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Analyse

Kommt das Aus vom Verbrenner-Aus oder beginnt der Elektro-Hype erst?

Wie eine Falschmeldung ganz Europa aufgerüttelt hat.

von Bernhard Gaul

04/05/2024, 02:00 PM

Seit März brodelt die europäische Gerüchteküche, ausgelöst durch einen Krone-Artikel mit der Schlagzeile: „Von der Leyens Umfaller: Verbrenner-Aus gekippt“. 

Zusammen mit leicht sinkenden Zulassungszahlen für E-Autos war das offenbar ein willkommener Anlass, auch für viele Politiker, das Narrativ aufzugreifen und über das Aus vom Verbrenner-Aus zu fabulieren.

Faktisch ist es genau das: ein Märchen. Denn Anlass für den Artikel war eine Abstimmung im Europaparlament zur Berechnung von Treibhausgasemissionen im Transportsektor. Der basierte auf Daten für die Stromproduktion ein EU-Schnitt von 2019. Denn kaum ein Land hat eine komplett fossil-freie Stromerzeugung, Schweden schafft nach aktuellen Daten 7 Gramm CO2 pro Kilowattstunde, Österreich lag 2022 bei 96 Gramm, Polen mit seinen Kohlekraftwerken kam übers Jahr gesehen auf 666 Gramm.

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Es macht eben einen Unterschied, ob ein E-Auto in Schweden, Österreich oder in Polen geladen wird. So weit, so klar. 

Mit dem geplanten Aus für Neuzulassungen von fossilen Verbrenner-Pkw hat das allerdings nichts zu tun.

Europa verschlief Verkehrswende

Es ist auch kein Geheimnis, dass die Elektroautobranche mit zahlreichen Problemen zu kämpfen hat. Etwa, dass die Europäer viel zu lange auf eine Weiterentwicklung von Verbrennern gesetzt und die E-Sparte zu lange nur als PR-Stunt behandelt haben. Nun zeigen die Amerikaner (das Tesla Model Y war im Vorjahr das meistverkaufte Auto der Welt, nicht nur das meistverkaufte E-Auto), die Koreaner und die Chinesen wie es geht: besser und billiger, innovativer und vor allem ohne Softwarefehler, die selbst im Luxus-Segment in Europa leider offensichtlich sind. 

Konkretes Beispiel: Vor wenigen Tagen präsentierte der chinesische Batteriehersteller CATL seine "Shenxing 95 kWh super-rechargeable battery": diese soll von 10% auf 80% in 11.5 Minuten geladen sein. Zudem bieten sie eine Garantie auf die Batterie von 1,5 Millionen Kilometer oder 15 Jahren.

Bei uns scheint das E-Auto außerdem Opfer seines eigenen Fortschritts geworden zu sein, denn wer jetzt neu kauft, muss davon ausgehen, demnächst für denselben Preis ein deutlich besseres Fahrzeug bezüglich Ladeleistung, Reichweite und damit Elektro-Effizienz zu bekommen. Beim Verbrenner gab es in der Entwicklung kaum mehr Luft nach oben, bei den E-Autos hat die Entwicklung erst vor wenigen Jahren so richtig begonnen.

Medial gab es aber ein weiteres Missverständnis: Die Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte nämlich zum Wahlkampfauftakt erklärt: „Oft wird vergessen, dass im Jahr 2026 eine Bestandsaufnahme und eine Überprüfung stattfinden werden, um sicherzustellen, dass es Offenheit gibt, was die Technologie betrifft, dass es Wahlmöglichkeiten für die Verbraucher gibt, aber natürlich auch Wahlmöglichkeiten für die Industrie, in welche Bereiche sie investieren will, und was die Mobilität der Zukunft für sie bedeutet.“

Damit hat sie exakt wiedergegeben, was im Gesetz zum Verbrenner-Aus steht. Nicht einmal die EVP fordert in ihrem EU-Wahlkampfprogramm ein Aus des Verbrenner-Aus. Und auch der Verband der Automobilindustrie sprach von „falschen Schlussfolgerungen“.

Das sieht man auch bei den Autokonzernen, weltweit und in Europa. Die meisten wollen lange vor 2035 nur mehr E-Autos anbieten. Der E-Hype dürfte also erst starten.

Nachsatz: Wie könnte es tatsächlich ein Aus vom Verbrenner-Aus gesetzlich werden?

Dafür braucht es nach den EU-Regeln eine doppelte Mehrheit: Im EU-Ministerrat müssten 55 % der Mitgliedstaaten dabei für den Vorschlag stimmen – in der Praxis bedeutet das 15 von 27; und diese müssen zusammen mindestens 65 % der Gesamtbevölkerung der EU ausmachen. Und das ist mehr als unwahrscheinlich. 

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