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Harley Davidson © Bild: SKARWAN.COM /Jürgen Skarwan
Motorradtest
20.07.2013

Harley-Davidson Softail Slim :The Dark Knight

Verknappt, verschlankt – und immer noch ein mächtiges Eisen.

Wenn es stimmt, dass in jedem Mann ein Cowboy steckt, dann ist tief drinnen auch irgendwo ein Harleyfahrer verborgen – denn trotz aller Versuche der gegnerischen Lager schafft es kein anderer, den Spirit von Lagerfeuer und Trapper-Einsamkeit, von den Rockys und Rodeo, von Las Vegas und Nashville so gut in Stahl zu gießen wie Harley-Davidson.

Harley Davidson © Bild: SKARWAN.COM /Jürgen Skarwan
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Was alle Modelle können, schafft die Slim mit einer noch präziseren Punktlandung – als schlankste, reduzierteste Spielart der Softail-Baureihe. Wobei man immer in Harley-Dimensionen denken muss: Mit 318 Kilo ist die Slim ungefähr so grazil wie die USS Eisenhower.

Aber gegenüber anderen Softails regiert die Schlichtheit. Sie versteht sich auch als Reminiszenz an den Bobber-Style, die Tuning-Mode nach dem Zweiten Weltkrieg. Da damals wenig schöne Teile zum Draufschrauben verfügbar waren, verlegten sich die Tuner eher aufs Abschneiden. Alles, was fürs Fahren nicht unbedingt notwendig war, wurde abgesäbelt.

Im Fall der Softail Slim musste zum Beispiel der Soziussitz dran glauben. Das mag unter manchen Umständen (langbeinige Anhalterin) vielleicht kurz ärgern, prägt den Charakter des „Steel Horse“ dank der Westernsattel-Optik noch besser aus.

Kurz und knapp ist der „gechoppte Fender“, wie der hintere Kotflügel im Harley-Deutsch heißt, und trägt nicht einmal eine Heckleuchte. Sie ist, wie man es von der Forty-Eight kennt, als LED-Lichtpunkte in die Blinker integriert; knapper geht’s nicht. Auch die zwei Schalldämpfer bleiben auf der unverspielten Seite.

Harley Davidson © Bild: SKARWAN.COM /Jürgen Skarwan

Stilistisches Leitmotiv ist die Farbe Schwarz: Der Retro-Lenker mit der Strebe, das Scheinwerfergehäuse, die Kühlrippen, der Luftfilterdeckel, der Stahlrahmen, sogar die Felgen – alles schwarz. Das Retro-Thema zieht sich weiter über die Drahtspeichen, die Trittbretter und den Nostalgie-Tacho; man merkt, dass es Harley offenbar sehr leicht fällt, dabei die richtige Tonlage zu treffen.

Eruptionen

Den richtigen Ton schlägt auch der Motor an. Der große Twin Cam 103 bringt das Motorrad in Wallung, prustet und bollert, räuspert und schüttelt sich.

Bis er sich beruhigt hat, kann man sich mit der Position am Motorrad vertraut machen. Bei einer Sitzhöhe von nur 60 Zentimetern schaut man fast den Ameisen ins Gesicht. Dafür werden die Füße weit vorne auf den Trittbrettern abgestellt, und die Hände umfassen den extrabreiten Lenker. Dafür ist der Sattel erstaunlich bequem.

Der Stadtverkehr ist nicht die Domäne der Softail Slim. Wegen des breiten Lenkers muss man sich beim starken Einschlag richtig vorbeugen und eine so ausholende Bewegung machen, als wäre man ein Zwergen-Croupier und müsste die Jetons eines Riesen abräumen.

Harley Davidson © Bild: SKARWAN.COM /Jürgen Skarwan

Aber überland, da wird’s lustig. Das Fahrwerk ist angesichts der Massen, die im Zaum gehalten werden wollen, souverän. Auch die Bremsen machen einen good Job, was man der einsamen Scheibe am Vorderrad kaum zugetraut hätte.

So schwingt man sich immer behänder um die Kurven, reitet auf der Monsterwelle des Drehmoments und genießt das Orchester der vielen mechanischen Geräusche, in das sich auch immer wieder die am Asphalt schmirgelnden Trittbretter einbringen. So werden sie nach jeder Kurve kleiner – ganz im Sinn des Bobber-Style.