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© Bild: REUTERS/ANDREAS GEBERT
Interview
28.11.2021

Porsche-Chef Blume im Interview: „Bauen Sport-, nicht Schlafwagen“

Porsche-Chef Oliver Blume über die elektrische Zukunft und die des 911

Der Porsche-Chef nahbar und gelassen – so zeigt sich Oliver Blume bei der Autoshow in Los Angeles. Kann er auch sein: für den Zuffenhausener Sportwagenbauer läuft es seit Jahren prächtig. Nach Kalifornien mitgebracht hat er eine weitere Version des Elektroporsche Taycan und den 718 Cayman GT4 RS . Blume spricht mit uns über alles, was die Autobranche derzeit massiv bewegt.

KURIER: Porsche und Kalifornien haben eine eigentümliche Liebesbeziehung.

Oliver Blume: Wir haben eine große Tradition in Kalifornien, es war der erste große Überseemarkt, der in den 1950er-Jahren erschlossen wurde. Wäre Kalifornien ein eigenständiger Staat, wäre es das fünftstärkste Land in unserer Volumenverteilung. Porsche steht für Träume, für Lebensgefühl – das passt zu Kalifornien und ist tatsächlich eine Liebesgeschichte hier.

In Kalifornien ist die Elektrifizierung großes Thema: Sie haben einen neuen Taycan dabei, nächstes Jahr folgt der E-Macan. Wie sieht die weitere Ausrollung aus und was passiert mit dem 911?

Der Taycan ist ein wichtiger Meilenstein unserer Strategie. Er ist ein elektrisches Fahrzeug und zugleich hundert Prozent Porsche. Wir kommen mit der Elektrifizierung schneller voran als gedacht, mehr als 40 Prozent aller in Europa verkauften Porsche sind elektrifiziert, als Plug-in-Hybrid oder vollelektrisch. Diesen Anteil wollen wir bis 2025 auf 50 Prozent weltweit steigern; 2030 auf 80 Prozent. Und zum 911: Den wollen wir als hoch emotionalen Verbrennungsmotor weiterlaufen lassen, eventuell mit sportlicher Hybridisierung. Dafür investieren wir in die Entwicklung von grünen synthetischen Kraftstoffen.

Wie sehen Sie Ihre Rolle, um die zu etablieren?

Wir müssen uns auch über die 1,3 Milliarden bestehenden Verbrenner-Fahrzeuge auf der Welt Gedanken machen. Deshalb der Ansatz, auch auf synthetische Kraftstoffe zu setzen. Singulär betrachtet braucht deren Produktion fünf Mal so viel Energie, wie das Erzeugen von Batterien. Aber produziert an Orten auf der Welt, wo nachhaltige Energie im Überfluss vorhanden ist – etwa in Chile – ist Effizienz kein dominierendes Thema. Wir wollen zeigen, dass eine Technologie wie E-Fuels funktioniert. Mit der bestehenden Infrastruktur und mit bestehenden Fahrzeugen wie dem 911. Für andere Verkehrssektoren wie die Luft- und Schifffahrt ist das übrigens entscheidend.

Werden Sie auch die Politik überzeugen? Im Moment ist es ja laut EU-Regulatorien nicht möglich, dass man in den Autos E-Fuels verbrennt.

Wir wollen mit guten Beispielen überzeugen. An die Elektromobilität haben viele auch lange nicht geglaubt. Wenn man grüne synthetische Kraftstoffe industrieübergreifend sieht, hat das umso mehr Gewicht. Wesentlich werden auch die Preise sein. Aktuell liegen wir bei über zehn Dollar pro Liter. Wenn man skaliert, größere Raffinerien baut, sehen wir das unter zwei Dollar, eventuell sogar bei einem Dollar je Liter. Dann wird das schon sehr attraktiv.

Man darf sich mit Technologien aber nicht verzetteln.

Da stimme ich zu. Die Elektromobilität wird die Technologie der Zukunft sein, aber wir haben noch einen langen Weg zu gehen. Ergänzend stellen wir uns in der Übergangsphase mit Hybriden und E-Fuels flexibel auf, um Nachhaltigkeit gesamtheitlich zu denken.

Weltweit sollen zehn Millionen Autos wegen der Halbleiter-Krise nicht ausgeliefert worden sein. Wie viele Autos waren es bei Porsche?

Die Halbleiterkrise hat uns genauso getroffen, wie andere. Rund zehn Prozent unserer Produktion haben wir dadurch verloren. Im Volkswagen Konzern haben wir aufgrund unserer besseren Ergebnisbeiträge aber einen gewissen Vorteil in der Zuteilung. Insgesamt sehe ich auch im nächsten Jahr enorme Herausforderungen.

Je mehr Elektrifizierung, desto mehr Halbleiter.

Das ist sicher so. Wir haben aktuell im Fahrzeug über 5.000 Halbleiter. Das wird sich bis 2025 verdoppeln.

Porsche schreibt Rekordzahlen. Woran kann der Börsegang noch scheitern?

Ein IPO für Porsche liegt allein in der Verantwortung des Volkswagen Konzerns. Wir verstehen das mediale Interesse. Unsere Marke weckt hohe Begehrlichkeiten – bei Kunden und auf den Finanzmärkten. Porsche hat ein extrem robustes Geschäftsmodell. Wir sind einer der erfolgreichsten Automobilhersteller der Welt. Trotz Corona-Krise steuern wir auf eine Rendite von 15 Prozent zu. Es gilt aber: die Entscheidung liegt allein beim Volkswagen Konzern.

Gäbe es für einen Börsegang eine Dringlichkeit?

Ich werde hier keine Dringlichkeit adressieren.

Stichwort autonomes Fahren: Braucht ein Porsche so etwas überhaupt?

Ich verspreche Ihnen, dass ein Porsche immer ein Lenkrad haben wird, dass es immer um Fahrspaß gehen wird. Nichtsdestotrotz gibt es Applikationen, die auch für Porschefahrer interessant sein können, etwa im Stau oder beim Parken. Wir setzen derartige Technologien ein, wenn sie reif sind und für unsere Fahrzeuge einen Sinn ergeben. Unterm Strich ist es aber so, dass wir bei Porsche Sportwagen bauen und keine Schlafwagen.

Welches Auto fahren Sie selbst?

Ich bin in der glücklichen Lage, alles fahren zu dürfen. Ich teste auch alle Modelle. Ich fahre sehr gerne 911 Targa, aber mein Hauptfahrzeug ist derzeit ein Taycan Cross Turismo, weil mich die Elektromobilität überzeugt und das Fahrzeug extrem leichtfüßig ist.

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