Batterien verursachen bis zu 60 Prozent der Gesamtemissionen der E-Auto-Produktion. Die meisten werden in Asien hergestellt, mit 70 Prozent ist China Top-Player. China führt auch die Liste der emissionsintensivsten Akku-Produktionsverfahren an: In Schweden ist das Emissionsniveau pro kWh nur halb so hoch.

Batterien verursachen bis zu 60 Prozent der Gesamtemissionen der E-Auto-Produktion. Die meisten  werden  in Asien hergestellt,  mit 70 Prozent ist China Top-Player.  China führt  auch die Liste der emissionsintensivsten Akku-Produktionsverfahren an: In Schweden  ist das Emissionsniveau pro kWh nur halb so hoch.
 

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E-Autos und der Akku Schrott: Wohin mit den alten Batterien?

E-Autos boomen. Was tun mit den bald anfallenden Millionen Tonnen Akku-Schrott? McKinsey Batterieexperte Martin Linder im Interview.

von Teresa Richter-Trummer

06/10/2023, 04:43 AM | Aktualisiert am 06/10/2023, 04:43 AM

E-Autos binden sich gerne ein grünes Mascherl um. Aber in Sachen Akkus gibt es umwelttechnische Fragezeichen. Schon ihre Herstellung hat einen großen CO2-Fußabdruck. Offen ist auch das Recycling: Werden die Akkus nun zum Umweltproblem? Oder zum guten Geschäft?  McKinsey Batterieexperte Martin Linder im Gespräch. 

Gemäß McKinsey-Studie ist die Produktion der Lithium-Ionen-Batterien die größte Quelle von CO2-Emissionen bei der Herstellung von E-Autos. Warum ist dieser Wert so hoch?
Das liegt weitestgehend an den Emissionen, die innerhalb der Lieferkette entstehen, sprich im Bergbau, aber auch in der Verarbeitung der einzelnen Zwischenprodukte wie Nickel oder Lithium zu Batteriematerialien. Hierbei handelt es sich um energieintensive und komplexe Prozesse, in denen die Rohmaterialien zu Aktivmaterialien gemacht werden. Das trägt zu dem hohen CO2-Fussabdruck einer Batterie bei. Tatsächlich finden sich etwa drei Viertel aller Batterieemissionen in der Lieferkette und nicht in der Zellherstellung und Batterie-Packproduktion selbst. Aber auch die Batterie-Zellherstellung ist hierbei nicht zu vernachlässigen, vor allem in Regionen mit CO2-intensivem Strom.
 
Hat die Industrie Mittel, diese Emissionen zu reduzieren?
Ja, drastisch, etwa durch den Wechsel auf grünen Strom in der Zellherstellung und in der Produktion von Aktivmaterialien für Kathoden und Anoden. Und auch durch die Auswahl besonders nachhaltiger Rohstoffe aus Minen mit weniger Energie-intensiven Fördermöglichkeiten. Wir schätzen, dass bis 2025 die durchschnittlichen Emissionen in der Batterieherstellung auf etwa 85 kg CO2 pro hergestellter Kilowattstunde reduziert werden können. In Zukunft wird es möglich sein, Batterien mit weniger als 20 kg CO2/kWh herzustellen. Einzelne Zellhersteller haben sich bereits heute dieses Ziel gesetzt.
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Die Frage, wie lange Akkus halten, stellt sich immer wieder: Wann haben die Akkus wirklich ausgedient?
Wie lange eine Batterie tatsächlich hält, hängt stark von dem Nutzerverhalten ab. Grundsätzlich sehen wir im Markt, dass Elektroautos inklusive ihrer Batterien ähnlich lange genutzt werden können wie heutige Verbrenner, wenn nicht sogar noch länger. Zahlreiche E-Autos haben bereits heute über hunderttausend Kilometer drauf - in einigen Fällen viel mehr - und sie werden weiterhin gefahren. Reicht die Leistung der Batterie für eine Nutzung im Auto tatsächlich nicht mehr aus, ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten. Einzelne Module, die noch besonders leistungsfähig sind, können in E-Autos als Ersatzteil oder in anderen Transportmitteln mit geringeren Leistungsanforderungen wiederverwendet werden. Aber auch ein „Second-Life" in gänzlich anderen Anwendungen wie etwa Energiespeichersystemen wird oft in Betracht gezogen. Letzten Endes haben Batterien erst dann ausgedient, wenn sie recycelt werden, um die in ihnen enthaltenen wertvollen Metalle wiederzugewinnen. Durch das Recycling werden „End-of-Life“ Batterien ein immer wichtigerer Bestandteil der Rohstoffversorgung.
 
Auch in Österreich kommen immer mehr Stromer auf die Straße: Wann erwarten Sie bei uns den ersten „Schwung“ an Akkus, die Recycling nötig haben?
Tatsächlich wird Recycling sehr schnell für die Industrie relevant werden. Das liegt an den zahlreichen Batterieproduktionsstätten, die gerade vielfach auch in Europa aufgebaut werden. Im Produktionsprozess entsteht Ausschuss, welcher recycelt werden muss. Erst ab 2030 gehen wir davon aus, dass „End-of-Life“ Batterien aus Fahrzeugen, die dem Recycling zugeführt werden, gegenüber Produktionsausschuss überwiegen. Dies liegt daran, dass der Produktionsausschuss unmittelbar anfällt, die Batterien aus Altfahrzeugen aber erst deutlich später - etwa nach 13 und mehr Jahren -, während die Batterieproduktion derzeit mit mehr als 30 Prozent pro Jahr zunimmt.
Stimmen die Berichte, dass mit der zunehmenden Elektrifizierung der Mobilität Millionen Tonnen an Akku-Schrott auf uns zukommen - für die wir noch nicht vorbereitet sind?
Es stimmt, dass die heutige europäische Recyclingkapazität den in Zukunft erwarteten großen Rücklauf von Batterieschrott nicht deckt. Aber die Industrie hat diese Wachstumschance frühzeitig erkannt und es wurden europaweit über 50 Recyclinganlagen angekündigt, die unterschiedliche Teile der Lieferkette abdecken. Wir erwarten ein starkes Wachstum, welches zahlreichen neuen und etablierten Spielern einen Markteintritt ermöglichen wird.
 
Wie kann man mit den Akkus von E-Autos am besten umgehen: Wie werden die Auto-Batterien derzeit recycelt oder endgelagert? Und wo?
Am ökonomischsten und nachhaltigsten geht man mit E-Auto Batterien um, indem man den Wert, den die Batterie als Produkt darstellt, maximal ausnutzt. Dies gewährleistet man, indem man gegenüber allen möglichen sogenannten End-of-Life Optionen offen bleibt. Sollte der Leistungszustand der Batterie weder ein Reuse, noch die Wiederverwendung im Auto, oder ein Second-Life - sprich die Wiederverwendung als Energiespeicher - rechtfertigen, so lässt sich der Restwert der in der Batterie enthaltenen Metalle durch Recycling wiedergewinnen. Hierfür wird die Batterie nach der Diagnose zum Recykler geschickt, wo sie klassifiziert, entladen und demontiert wird. Die einzelnen Module oder Zellen werden anschließend einer Zerkleinerung zugeführt, gefolgt von einem Sortierungsprozess in dem die sogenannte Schwarzmasse wiedergewonnen wird: Also das Produkt, welches die wertvollen Metalle wie Nickel, Cobalt und Lithium enthält. Diese Schwarzmasse wird dann weiter metallurgisch aufbereitet, um die einzelnen Batteriemetalle zurückzugewinnen, sodass sie wieder in neuen Batterien verwendet werden können. Zahlreiche kleinerer solcher Anlagen gibt es bereits heute in Europa und viele weitere deutlich größere werden aktuell aufgebaut oder sind in Planung.

Nach zehn Jahren haben Auto-Akkus noch 70-80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität. Wie könnte eine sinnvolle Second-Life Verwendung aussehen? Wird dieses Potenzial schon genutzt?

Am sinnvollsten gestaltet sich ein Second-Life mit vielen gleichen oder sehr ähnlich designten Batterien, sodass man die Herstellungskosten der Second-Life Lösung sowie die Installations- und die Instandhaltungskosten möglichst niedrig hält. Es gibt zahlreiche Unternehmen, die sich auf die Herstellung von stationären Stromspeichern aus Second-Life Batterien spezialisiert haben und sich bereits heute im Markt positionieren. Durch die hohe Strompreisfluktuation in jüngster Zeit hat dieses Business Modell auch stark an Attraktivität gewonnen. Auf lange Sicht kann diese Technologie auch dazu beitragen, den Strompreis trotz raschem Wechsel auf erneuerbare Energiequellen zu stabilisieren. Dennoch bleibt die Konkurrenz für Second-Life Batterien einerseits die Verwendung neuer Zellen mit spezifischer und oftmals günstigerer Zelltechnologie für stationäre Anwendungen und andererseits die Verwendung von ausreichend guten Altbatterien als Ersatzteil für Gebrauchtfahrzeuge.
 
In Asien, wo bereits deutlich mehr Stromer unterwegs sind, ist Batterierecycling bereits ein größeres Thema. Was kann man hier lernen? Welche Verfahren sind vielversprechend?
Vor allem China ist hier den westlichen Märkten deutlich voraus. Und der enorme Ausbau von Recyclingkapazitäten dort zeigt, dass Batterierecycling ein profitables Geschäft sein kann. China zeichnet sich vor allem durch ein sehr dezentrales Netzwerk an Shreddern aus, welche die Batterien in Schwarzmasse umwandeln. Die Schwarzmasse wird dann zentral von großen Spielern in hydromettallurgischen Anlagen aufbereitet, um die Batterierohstoffe wiederzugewinnen. Eine Dezentralisierung des Recyclings – insbesondere der Herstellung der Schwarzmasse – sollte auch in Europa angestrebt werden, da damit Logistikkosten deutlich reduziert werden können.
Laut McKinsey Studie wird Batterierecycling, von der Sammlung bis zur Metallrückgewinnung, auch ein lukratives Geschäft: Die Einnahmen werden bis 2040 auf mehr als 88 Mrd. Euro pro Jahr ansteigen. Könnten heimische Player hier mitmischen?
Der Aufbau einer Recyclinganlage macht immer Sinn, wenn es genug Akkus gibt, die verarbeitet werden können. Da in Österreich aktuell keine große Batteriefabrik geplant ist, kommt es besonders auf die Zulassungsrate von E-Autos im Land an. Aber auch die Verarbeitung von Schwarzmasse als alleinstehendes Lieferkettenglied könnte in Österreich stattfinden. Die Schwarzmasse könnte aus ganz Europa bezogen werden. Das metallurgische Fachwissen könnte man sich aus heimischen Quellen holen. Die Rahmenbedingungen sind durchaus gegeben.
 
„Momentan sind die Batterien alles andere als recyclingfreundlich gestaltet“, kritisierte kürzlich Physiker Kai Peter Birke, Uni Stuttgart sowie Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen beim Recycling?
Derzeit liegt der Fokus der Batterieproduzenten darauf, schnell ausreichend lokale Kapazität aufzubauen, um die stark steigende Nachfrage decken zu können. „Design for Recycling“ spielt aktuell daher eine eher untergeordnete Rolle, wird aber von einzelnen Zellherstellern und auch Autoherstellern klar adressiert. Vor allem einige zellintrinsische und äußere Faktoren werden von den Recyclern intensiv bearbeitet. PVDF etwa, welches nahezu immer als Binder in der Elektrodenproduktion verwendet wird, erschwert bei der Materialtrennung nach dem Shredding das Ablöseverhalten der Elektrodenbeschichtung von der Folie und hat damit Einfluss auf die Rückgewinnungsrate der Schwarzmasse. In vielen Fällen hilft nur eine Pyrolyse, also eine Hitzebehandlung des geschredderten Materials. Aber auch externe Faktoren wie etwa zahlreiche Zell- und Moduldesigns machen eine Automatisierung der Batteriedemontage sehr schwierig. Dieser Prozess wird bis heute meistens manuell durchgeführt. Oft wird das Innere des Batteriegehäuses aber auch mit einem Schaum nahezu zementiert, welches eine Demontage quasi unmöglich macht. Hier kann man nur noch das gesamte Pack als Ganzes shreddern, eine Praxis die von Recyclingunternehmen wie Li-Cycle in den USA bereits praktiziert wird. Wir sind aber davon überzeugt, dass regulatorische Anforderungen wie der „Battery Passport“ mehr Transparenz schaffen und dem „Design for Recycling“ einen neuen Schub geben werden.
Auto-Akkus stehen nicht nur wegen des Recyclings in der Kritik sondern auch wegen Umwelt- und arbeitsrechtlichen Fragen bei der Gewinnung der Rohstoffe. Ein ehemaliger Auto-Boss liess kürzlich aufhorchen als er meinte: „Dank Recycling wird das Thema  bald erledigt sein.“ Darf man hier optimistisch sein?
Recycling könnte in der Tat ein Standbein für die Rohstoffversorgung der Batterieindustrie werden. Und damit weniger ein Problem, als eine Lösung für die Batterieindustrie. Allerdings ist dies erst eine Lösung für das kommende Jahrzehnt. Kurzfristig müssen ökonomische und ökologisch sowie gesellschaftlich nachhaltige Lösungen für die Beschaffung von Rohstoffen aus sogenannten Primärquellen, also dem Bergbau, gefunden werden. Maßnahmen wie die Sorgfaltspflicht in der Lieferkette und der „Battery Passport“ werden maßgeblich dazu beitragen.

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