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Bauers Fahrtenbuch

Unterschätzte Problemzone: Das Auto als Datensammler

Was mit den Daten passiert, die moderne Autos generieren, ist der Kundschaft noch weitgehend egal. Das freut nicht nur die Autohersteller.

von Horst Bauer

02/11/2024, 04:00 AM

Es ist zugegeben nicht die kurzweiligste Lektüre.

Dennoch kann es sich lohnen, in jene Textwüste vorzudringen, in der Autohersteller die Nutzungsbedingungen und Datenschutzbestimmungen verräumt haben, denen beim Kauf eines neuen Modells zugestimmt werden muss. Oder spätestens dann, wenn die in der Werbung so groß herausgestellten Segnungen der digitalen Welt im Alltagseinsatz auch genutzt werden wollen.

Nach einem tieferen Einblick in das sprichwörtliche Kleingedruckte bleibt ein schaler Beigeschmack zurück. Trotz aller meist vorangestellter Beteuerungen, dass die im und mit dem Auto generierten Daten natürlich alleine dessen Besitzer gehören würden, kommt unterm Strich anderes heraus. 

Zwar ist die Zügellosigkeit aus den Goldgräberzeiten der ersten Digitalisierungswelle durch die europäische Datenschutzverordnung etwas eingedämmt worden. Aber letztlich bekommt die Autokundschaft noch immer keinen nachvollziehbaren und transparenten Überblick darüber, was mit ihren Daten tatsächlich geschieht. Weder, wer letztlich Zugriff darauf hat, noch, wer damit wieviel verdient.

Und Hinweise darauf, wo sie tatsächlich gespeichert werden, lassen sich in den Textwüsten ebenfalls kaum wo finden.

Welch große Bedeutung dem Auto als Datenlieferant in Hinkunft beigemessen wird, zeigen aber nicht nur die hektischen Aktivitäten der etablierten Hersteller, um den digitalen Schatz, den die Autos ihrer Kundschaft rund um die Uhr generieren, nicht Google, Microsoft & Co. zu überlassen. Sondern ihn selbst als dringend notwendige Monetarisierungsquelle zu nutzen.

Auch dass der chinesische Mobilfunk-Gigant Xiaomi gerade dabei ist, eine eigene Automarke auf die Räder zu stellen, zeigt, wohin die Reise geht.

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Fraglich bleibt jedoch, wie lange die versammelten Datenschürfer mit dem derzeitigen Fatalismus jener kalkulieren können, die Autos vorwiegend als Mittel ihrer individuellen Mobilität sehen. Und nicht als vernetzte Computer auf Rädern. Die sie großteils aber bereits sind.

Das bevorstehende Verlassen der Komfortzone seitens der Kundschaft könnte dabei aus zwei Quellen gespeist werden.

Einerseits aus der Erkenntnis, dass es hoch an der Zeit sei, einen entsprechenden Anteil an den Geschäften zu beanspruchen, welche die Autohersteller mit der Vermarktung der Daten machen.

Anderseits aus der Sorge darüber, welche staatlichen Stellen letztlich Zugriff auf die teilweise hochsensiblen Daten bekommen. Ganz unabhängig davon, ob die in den USA, in China oder bei der heimischen Polizei landen.

Spätestens dann wird es nicht mehr möglich sein, die selbstbewusstere Kundschaft in die Textwüste von unzulänglichen Nutzungsbestimmungen zu schicken. Und darauf zu hoffen, dass als Ergebnis auf die nervigen Zustimmungstexte die Bereitschaft zur Unterschrift steht. Die von der fatalistischen Erkenntnis genährt wird, dass „die ohnehin schon alles wissen von mir.“

Um die Beziehung zwischen Daten-Lieferanten und -Nutzern auf eine neue Basis zu stellen, wird wohl eine zertifizierte Daten-Transferstelle etabliert werden müssen. Die den Autofahrenden zeigt, welche Daten von ihnen tatsächlich erzeugt werden. Und Ihnen die Mittel in die Hand gibt, diese an interessierte Nutzer – für eine entsprechende Gegenleistung – weiterzugeben.

Doch das Bewusstsein für den Stellenwert von Autos in der digitalen Landschaft hinkt derzeit nicht nur beim Großteil der Privatkundschaft noch der Realität hinterher.

Sonst hätte sich die Aufregung darüber, dass heimische Behörden chinesische Elektroautos als Dienstfahrzeuge bestellen könnten, nicht nur aus wirtschaftlichen Überlegungen gespeist. 

Die App des chinesischen Anbieters TikTok auf dem Diensthandy wegen Spionage- und Datenschutzbedenken zu verbieten, aber gleichzeitig mit einem chinesischen Dienstauto ungleich mehr Daten abzuliefern, von denen nicht klar ist, wo sie landen, würde sonst wohl nicht unter einen Hut gehen.

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