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Technik

Batteriezellenforschung bei Daimler: Wohin die Reise geht

Prof. Dr. Dr. Andreas Hintennach leitet bei Daimler die Batteriezellforschung. Neben Grundlagen der aktuellen Lithium-Ionen-Zellen erklärt er, welche Zukunftstechnologien tatsächlich eine Chance haben.

04/08/2020, 03:00 AM

Batterien allgemein

Lithium-Ionen-Batterien sind heute die am häufigsten verwendeten Batterietypen in der Elektronik und in Elektrofahrzeugen. In den kommenden Jahren wird diese Technologie weiterhin das Tempo vorgeben, aber es ist noch mehr zu erwarten. Was die Bereiche Forschung und Entwicklung angeht, befolgen wir mehrere spezifische Leitprinzipien. Wir arbeiten fortlaufend an Innovationen und Alternativen, die über die Möglichkeiten von Li-Ionen-Batterien hinausgehen – nicht zuletzt hinsichtlich der Energiedichte und der Ladezeiten, aber auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit.

Öko-Bilanz von Elektrofahrzeugen

Die Herstellung des Verbrennungsmotors wurde in den vergangenen 133 Jahren stetig optimiert. Die Batterie und übrigens auch die Brennstoffzelle starten demgegenüber aufgrund des höheren Energiebedarfs aktuell mit höheren Emissionen ins Leben. Im Fahrbetrieb sind beide aber deutlich effizienter. Und das zahlt sich am Ende aus. Selbst wenn wir sie nicht mit CO₂-neutralem Strom betanken, verursachen Batteriefahrzeuge über den gesamten Lebenszyklus hinweg rund 40 Prozent weniger Emissionen als ein Benziner, und immerhin noch 30 Prozent weniger gegenüber dem Diesel. 

Einsatz von Recyclingmaterialien

In acht bis zehn Jahren wird es eine nennenswerte Anzahl von Fahrzeugbatterien für das Recycling geben. Dann werden vor allem Kobalt, Nickel, Kupfer und später auch Silizium zurückgeführt. Wir sind darauf schon heute sehr gut vorbereitet, die Prozesse sind da und auch die Möglichkeiten, Sekundärrohstoffe wieder in den Produktionskreislauf zu geben. Das machen wir aktuell unter anderem mit unseren Testbatterien. Der Aufbau eines funktionierenden Sekundärrohstoffmarkts hat für Europa eine wichtige politische Bedeutung, denn es besitzt kaum eigene Primärquellen. Wir tun aber natürlich alles dafür, dass Batterien zunächst so lange halten wie möglich.

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Materialien

Silizium wird künftig das Graphitpulver weitgehend ersetzen. Dadurch können wir die Energiedichte der Batterie noch einmal um 20 bis 25 Prozent steigern. Silizium ermöglicht es uns, auf der Kathodenseite Materialien einzusetzen, die sich mit dem heute eingesetzten Graphit nicht vertragen würden. Bei den aktuellen Generationen von Batteriezellen konnten wir den Kobaltanteil im Aktivmaterial (Nickel, Mangan, Kobalt und Lithium) von etwa einem Drittel auf weniger als 20 Prozent reduzieren. Im Labor arbeiten wir aktuell mit weniger als zehn Prozent und perspektivisch wird der Anteil weiter sinken. Es spricht auch chemisch viel dafür, möglichst ganz auf Kobalt zu verzichten. Je reduzierter die Materialmischung, desto leichter und effizienter ist auch das Recycling. Zudem sinkt der Energieaufwand in der chemischen Produktion, weil die Mischung einfacher herzustellen ist.

Alternativen zu Kobalt und Lithium

Das sind Materialien, die sich vor allem an Mangan orientieren, einem ökologisch betrachtet unbedenklichen, leicht aufzubereitenden Rohstoff. Es gibt für Mangan bereits ein exzellentes Recycling, weil es in Form von Alkalibatterien (nicht wieder aufladbare Batterien) schon seit Jahrzehnten genutzt wird. Die Aufgabe der Forschung ist es, diesen Batterietyp aufladbar zu machen. Wir gehen davon aus, dass die Technologie in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre marktreif sein wird. Eine weitere Alternative ist die Lithium-Schwefel-Batterie. Schwefel ist ein Abfallprodukt der Industrie, das fast nichts kostet, sehr rein ist und sich gut recyceln lässt. Es birgt große Herausforderungen in der Energiedichte, hat aber auch eine unschlagbare Ökobilanz. Bis diese Technologie für Pkw verfügbar ist, kann es aber noch Jahre dauern.

Feststoffbatterien

Diese Technologie hat eine sehr hohe Lebensdauer und enthält zudem weder Kobalt noch Nickel oder Mangan. Allerdings ist sie weniger energiedicht, daher relativ groß und zudem nicht schnell aufladbar. Deshalb lässt sie sich zwar für Nutzfahrzeuge gut einsetzen - ab Mitte 2020 werden wir diese Batterie in unserem Stadtbus Mercedes-Benz eCitaro einsetzen - nicht aber für Pkw. Hier wird uns die Lithium-Ionen-Batterie noch einige Jahre begleiten.

Zukunft

Lithium-Schwefel ist eine mögliche Alternative. Wenn wir das in heutigen Batterien eingesetzte Nickel und Kobalt durch Schwefel ersetzen, könnten wir die Nachhaltigkeit wesentlich erhöhen. Die Energiedichte bietet ebenfalls großes Potenzial, aber die Lebensdauer reicht noch nicht aus, und es wird noch eine Weile dauern, bis in diesem Bereich ein Durchbruch erreicht wird. Lithium-Luft-Batterien enthalten tatsächlich nur Lithium. Der Rest – also der Sauerstoff – kommt einfach aus der Luft. Chemisch gesehen ist es ein ähnliches Konzept, wie wir es in der Brennstoffzelle haben, wo wir Wasserstoff verwenden. Die Energiedichte wäre herausragend – aber diese Technologie liegt noch in weiter Ferne.

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