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Tests

Porsche Cayenne Hybrid: Mit Strom zum Bummeln und Brausen

Das lange Warten hat sich ausgezahlt. Im nun Diesel-freien Porsche-Stall erfüllt der neue Plug-in-Hybrid die Rolle des steuerbedingten Preisbrechers.

von Horst Bauer

07/19/2020, 04:00 AM

Es hätte für alle Beteiligten schneller gehen können. Seit sich Porsche im Gefolge des Diesel-Skandals (bei dem man durch die Diesel-Leihgaben von Audi unschuldig zum Handkuss gekommen war) entschlossen hatte, auf den Reichweiten- und Verbrauchsvorteil des Diesel ganz zu verzichten, klaffte eine nicht so rasch wie erhofft zu füllende Lücke im Angebot.

Diese wird mit dem jetzt endlich lieferbaren neuen Plug-in-Hybrid des Cayenne (den es mittlerweile ja auch in einer Coupè-Variante gibt) geschlossen. Vor allem in Österreich war die Zurückhaltung der potenziellen Kundschaft spürbar, die auf die mit dem heimischen Kfz-Steuerrecht verbundenen Vorteile eines Plug-In-Hybriden gegenüber einem Cayenne mit reinem Benzinmotor nicht verzichten wollten. Wer zahlt schon gerne fünfstellige Summen an NoVA an den Staat, wenn er gleiche bis bessere Fahrleistungen für weniger (Steuer-)Geld bekommen kann?

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Soviel zur Einordnung des neuen Porsche Cayenne Coupé E-Hybrid, den wir in einem ausführlichen Test auf seine Praxistauglichkeit abklopfen konnten. 

Gleich vorweg: Im Fahrbetrieb ist das Cayenne Coupé E-Hybrid ein echter Porsche – so sehr ein 2-Tonnen-SUV das eben sein kann. Der Vorteil des Coupés gegenüber dem normalen Cayenne liegt dabei vor allem in der Optik. Der große Porsche fürs Grobe wirkt auf der Straße etwas weniger massig und bietet immer noch ausreichend Platz im Inneren.

Reichweitenfrage

Der Kern der Sache ist aber natürlich der Plug-In-Antrieb. Die zentrale Frage (wie weit kann ich rein elektrisch fahren?) lässt sich nach ausreichend Praxis-Erfahrung wie bei allen Plug-in-Hybriden eindeutig beantworten: Das kommt ganz darauf an.

Im aktuellen Fall hat sich eine rein elektrische Reichweite von rund 32 km bis 38 km als realistisch erwiesen. Dies bei einem Durchschnittsverbrauch von 18 bis 21 kWh/100 km. Dabei kann man aber sowohl auf der Landstraße als auch auf der Autobahn gut im Verkehr mitschwimmen und muss sich auch bei den ebenfalls an der Strom-Nabelschnur hängenden Nebenaggregaten nicht in Verzicht üben. Wer es darauf anlegt und kein allzu forderndes Fahrprofil zu bewältigen hat (viel Stop-and-Go, Steigungen etc.) kann auch bis zu knapp 50 km weit kommen.

Für das Nachladen der Lithium-Ionen-Batterie steht ein Arsenal an Kabeln in einer gut vertäuten Soft-Box im Kofferraum zur Verfügung. Die nimmt zwar etwas Platz weg, hat aber den Vorteil, nicht wild durch den Kofferraum zu schlingern. An der normalen Haushaltssteckdose kann es über 12 Stunden dauern, bis die enleerte Batterie wieder voll ist. An der normalen Wallbox geht es in gut 3,5 Stunden. Und Schnelladen mit Drehstrom (ist grundsätzlich auch möglich) wird man hier wohl nur in Ausnahmefällen.

Dies nicht zuletzt deswegen, weil auch im Fahrbetrieb via Verbrennungsmotor nachgeladen werden kann. Via Befehl am Touchscreen kann der Batterie-Inhalt einerseits blockiert werden, um etwa für die Fahrt in eine Umweltzone immer ausreichend E-Reichweite zur Verfügung zu haben. Anderseits kann die Batterie so auch durch den Verbrennungsmotor im Fahren aufgeladen werden. Das passiert zudem automatisch in der Sport-Stellung der Fahrprogramm-Auswahl, weil hier alles so programmiert ist, dass immer ausreichend Strom für die Boost-Funktion des E-Motors zur Verfügung steht.

Denn E-Motor und Hochvolt-Batterie ermöglichen es nicht nur, mit dem Porsche Cayenne Coupé E-Hybrid lokal abgasfrei dahinzubummeln. Die Technik kann auch fürs Brausen genutzt werden. Dann nämlich, wenn man den Knopf auf dem Drehregler am Lenkrad drückt und sich alle Systeme in Sekundenbruchteilen auf „volle Leistung voraus“ einstellen. In dem Fall wird jedes verfügbare Kilowatt (egal ob von Verbrenner- oder Elektro-Motor) zur Unetrstützung des angeforderten Sprints abkommandiert. Und der erfolgt dann auch mit der von einem echten Porsche erwartbaren Vehemenz.

Ideal etwa zum Überholen, wenn man zuvor im sparsamen Hybrid-Modus dahingegondelt ist. Ein Druck aufs Knöpchen genügt, und der Straßenbedarf bis zum erneuten Einordnen auf der angestammt Fahrbahnseite schrumpft dramatisch.

Abgesehen von diesem Boost-Szenario wird der E-Motor auch bei – laut Bord-Anzeige – vermeintlich leerem Akku immer wieder automatisch dazu geschaltet, um den Verbrenner zu unterstützen oder kurzfristig ganz zu ersetzen. Das ergibt dann in der Verbrauchs-Statistik überraschend lange Zeiten im reinen E-Betrieb, obwohl man als Fahrer davon kaum etwas bemerkt hat.

Informationsflut im Cockpit

Im Cockpit passiert die Bedienung des Bordcomputers vor allem via Touchscreen. Die Fülle des Angebots führt jedoch dazu, dass nicht einmal die Auswahlmenüs auf eine Seite des zentralen Monitors passen: Daher muss oft gescrollt werden, wobei vielfach auf dem zentralen Monitor und dem Armaturen-Bildschirm vor dem Lenkrad redundante Infos gezeigt werden. Diese Informationsflut sinnvoll zu managen, ist im wahrsten Sinn des Wortes Einstellungssache. Dafür sollte man sich jedenfalls etwas Zeit im parkenden Auto nehmen, um nicht in die Versuchung zu kommen, den Job neben dem Fahren erledigen zu wollen. Das sollte nämlich auf jeden Fall die volle Aufmerksamkeit des Piloten bekommen. Es zahl sich in jeder Hinsicht aus.

Unterm Strich ist das Cayenne Coupé E-Hybrid der bessere, weil bei uns billigere Porsche Cayenne. Dies verdankt er dem Umstand, dass er viel Leistung mit einem elektrischen Feigenblatt verbindet. Wie groß dieses werden kann, liegt dabei in der Hand des Fahrers. Und das im wahrsten Sinn des Wortes (siehe die Häufigkeit der Verwendung des Ladekabels).

Und das Zusatzgewicht wegen des ganzen Hochvolt-Batterie-mit-E-Motor-Brimboriums fällt in keinem Porsche so wenig auf, wie in einem Cayenne.

Und als kleiner Hinweis an alle, denen der Cayenne auch als Coupé zu groß ist und die daher auf den nächsten Macan als Plug-in-Hybrid warten: Es zahlt sich nicht aus. Den nächsten Macan wird es nämlich frühestens in zwei Jahren geben - und dann auch nur mehr mit rein Batterie-elektrischem Antrieb.

Antrieb: Vollhybrid mit Allrad-Antrieb, 8-Gang Tiptronic S, 6-Zylinder-Benziner, Hubraum 2.995 cm³, max. Drehmoment 450 Nm, E-Motor mit 100 kW /136 PS, max. Drehmoment 400 Nm, Systemleistung 340 kW / 462 PS, System-Drehmoment 700 Nm.

Batterie: Lithium-Ionen-Hochvolt-Batterie mit 14,1 kWh

Fahrwerk: Aluminium Mehrlenker Vorder- und Hinterachse, ­6-Kolben-Aluminium-Monobloc-Festsattelbremsen vorn, 4-Kolben-Aluminium-Monobloc-Festsattelbremsen hinten, Porsche Traction Management (PTM): aktiver Allradantrieb mit elektronisch geregelter, kennfeldgesteuerter Lamellenkupplung sowie automatischem Bremsdifferenzial (ABD) und Antriebsschlupfregelung (ASR)

Maße: Länge x Breite x Höhe: 4.931 x 1.983 x 1.676 mm, Radstand 2.895 mm. Eigengewicht 2.479 kg, höchst zulässiges Gesamtgewicht 3.055 kg. Anhängelast gebremst/ungebremst 3.500 kg / 750 kg.

Fahrleistungen: Beschleunigung 0–100 km/h in 5,1 Sekunden, Spitze 253 km/h, Höchstgeschwindigkeit rein elektrisch 135 km/h. Norm-Reichweite elektrisch 23 - 43 km, Test-Reichweite 32 - 38 km, Emissionseinstufung Euro 6d-TEMP.

Verbrauch: Normverbrauch 3,2 - 3,1, l/100 km, CO2-Emissionen 72 - 75 g/km, Norm-Stromverbrauch 17,7 – 18,7 kWh/100 km, Test-Stromverbrauch 21 kWh. Benzin-Testverbrauch im gemischtem Verkehr (Autobahn, Landstraße, Stadt) im Schnitt 11,3 l/100 km.

Kosten: Listenpreis € 98.780,- Preis des Testfahrzeugs € 127.983,-

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