nach Leistung, rasant 

Zu Hause aufladen
Die Österreicher laden  ihr Fahrzeug  zu 80 Prozent zu Hause oder am Arbeitsplatz auf. 20 Prozent nützen  einen öffentlichen Ladepunkt. Mehr als 5000  öffentliche Ladestationen  bieten rund  15.000 Ladepunkte   

Tarife und Abrechnung
Laut AK-Gutachten  ist in Österreich der Vertragstarif mit der Abrechnung nach Zeit das dominante Tarifmodell. Direct-Payment Tarife, die das Ad-hoc-Laden und direkte Bezahlen an der Ladestation ermöglichen, sind die zweithäufigste Form. Von  den 36 Tarifen sind drei Pauschaltarife.  Die Durchschnittspreise liegen für 100 Kilometer  zwischen 2,95 Euro und 10,48 Euro  

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