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Historie

Wie die Autos von Jaguar zu ihrem Namen kamen

Vor 80 Jahren wurde die Swallow Sidecar Company in Jaguar umbenannt. Die Anfänge der Marke und ihre ersten Ikonen.

von Michael Andrusio

07/25/2015, 01:20 PM

Streng genommen gibt es "Jaguar" bereits seit 1922, doch der heutige Markenname wurde von Firmengründer William Lyons (1901-1985) erst nach dem Krieg eingeführt. Die Jaguar-Geschichte begann – wie der Firmenname Swallow Sidecar Company schon sagt – mit dem Bau von Motorradbeiwagen in einem kleinen Werk in Blackpool. Schon die in der Form eines Zeppelins geformten Seitenwagen verrieten das Gespür Lyons für besondere Formen. Erfahrungen im Automobilbau erwarb das junge Unternehmen ab 1927 mit dem Bau kompletter Karosserien für den kleinen Austin Seven, den Morris Cowley oder Chassis von Swift, Wolseley, Standard und Fiat. Schnell wurden die Räumlichkeiten zu eng: Daher zog das Unternehmen 1928 ins 150 Kilometer entfernte Foleshill am Nordrand von Coventry um – in das Herzland der britischen Automobilindustrie, den Midlands.

Die erste Eigenkonstruktion, der S.S. 1 von 1931, erwies sich trotz der zu dieser Zeit herrschenden wirtschaftlicher Depression als großer Erfolg. Zwischen 1936 und 1940 entstand unter dem seit 1933 neu eingeführten Firmennamen „S.S. Cars“ eine ganze Modellpalette, die bis zum S.S. 100 „3 ½ litre“ mit 125 PS reichte. Ihn gab es als viertürige Limousine und zweitürigen Roadster.

Jaguar als Beiname

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Im Oktober 1935 erschien erstmals ein S.S.-Modell mir der Zusatzbezeichnung „Jaguar“ – in der neuen S.S. 2 ½ litre Limousine, der Zylinderkopf-Spezialist Harry Weslake eine Leistungsspritze von 73 auf 100 PS spendierte. Für die Vorstellung wählte William Lyons das vornehme Mayfair Hotel in London.

Ebenfalls noch 1935 debütierte mit dem SS100 der erste „echte“ Jaguar Sportwagen. Dessen 2,5 Liter großer Reihensechszylinder wurde dank Harry Weslakes Tuningkünsten nun nicht mehr von seitlichen, sondern oben liegenden (OHC) Ventilen versorgt. Zusammen mit einer ausgeklügelten Leichtbauweise wurde das Auto so zu einem regelrechten „Flyer“. Unter Beweis gestellt von William Lyons, der mit dem Auto bei einer Club Rallye in Blackpool den Rekord für einen „halbe Meile Sprint mit Hindernissen“ um 6,6 Sekunden unterbot. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h und einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in etwas über zehn Sekunden war dieser „Jaguar“ auch prädestiniert für Erfolge im Motorsport. 1936 gewann ein SS100 bei der internationalen Alpenfahrt einen „Coupe des Glaciers“ - und blieb 1937 auch bei der RAC Rallye siegreich. Das als „Old Number 8“ bekannte Siegerauto der Alpenfahrt wurde als Testträger für einen auf 3,5 Liter vergrößerten Motor genutzt, der Kunden ab 1938 angeboten wurde. Für die British Motor Show von 1938 entwarf Lyons eine wunderschöne Coupé-Version des SS100 mit Art Deco Details. Leider blieb sie aufgrund des ausbrechenden Weltkriegs ein Einzelstück.

Mit den S.S. Jaguar-Modellen assoziierten Kenner bald Kraft und Geschmeidigkeit. Zugleich sahen sie besser aus und waren übrigens auch günstiger als die Konkurrenz.

Jaguar statt SS

Ab März 1945 fiel die Bezeichnung „S.S.“ komplett weg - sie war am Ende des zweiten Weltkriegs eindeutig zu negativ besetzt. Als Markensignet der neuen Jaguar Cars Ltd. ersetzte die springende südamerikanische Raubkatze die Schwalbe der ehemaligen Swallow Company. Die neue Ära begann sofort mit einem Paukenschlag: Auf der London Motor Show im Oktober 1948 feierte mit dem XK 120 der Urahn der XK-Baureihe Premiere. Der eigentlich nur als Ersatz für eine nicht rechtzeitig fertig gewordene große Limousine gedachte Roadster verzückte das Publikum auf Anhieb. Der XK 120 veränderte die bis dahin geltenden Vorstellungen von einem Sportwagen grundlegend, öffnete für Jaguar den bis heute wichtigen amerikanischen Markt und legte über den Sechszylinder-Reihenmotor den Grundstein für spätere Rennsiege.

Es gab den XK zunächst als offenen OTS (Open Tourer Sports) und (ab 1951) geschlossenen FHC (Fixed Head Coupé). 1953 folgte noch das Drop Head Coupé (DHC), eine Kreuzung aus beiden mit gefüttertem Verdeck und Kurbelfenstern statt Steckscheiben. Nur die ersten 240 Exemplare wurden komplett mit einer Aluminiumhaut überzogen; danach kam Stahl zum Einsatz, nur Hauben und Türen bestanden weiterhin aus Leichtmetall.

Zur großen Beliebtheit der Baureihe trug der neue XK-Sechszylinder bei, der in leistungsgesteigerter Form auch das Herzstück der Jaguar Le Mans-Rennwagen C-TYPE und D-TYPE bildete. 160 PS Leistung verhalfen schon frühen XK 120 zu einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h. Im von Harry Weslake entwickelten Aluminium-Zylinderkopf mit seinen halbkugeligen Brennräumen rotierten zwei oben liegende Nockenwellen. Zur Spritzigkeit kam eine hohe Zuverlässigkeit: Laufleistungen von über 150.000 Kilometern waren bei vorschriftsmäßiger Wartung keine Seltenheit.

Der 1956 zum Ritter geschlagene William Lyons wusste die Qualitäten des XK 120 werbewirksam unter Beweis zu stellen: So flog Jaguar am 30. Mai 1949 eine Gruppe Journalisten in einer gecharterter Sabena DC3 über den Ärmelkanal nach Belgien. Dort stand mit einem schnurgeraden, abgesperrten Teilstück der noch nicht fertiggestellten Autobahn Brüssel-Oostende bei Jabbeke ein ideales Terrain für Rekordfahrten zur Verfügung. Jaguar-Testfahrer Ron Sutton enttäuschte die Pressevertreter nicht und trieb einen nur leicht modifizierten XK120 auf 213,386 km/h. Damit untermauerte das Auto seinen Anspruch, der schnellste in Serie gefertigte Sportwagen seiner Zeit zu sein.

Im August 1952 stellte Jaguar mit einer weiteren Rekordfahrt auch die Dauerhaltbarkeit eines XK eindrucksvoll unter Beweis. Dazu hatte man eine Woche lang das Autodrom von Monthléry bei Paris gemietet. Unter dem Motto „Sieben Tage, sieben Nächte“ spulten Stirling Moss, Jack Fairman, Bert Hadley und Leslie Johnson mit einem bronzefarbigen Coupé 27.113 Kilometer mit einem Schnitt von 171 km/h ab. Damit holten sie gleich neun Weltrekorde nach England. Eine Inspektion ergab, dass der Verschleiß der Kurbelwelle trotz einer Laufzeit von insgesamt 30.000 Kilometern noch innerhalb der Fertigungstoleranz lag.

Erfolge im Motorsport

Auch im internationalen Motorsport hinterließ der XK 120 seine Spuren: Sein Renndebüt bei der Daily Express Trophy in Silverstone 1949 endete gleich mit einem Doppelsieg. 1950 übertrug Jaguar einen von sechs speziell für Renneinsätze umgerüsteten XK an das Nachwuchstalent Stirling Moss. Im strömenden Regen ließ der erst 20jährige Stirling bei der berühmten Tourist Trophy im irischen Dundrod alle Gegner hinter sich.

Auch auf den internationalen Rallyepfaden machte der XK 120 Furore. Der Belgier Johnny Claes holte zusammen mit Jaques Ickx den Sieg bei der damals sehr populären Fernfahrt Lüttich-Rom-Lüttich. Ein anderer Roadster mit der englischen Zulassung NUB 120 gehörte zu den erfolgreichsten XK 120 überhaupt. Mit vier Siegen bei der Alpenrallye unter Ian Appleyard und seiner Frau Pat (Tochter von Sir William Lyons) sowie weiteren Erfolgen bei der Tulpenrallye in Holland oder der RAC in England schrieb NUB 120 zwischen 1950 und 1952 ein Stück Motorsportgeschichte.

Die XK Serie gipfelte nach dem Zwischenmodell XK140 1957 im XK 150. Dessen 3,4 Liter leistete anfangs 190, ab März 1958 mit dem Blue Top-Zylinderkopf 210 PS. Diese SE-Versionen verfügten über Speichenräder, Doppelrohrauspuff, Nebelscheinwerfer, Scheibenwaschdüsen und für die Basismodelle nicht lieferbaren Scheibenbremsen. Zum guten Schluss nahm Jaguar zum Modelljahr 1959 noch eine Hubraumerhöhung auf 3.781 cm3 vor. Mit nunmehr 265 PS sprintete die Coupé-Version in 7,6 Sekunden von 0 bis 96 km/h und lief 212 km/h schnell.

Während Roadster und Drophead Coupé Ende 1960 ausliefen, blieb das von den Amerikanern liebevoll „the elegant Englishman“ genannte Coupé noch bis Oktober 1961 in Produktion. Die Motoren des XK150 wanderten dann direkt in den Nachfolger E-TYPE.

E-Type

Anfang 1961 erschien mit dem E-TYPE der vielleicht radikalste neue Jaguar der Firmengeschichte. Das Coupé – später folgte auch ein Cabrio - mit der schier endlosen Motorhaube, der seitlich angeschlagenen Heckklappe und den unter Plexiglasschalen sitzenden Scheinwerfern elektrisierte bei seinem Debüt auf dem Genfer Salon die gesamte automobile Welt. Unter der nach vorne klappenden Haube saß noch immer der seit 1948 produzierte XK-Motor mit sechs Zylindern, nunmehr allerdings mit 3.781 statt 3.442 Kubikzentimetern Zylinderinhalt.

In den 1970er Jahren - und noch vor der ersten Ölkrise – stieg Jaguar dann in den elitären Club der Marken mit V12-Zylindern auf. 1972 kam ein solches Triebwerk erstmals im XJ12 zum Einsatz, später kamen auch Fahrer des E-TYPE und des Nachfolgers XJ-S in den Genuss dieser besonders souveränen Art der Fortbewegung. Aus dieser Ära stammt auch einer der schönsten und zugleich seltensten Jaguar aller Zeiten: der zwischen 1975 und 1977 produzierte XJ6 C und XJ 12 C. Ein zweitüriges Coupé ohne Mittelsäule, mit rahmenlosen Seitenscheiben und Vinyl-überzogenem Dach.

Am 8. Februar 1985 verstarb Sir William Lyons – in einem Jahr, das mit 33.355 Neufahrzeugen das bis dato beste Jahresergebnis von 1971 übertraf. Dazu begann nun eine bis 1991 währende „goldene Epoche“ des Jaguar Motorsports. 1984 Gewinn der Tourenwagen-EM, 1985 Einstieg in die Sportwagen-WM, 1988 erster Le Mans Sieg der Neuzeit mit dem von einem 7,0 Liter großen V12-Motor angetriebenen XJR-9. Gefolgt von einem weiteren Le Mans Sieg und dem Gewinn der 24 Stunden von Daytona im Jahr 1990. 1991 dann als krönender Abschluss der Gewinn der Sportprototypen-WM mit dem radikal gestylten XJR-14 aus der Feder des späteren Formel-1-Starkonstrukteurs Ross Brawn.

Chefdesigner Ian Callum sieht eine klare Wechselwirkung zwischen Vergangenheit und Zukunft: „Das Jaguar Design der nächsten 80 Jahre muss das Design der vergangenen 80 respektieren und reflektieren. Indem es immer wieder technologische und stilistische Grenzen austestet und weiter verschiebt." Schon immer hätte ein Jaguar die Leute dazu gebracht, beim Vorbeifahren den Kopf nach ihm umzudrehen, sagt der Schotte weiter. „Unsere Autos verströmen eine Präsenz, die zu Herzen geht. Und sie bestehen den Test der Zeit – indem ihr Design unabhängig von allen Modeströmungen zeitlos bleibt. Ein Jaguar ist auch noch nach Jahren so ikonisch wie am Tag seiner ersten Vorstellung.“

1922 Gründung der Swallow Sidecar Company in Blackpool durch William Lyons und William Walmsley. Bau von Motorrad-Seitenwagen
1934 Lyons (1901 - 1985) übernimmt die Kontrolle der nun auch mit dem Bau von Automobilen beschäftigten SS Cars Ltd.
1935Jaguar“ taucht erstmals als Zusatzbezeichnung einer 2 ½ litre Limousine auf
1935 Der SS100 verkörpert schon vor dem Krieg die spätere Jaguar DNA und erringt erste Erfolge im Motorsport
1945 SS Cars benennt sich in Jaguar Cars um
1948 Auf der London Motor Show debütiert der zunächst nur als Kleinserie aus Alu gedachte XK120. Er wird zu einer Design-Ikone der 1950er-Jahre, macht Jaguar auch jenseits des Atlantiks bekannt und darf sich dank neuer Weltrekorde „schnellstes Serienauto“ der Welt nennen.
1951 Jaguar holt mit dem C-Type den ersten von insgesamt sieben Le Mans Siegen
1952 In Reims (F) gewinnt erstmals ein Rennwagen mit Scheibenbremsen – ein von Stirling Moss gesteuerter Jaguar C-Type
1956 Firmengründer William Lyons wird zum Ritter geschlagen und darf sich fortan „Sir William“ nennen
1957 Vierfach-Sieg der Jaguar D-Type in Le Mans
1959 Der Mark II definiert den neuen Typus der kompakten Sportlimousine. Sie verhilft Peter Nöcker zur Tourenwagen-EM und hat im aktuellen Jaguar XE ihren spirituellen Nachfolger
1961 In Genf debütiert mit dem E-Type der bis heute radikalste Jaguar Sportwagen aller Zeiten. Das auch mit V12-Motor angebotene Modell wird als eines der wenigen Automobile in die Dauerausstellung des „Museum of modern Art“ in New York aufgenommen. Selbst Enzo Ferrari bezeichnet den Jaguar als „schönsten jemals gebauten Sportwagen
1968 Der noch von Williams Lyons mitentworfene erste XJ begründet eine bis heute bestehende Baureihe für luxuriöse Oberklasse-Limousinen
1975 Der E-Type-Nachfolger XJ-S geht in den Verkauf
1984 Tom Walkinshaw gewinnt auf Jaguar XJ-S die Tourenwagen-EM; zusammen mit Hans Heyer und Win Percy bleibt er auch bei den 24 Stunden von Spa siegreich
1985 Jaguar steigt mit dem Team TWR in die Sportwagen-WM (Gruppe C) ein
1990 Bislang letzter Gesamtsieg von Jaguar bei den 24 Stunden von Le Mans
1991 WM-Titel mit dem von Ross Brawn gezeichneten XJR-14 in in der WSPC (World Sports Prototype Championship)
1992 Der in einer Kleinserie von knapp 300 Exemplaren gebaute Supersportwagen XJ220 erreicht auf der Hochgeschwindigkeitsbahn von Nardò 348,8 km/h - und kommt damit den angepeilten 220 Meilen pro Stunde auf zwei Meilen (3,2 km/h) nah.
1996 Jaguars erster V8 Motor erscheint im XK8 der Serie „X100“, zwei Jahre später gefolgt vom ersten Kompressor-Motor für den XKR
1999 Ian Callum wird neuer Jaguar Designdirektor und begründet eine neue Design-DNA
2003 Mit dem XJ der Serie „X350“ bringt Jaguar das erste Modell in gewichtsoptimierter Aluminium-Leichtbauweise auf den Markt
2005 Auf der IAA steht der neue XK (X150) – das erste unter der Ägide von Callum entstandene neue Jaguar Modell.
2012 Nach der XF Limousine führt Jaguar die Kombi-Version XF Sportbrake ein.
2013 Markteinführung des F-TYPE. Der zunächst als Cabriolet und ein Jahr später auch als Coupé vorgestellte Sportwagen Marke lädt die Marke Jaguar nochmals emotional stark auf – unter anderem dank einer 550 PS starken „R“-Version
2014 Mit dem neuen XE steigt Jaguar wieder in das Premium-Mittelklassesegment ein. Die Limousine besteht zu 75 Prozent aus Aluminium und wird von brandneuen Motoren der „Ingenium“-Baureihe angetrieben
2015 Auch der neue XF übernimmt als letztes Modell der aktuell aus vier Baureihen – XE, XF, F-TYPE und XJ – bestehenden Modellpalette die modular aufgebaute Aluminium-Architektur von Jaguar Land Rover
2015 Auf der IAA steht der erste Performance-Crossover von Jaguar – der F-PACE

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