Autozukunft

Vernetzung: Damit die Fleischlaberl warm bleiben

Künftig sollen Autos selbst fahren, einander und andere warnen und uns auch noch bei Laune halten.

von Maria Brandl

09/23/2013, 07:12 PM

Das wäre ideal, wenn dort, wo Fahren keinen Spaß macht, der Lenker per Knopfdruck auf Automatik-Betrieb umschalten könnte. Ich fahre ja sehr gerne Auto, nur nicht im Stau so wie jetzt“, meinte der junge Deutsche, der sich durch den dichten Stop-and-go-Verkehr in Frankfurt Richtung Automobil-Ausstellung IAA quälte.

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Autonomes Autofahren stand heuer nicht nur im Mittelpunkt der IAA. Es ist die neue große Hoffnung vor allem deutscher Autohersteller. „Es geht um Industriepolitik. Um die Frage, wer in Zukunft die dafür nötigen Dienstleistungen anbieten wird, Europa, Asien oder die USA“, brachte Hermann Meyer, Chef von ERTICO, der Telematik-Dachorganisation in der EU zur Bündelung der einzelnen Initiativen und Entwicklungen, das Thema in Wien auf den Punkt (siehe Zusatzartikel). Will Europa wie bei den Lithium-Batterien den Platzhirschen hinterherfahren oder wie beim Dieselmotor selbst den Takt bestimmen? Bereits jetzt geht es um einen Riesenmarkt. Tendenz: stark steigend.

Großes Potenzial

Neben dem Potenzial als lukrative Geschäftsidee wird autonomem, auch als automatisiertes oder vernetztes Fahren bezeichnet, eine große Zukunft zur Verbesserung der Verkehrssicherheit (–30 % bei der Zahl von Getöteten und Schwerverletzten gegenüber heute) sowie zur Verkehrssteuerung (um 15 % weniger Staus ohne zusätzliche Straßen) prophezeit, aber auch zur Schadstoff- und Spritreduktion.

„Always-on“-Leute können zudem sicher sein, dass sie „ihr Leben nicht unterbrechen müssen, wenn sie in das Fahrzeug steigen“, so Prof. Herbert Kohler von Daimler auf dem jüngsten AVL-Symposium in Graz über den Anspruch vor allem junger Autokäufer in den USA. Künftige Autos werden auch Schnittstellen für die immer zahlreicheren „Apps“ haben. Derzeit schätzt man diese Funktionen weltweit auf rund 900.000.

Dass Google medienwirksam selbstfahrende Autos teste, bedeutet, so Stefan Kampmann, Bosch, zudem keineswegs, dass Google Autohersteller werden wolle, sondern vielmehr die so gewonnene Zeit der Autolenker in Richtung seiner Internet-Dienste dirigieren wolle. Kampmann zeigte auf dem Symposium die neuen Möglichkeiten der Vernetzung auf: Ähnlich wie Google oder Amazon Ladenhüter durch gefinkelte Besprechungen zu Bestsellern machen, könnten künftig Autos etwa „im Sinne der Ökologie“ zu Burger-Läden gelotst werden, wo gerade Fleischlaberln kalt zu werden drohen.

Vorhandene Technik

Die Basis ist heute jedenfalls weitgehend vorhanden (siehe Grafik). „Die Technologie ist nicht mehr der begrenzende Faktor“, sagte Reiner Höger, Conti, auf dem AVL-Symposium. Vielmehr gehe es jetzt um die Integration vieler einzelner Funktionen, um Datensicherheit, um Kosten, um Redundanz. „Was passiert in einem Funkloch?“, fragt Höger. Und: „Wie vertragen sich die unterschiedlichen automatisierten Autos auf der Straße?“ Nicht geklärt sei auch die Kundenakzeptanz.

Eine Studie von Conti, VW und Volvo habe etwa ergeben, dass Lenker nach einer anfänglichen Skepsis den elektronischen Systemen im Auto plötzlich voll vertraut und Dinge zugeschrieben haben, die die Elektronik nie erfüllen kann. Das sei, so Höger, ein ernstes Problem für die Produkthaftung.

Automatisiertes Fahren bedeutet aber auch enorme Datenmengen, die große Rechner erfordern, die allein fürs Kühlen Unmengen an Energie brauchen. „Wir müssen aufpassen, dass wir mit dem Verarbeiten der Datenmengen nicht mehr CO2 erzeugen als mit dem Autofahren selber“. so Höger.

Skeptiker

Noch zu lösen ist aber auch die Sicherheit der Daten. Allein die Einführung von eCall (automatischer Notruf) in einigen Autos, wo die genaue Position, aber auch andere Angaben über den Lenker an eine Notrufstelle mitgeschickt werden, habe bereits zu zahlreichen Beschwerden geführt, so Thomas Kranig, Präsident des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht.

Mark Templin, Lexus, dagegen meinte auf der IAA im Motor-KURIER-Gespräch, dass Lexus automatisiertes Fahren vorerst nicht anstrebe: „Wir wollen mit Fahrerassistenz den Lenker unterstützen, ihn aber nicht des Fahrens entwöhnen.“

Von der Maut zum Management

Eingebettet ist das automatisierte Fahren in den Komplex Verkehrsmanagement, Telematik (ITS). Österreich hat hier durch den 2012 in Wien veranstalteten ITS-Weltkongress einen enormen Schub erhalten. Bereits jetzt lukriert der Bereich fast 5 Mrd. €, so Ingolf Schädler vom BMVIT (Verkehrsministerium) auf der ITS Austria Konferenz vor Kurzem in Wien in der Wirtschaftskammer. Betriebe wie Siemens oder Kapsch genießen laut Schädler als Telematikspezialisten Weltruf.

Zu den größten ITS-Projekten, die in Österreich kurz vor dem Marktstart stehen, zählt die Verkehrs-Auskunft Österreich (VAÖ), die ähnlich verkehrsmittelübergreifend funktionieren soll wie die Internetauskunft AnachB im Großraum Wien. Ein anderes Großprojekt lautet: „Infrastruktur spricht mit Auto“. Dabei sollen Ampeln etwa in der Nacht flexibel auf den Verkehr reagieren und nicht dem einzigen Auto weit und breit „Rot“ zeigen.

Noch unklar sei, wohin der Trend beim Autoverkehr gehe, so Schädler, ob Richtung E-Mobilität oder doch nicht. Vielleicht bringt der heuer in Tokio stattfindende ITS-Kongress, der im Zeichen des selbstfahrenden Autos steht, nähere Aufschlüsse.

Für Josef Fiala, ITS-Austria-Chef, ist wichtig, „das Mobilitätsbedürfnis beim tatsächlichen Kunden zu verstehen.“ Für Hermann Meyer, Chef von ERTICO, ITS-Dachverband der EU, ist Telematik „die billigste Lösung, um die Mobilität zu erhalten.“ Gearbeitet wird im Verkehrsministerium aber auch daran, mit Telematik die „Lebensmittelversorgung auf dem Land auch in Zukunft zu sichern, unabhängig von der Mobilität der Kunden“, sprich, unabhängig davon, ob sie Auto fahren oder nicht.

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