Andalusien
Andalusien

© Bauer Horst

Routen für Genießer

Mit dem Auto durch Andalusien, ein Reisetagebuch

Eine Tour mit dem Auto durch Andalusien, von Malaga über Ronda, Sevilla, Jerez und Cádiz bis Tarifa und Gibraltar. Das Tagebuch der Reise.

von Horst Bauer

05/17/2013, 05:00 AM

Hinflug mit Swiss von Wien (09.55) via Zürich (12.05) nach Malaga (14.40) . Dort steht erst einmal ein längerer Fußmarsch durch den weitläufigen Flughafen auf dem Programm. Das Gepäck muss dann in einem nur durch automatische Türen zugänglichen Seitentrakt der Ankunftsebene erwartet werden (Non-Schengen, weil der Flieger aus Zürich kommt – dass die Schweizer inzwischen auch dazugehören, hat sich noch nicht bis Andalusien durchgesprochen).

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Vor der Tür wartet ein roter Seat, Leon FR Fünftürer mit 150 PS Diesel unter der Haube.
Die Anfahrt zum Hotel im Zentrum von Malaga wird trotz Navi komplizierter als gedacht. Erstens ist der von der Navi-Stimme hartnäckig empfohlene Weg dorthin knapp vor dem Ziel durch eine Baustelle blockiert und zweitens stellt sich heraus, dass das Hotel Petit Palace Plaza in der Calle Nicasio 3 nicht nur mitten in der Altstadt, sondern auch mitten in der Fußgängerzone liegt und daher mit dem Auto praktisch nicht erreichbar ist. Einziger Ausweg ist das Ansteuern einer der in der Nähe gelegenen Altstadtgaragen. Von dort geht es dann zu Fuß mit den Trolleys im Schlepptau zum Hotel, was weiter kein Problem ist, weil die Passanten so etwas gewöhnt und die Böden kaum mit Kopfsteinpflaster versehen sind. Die meisten kleinen Gassen wirken mit ihren Stein- bis Marmorböden wie lange Flure von feudalen Privathäusern.

Hotel im Palais


Die kleine Unannehmlichkeit zahlt sich aus, weil das in einem historischen Palais gelegene, aber 2008 komplett neu eingerichtete Hotel nicht nur zentral und dennoch ruhig gelegen ist, sondern auch moderne Zimmer und tollen Service bietet. In den Zimmern gibt`s nicht nur WLAN für das eigene mobile Gerät gratis, sondern auch einen vom Hotel zur Verfügung gestellten Laptop mit mehreren Programmen (inklusive eines für Bildbearbeitung).
Spezial-Tipp: Wem es gelingt, sich für das Zimmer 509 zu qualifizieren (kostet gleich viel wie die anderen, wird aber nur an Honeymooners, VIP`s oder Gäste vergeben, die einen speziellen Grund angeben können), der bekommt damit zwei übereinander gelegene private Dachterrassen dazu, die via Wendeltreppe direkt aus dem Zimmer erreicht werden können und einen atemberaubenden Blick über die Dächer der Stadt und auf den nahen Dom gewähren.


Touristisch ist in der Stadt alles ausgerichtet auf den großen Sohn von Malaga, Pablo Picasso. Seine Spuren (bzw. jene seiner Familie) wurden sorgsam gesichert und so kann heute nicht nur auf ein erstes Wohnhaus verwiesen werden sondern auch auf Arbeitsstätten seines Vaters etc. Zentrum des Picasso-Geschehens ist jedoch das von seiner Schwiegertochter gestiftete Picasso-Museum, das sich von den vielen anderen in Paris oder Barcelona durch die Gegenüberstellung von Früh- und Spätwerken des Meisters unterscheidet.
Nach der ersten Tour durch die Altstadt geht es der Empfehlung des Hotel-Portiers folgend hinunter an den Teil des Hafens, der vor kurzem neu gestaltet wurde als Freizeit- und Erlebniszone mit einem Mix aus modernen Geschäften, Bars und Restaurants. Offensichtlich schaffen es viele Städte, sogar aus einem an sich hässlichen Industrie- und Fährhafen etwas zu machen, nur Wien scheitert seit Jahrzehnten daran, die Donau auf diese Art in die Stadt einzubeziehen.

Tapas


Später am Abend geht es zur Nahrungsaufnahme (auf Empfehlung) zu „El Pimpi“, einer gut eingeführten Tapas- und Weinbar beim römischen Amphitheater am Rand der Altstadt. Dort beschränken wir uns auf etwas Serrano-Schinken und Cheso zum ersten Glas Fino. Nicht nur, weil der jetzt schon recht kühle Wind dort am Platz unangenehm wird, auch weil die Tapas-Karte mit jeder Menge „Frittura“ etwas unübersichtlich wirkt.
Daher wird die Erkundung weiterer Tapas-Bars möglichst in den engen windgeschützten Gassen in Angriff genommen, die schließlich im urigen Pepa y Pepe endet, wo um diese Uhrzeit (nach 22.30 Uhr) mehr Spanisch als Englisch und Deutsch gesprochen wird. Die Karte bietet die Speisen Großteils in drei verschiedenen Portionsgrößen an (Tapas, halbe Portion, ganze Portion) und der Kellner ist erfreulicherweise ehrlich genug darauf hinzuweisen, dass die getätigte Bestellung für einen alleine wohl etwas zu viel sein würde – Nachsatz: „Bestellen sie ein Gericht weniger – wenn’s nicht reichen sollte, bin ich bis ein Uhr hier um nachzuliefern!“

Von Malaga über Ronda nach Sevilla

Das Frühstück im Hotel (um 8 Euro, wie im Lift angeschrieben) bietet den internationalen Mix aus Eiergerichten, Schinken, Käse, Cornflakes und Obst, aber trotz der überall reifenden Orangen keinen frisch gepressten Saft, sondern die internationale Packerlware aus dem Großbehälter (und den Kaffee bereitet ein der unsäglichen WMF-Gastromaschinen).
Daher raus und gleich ums Eck ins Cafe Central unter die Einheimischen auf einen Café Solo Corto an der Bar. Mit dem Schäumen der Milch haben es die Spanier nicht so sehr, der Dampfstrahl wird nur zum Erhitzen der Milch für den Cafe con Leche verwendet – Capuccino ist also nicht (aber man ist ja auch nicht in Italien).

Nach Ronda


Beim Auschecken weist die Rezeptionistin noch darauf hin, dass sich die ermäßigten Gutscheine des Hotels für die umliegenden Garagen nur bei einem Aufenthalt von 24 Stunden rechnen würden – was sich dann in der Garage als nicht ganz richtig herausstellt (der Gutschein hätte 17 Euro gekostet, die Garage verrechnet aber für die Zeit von 16.15 bis 10.00 21 Euro).
Dann geht’s mit Hilfe des Navi diesmal problemlos hinaus aus der Stadt in Richtung Ronda entlang der A357 und der A367 (auf dieser Strecke rund 100 km mit einer Fahrzeit von 1‘ 45‘‘, wenn man unterwegs nicht öfter stehen bleibt).
Es gibt auch einen direkteren Weg und einen entlang der Küste bis Marbella und dann hinauf nach Ronda, aber der Weg über die Berge lohnt sich (landschaftlich schöner und weniger Verkehr).

Kurz vor Ronda liegt direkt an der Straße die private Rennstrecke von Ascari, die sich ein reicher Sammler hier ins Nichts gebaut hat und für Testfahrten und Firmen-Präsentationen vermietet. Es gibt auch ein kleines Automuseum mit ein paar Prunkstücken der privaten Sammlung, das gegen Eintritt besucht werden kann.
Kommt man aus dieser Richtung nach Ronda (und nicht von der Küste her), erschließt sich die Faszination, die diese Stadt auf Legionen von Künstlern und Schöngeistern ausgeübt hat, erst auf den zweiten Blick. Man muss erst das Auto im Zentrum loswerden (was nicht überall in einer Garage gelingt, die nach dem „Poeta Rilke“ benannt ist), und zu Fuß in den Park am unteren Ende der Hauptstraße vordringen, um die besondere Lage Rondas direkt auf dem Felsen, der unmittelbar vor dem Park dramatisch in ein Flusstal abbricht, würdigen zu können.
Neben dieser Lage und einem sehenswerten Dom hat Ronda vor allem seine Stierkampfarena als Sehenswürdigkeit zu bieten, wurden hier doch die Regeln des modernen Stierkampfs entwickelt (der in Andalusien immer noch betrieben wird und nur in Katalonien inzwischen verboten ist).
Von Ronda geht es dann zunächst auf der A394 weiter bis zur A395 und entlang dieser in Richtung Sevilla. Hat man sich erst einmal von Ronda wieder hinunter in die Ebene begeben, ändert sich die Landschaft. Je näher man zu Sevilla kommt, desto weiter schwingen die sanften Hügel und desto karger wird die Landschaft.

Sevilla durch die Hintertür


Bei der Einfahrt nach Sevilla merkt man sehr schnell, dass es sich hier um ein anderes Kaliber von Stadt handelt als etwa Malaga. Hier geht es um eine Metropole, die seit Jahrtausenden Geschichte schreibt. Das angesteuerte Hotel liegt quasi am Hintereingang in die bekannte Altstadt mit dem Königspalast und der alles überstrahlenden Kathedrale mit dem Giralda-Turm, dem Wahrzeichen der Stadt. Das Hotel Plaza Santa Lucia (Dreistern mit sauberen Zimmern, ruhiger Lage und eigener Garage – wenn das Tor funktioniert) liegt im Macarena-Viertel, der Wohngegend der einfachen Leute Sevillas, in dem das Leben weitgehend unbeeindruckt vom Touristenstrom abläuft, der sich täglich über das bekanntere Santa-Cruz-Viertel um den Königspalast ergießt. Dennoch ist dieser in zehn Minuten zu Fuß leicht erreichbar – weil gesehen haben sollte man ihn schon einmal.


Auf dem Weg quasi durch den ruhigen Hinterhof ins Getümmel der Innenstadt, laden zahlreiche bodenständige Tapas-Bars zur Unterbrechung der Tour ein. In einer davon, der seit 1670 existierenden El Rinconcillo (an der Plaza Los Terceros, Calle Gerona 40, Tel. 954 223 183) machen wir beim abendlichen Spaziergang nach dem Einchecken im Hotel Station. Die Einrichtung hat Patina, die Kellner sind allesamt Charakterköpfe und die Rechnung wird an der Bar mit Kreide auf den Tresen vor den jeweiligen Zechern geschrieben – damit weiß man jederzeit, was es diesbezüglich geschlagen hat. Die bestellten Tapas kommen im Eiltempo je nach Fertigstellung in der Küche und wenn der Laden voll ist, wird eben weiter zusammengerückt. Die Gästemischung besteht aus Touristen, die sich über die übliche Demarkationslinie hinter dem Platz des Rathauses getraut haben und Einheimischen aus der Gegend, die scheinbar zum Inventar gehören – und ähnlich „eingewohnt“ wirken wie die Möbel. Jedenfalls eine Empfehlung – genauso wie das gegenüber liegende Los Claveles.

Die neue Attraktion


Danach geht’s noch zu der vom Hoteldirektor besonders ans Herz gelegten neuesten Attraktion von Sevilla, dem Metropol Parasol, einer gigantischen, auf die Plaza de la Encarnacion mitten in die alte Bausubstanz gestellte Holz-/Beton-Konstruktion, die mit ihren 150 Metern Länge, 70 Metern Breite und 26 Metern Höhe wie ein gelandetes Ufo wirkt – auch wenn es die Form von überdimensionierten Sonnenschirmen hat. Im Kellergeschoss finden sich römische Ausgrabungen, im Parterre eine Markthalle und Lokale und wer 1,30 Euro zahlt, kann mit dem Lift auf das Dach der Konstruktion fahren und dort auf einem Panoramaweg den Großteil der Konstruktion abgehen – und dabei die tolle Aussicht auf die Stadt genießen.
Etwas weiter vorne, wo die Calle Sierpes in die Plaza de la Campana mündet, lässt sich der Freitag-Abend-Trubel bei einem (diesmal sehr guten) Cafe Solo an den Tischen im Freien vor einer antiken Konditorei bequem überblicken – bevor der Fußmarsch zurück ins Hotel ansteht.

Sevilla

Das Frühstück im Hotel entpuppt sich als der Location (im Keller) adäquat - traurige Angelegenheit mit Kaffee aus der Vorratskanne und eingepacktem Gebäck.
Also nach einer abgeschälten Orange (der Saft kommt auch hier aus dem Industrie-Packerl) hinauf und hinaus auf den Platz daneben, wo eine (sehr) bodenständige Kaffee-Bar den heranschlurfenden Eingeborenen morgendliche Labung verspricht. Diese besteht durchwegs aus getoastetem Weißbrot, das entweder vom Barista dick mit Butter bestrichen oder vom Gast selbst mit dickem, trübem Olivenöl getränkt wird. Dazu gibt’s Café con Leche im Glas (mit brüllheißer Milch aufgefüllter Café Solo).

Macarena


Um Punkt 10.00 Uhr steht die Führerin in der Rezeption und sprintet gleich los mit uns durch das Macarena-Viertel hinauf zum Alkazar. Auf dem Weg dorthin bemerkt sie unser Interesse an ihrem Viertel (sie wohnt selbst dort, seit sie aus der Schweiz zurück ist, wohin ihre Eltern ausgewandert sind und sie einen Teil ihrer Kindheit verbracht hat) und biegt in ein paar andere Gassen ab, um uns ein paar versteckte Plätze zu zeigen.

Dabei entert sie auch gleich ein kleines Lokal, in dem der Meister gerade Churros herstellt (Teig aus Mehl und Wasser, der in Form eines großen Kringels in heißem Fett herausgebacken und frisch verkauft wird) die später mit Schokolade garniert werden und eine nachgefragte Spezialität Sevillas sind (die Leute stehen Schlange vor dem Lokal).
Die eineinhalb Stunden, für die sie gebucht ist, laufen aber weiter ab und der Königspalast wartet noch. Dort stoßen wir dann auch in einer Seitengasse hinter der Kathedrale kommend voll ins touristische Leben Sevillas und bahnen uns den Weg via Hintereingang in den Königspalast. Die Führung durch die weitläufige Anlage, in der die Königsfamilie auch heute noch wohnt, wenn sie in Sevilla zu tun hat, gestaltet sich konzentriert und flott, wir bewegen uns aber wie die wendigen Hechte im Karpfenteich der großen Gruppen, die sich durch die Hallen und Gärten schieben und versuchen, ihren jeweiligen Führer nicht zu verlieren.


Nach dem Alkazar werden wir noch bis zum Rathaus begleitet und dann freundlich der weiteren Erkundung des Zentrums überlassen. Nach einem Spaziergang auf der Hauptstraße entlang des Domes vorbei am Hotel Alfonso VIII zum Ufer des Guadalquivir geht’s zurück und entlang der alten Tabakfabrik (vor der im Original die Auftaktszene der Oper Carmen angesiedelt ist und die heute die Universität beherbergt) hinüber zum Park, in dem sich die Plaza de Espana findet, ein wie ein Amphitheater angelegter Platz mit 200 m Durchmesser samt Arkadengang und Kanal, den man mit Ruderbooten befahren kann.
Dann sind wieder Tapas dran, daher beginnt die Suche nach dem Lokal, das der Hotel-Direktor empfohlen hat, als Alternative im touristisch überlaufenen Santa Cruz Viertel. Es findet sich auf einem kleinen Platz am unteren Ende des Jardines de Murillo und nennt sich Casa Modesto. Tatsächlich wird hier nicht nur touristisch gesprochen, sondern auch spanisch (von der Kundschaft) und die Tapas wirken recht bodenständig (und damit üppig und Großteils frittiert). Bonus: Saubere Toilette, was nicht selbstverständlich ist (im Park waren zwar einige Aseos Publicos zu finden, aber keines davon war in Betrieb – was angesichts des Zustandes auch besser so war).


Danach wird der Heimweg angetreten, nicht ohne sich jedoch in der Confiteria y Pastelleria La Campana in der Calle Sierpes 1 (Tel: 954 22 35 70) mit einem Cafe Solo und etwas Mandelgebäck aus der weitläufigen Vitrine für den Rückweg zu stärken.
Daher wird nach der späten Siesta im Garten des Hotels und einer wiederbelebenden Dusche auch keine der Restaurantempfehlungen aus den Schriften angesteuert (zu weit zu gehen), sondern auf die Expertise der freundlichen Dame in der Rezeption vertraut.

Restaurant-Tipp

Sie empfiehlt als beste Wahl in der Nähe (wenn es ein Restaurant und keine Tapas-Bar sein soll, das Restaurante Yerba in der Calle Medalla Milagrosa 3 (Tel. 954 351007) in rund 5 Minuten Gehweite zum Hotel. Der Tipp erweist sich als goldrichtig, auch wenn die Kommunikation mit den Kellnern schwierig ist (kein Englisch, wie fast überall außerhalb der touristischen Kernzone) und das Entziffern der Speisekarte nicht leicht fällt. Aber mit Händen und Füßen und etwas Gottvertrauen funktioniert es und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Zunächst ersetzt ein exzellenter empfohlener Manzanilla aus dem gekühlten Fass den ursprünglich georderten Fino und dann folgt eine blind akzeptierte Vorspeise aus großen, gebratenen Pilzen mit kleinen Schinkenwürfeln und reichlich gekochtem Knoblauch. Gang zwei ist ein Merluzzo in dicker Weißweinsauce (eine Portion mit 2 Tellern zum Teilen) und danach ergeben sich Gambas a la Plancha (leicht gegrillte Gambas, bestreut mit grobem Salz).
Während des Essens füllt sich das Lokal mit den rustikalen Bartischen nur leidlich, aber immer wieder finden sich Gruppen ein, die samt Kellner wieder verschwinden. Des Rätsels Lösung zeigt sich beim Weggehen: Die Bar Yebra, in der wir waren, hat gegenüber auf der anderen Straßenseite auch noch einen eigenen Speiseraum mit gedeckten Tischen samt Stoffservietten (das Restaurante), in dem die Tische schon bestellt waren. Die Karte ist aber offensichtlich die selbe, nur muss man sich nicht mit den unsäglichen Papierservietten aus den immer überquellenden Spendern abmühen, wie drüben in der Bar, wo es auch keine Tischtücher gibt.


Der Verdauungs-Spaziergang zurück zum Hotel führt um die alte Stadtmauer herum und vorbei beim Parlament von Andalusien durch die engen Gassen des Macarena-Viertels, in dem am Samstagabend viele Bewohner unterwegs sind. Das führt zu einem abschließenden Cerveza in der Bar Manzanilla auf dem Platz vor dem Claveles – und später zu einem unmittelbaren Müdigkeitsschlaf im (etwas engen) Hotelbett.

Von Sevilla über Jerez nach Cádiz

In der Früh diesmal das traurige Frühstück im Hotel gleich ausgelassen und im Zuge eines Morgenspazierganges durch das Viertel eine offene Bar gesucht. Außer jeder Menge Kirchen – praktisch in jeder Gasse und auf jedem kleinen Platz findet sich eine – tut sich wenig diesbezüglich. 09.15 Uhr am Sonntag ist möglicherweise auch zu früh dafür. Die erste offene Bar wird angesteuert und ein Tostado mit Butter bestellt – nur der Café con Leche wird durch einen Solo ersetzt. Sonst haben sich die lokalen Frühstückssitten schon durchgesetzt.
Nach dem Auschecken aus dem Hotel und der Bergung des Autos aus der Garage (Preis pro Nacht 15 Euro) wird aufgeladen und die Navi mit der Führung nach Jerez de la Frontera (ca. 100 km) beauftragt. Aus Sevilla hinaus geht es zunächst noch auf der Autobahn, die man aber schon bald gegen die N-IV eintauschen sollte, was nicht nur Gebühren erspart, sondern auch mehr von der Gegend zeigt. Selbst die N-IV sollte man immer wieder einmal verlassen und sich den einen oder anderen Abschneider über niederrangigere Straße zutrauen, was tolle Einblicke in die Landschaft ermöglicht, die hier von der weiten Ebene geprägt wird, die nur durch sanfte Hügel unterbrochen wird.

So etwa hinter El Cuervo de Sevilla, wo man die N-IV links liegen lassen und die CA 6061 nehmen sollte, die bis unmittelbar vor Jerez durch Felder und Wiesen und vorbei an den ersten Weingärten führt.

Im Zentrum von Jerez bieten sich als Raststationen die großen Weingüter der Stadt an, deren Gutshöfe alle in der Stadt leicht zu finden sind und die Kellertouren und Besichtigungen samt Verkostung ihrer Sherry-Produktion anbieten.
Am Sonntag ist allerdings alles geschlossen, also ruft nach einer kurzen Runde durch die engen Gassen des Zentrums das nahe Meer in Gestalt des nächsten anzulaufenden Etappenortes Cádiz. Von Jerez sind es nur mehr rund 35 km die bei El Puerto de Santa Maria schon durch Marschland und eine Lagunenlandschaft und bei Puerto Real dann hinaus auf die Halbinsel führen, auf der Cádiz liegt.

Den Atlantik im Blick

In der alten Hafenstadt mit den gut erhaltenen Befestigungsmauern zum Meer hin sticht ganz vorne am Meer mit dem Parador Atlantico die neueste Errungenschaft der Stadt unübersehbar heraus. Der moderne Hotelbau ist erst seit einem halben Jahr in Betrieb und bietet neben einem weitläufigen Pool und Spa-Deck sowie mehreren Bars und Restaurants und jede Menge Terassenfläche zum Meer hin auch Designer-Zimmer mit verglasten Balkonen und unverstellten Ausblicken auf das Meer, das sich hier schon Atlantik nennt – und nicht mehr Mittelmeer, wie in Malaga.


Die Junior-Suite ganz oben im 7. Stock und ganz vorne am Meer erweist sich als tolle Unterkunft mit Tücken. Vor allem die Lichtregie der beiden Räume und beiden Bäder erfordert einigen Bedienungsaufwand, bis die Funktionen der diversen Switchbords an den Wänden durchschaut sind (was bis zum Auschecken nur ansatzweise gelingt). Trotz allen Wow-Faktors durch die Designer-Möbel und vor allem den unverstellten Blick durch die Glasfront der Terrassentüren (Falt- nicht Schiebe) stellen sich wie meist in solchen Designer-Tempeln ein paar praktische Fragen. Warum gibt es etwa im Bad / WC keinen Lichtschalter, um es nur dort hell werden zu lassen (will man das erreichen, muss man schon draußen im Zimmer oder am Schaltbord neben dem Bett den entsprechenden Befehl eingeben)?
Der erste Orientierungsgang in die Umgebung führt zum kleinen Stadtstrand in der Bucht gleich daneben, wo bereits volles sonntägliches Strandleben herrscht. Das Ambiente dahinter wirkt nicht sehr einladend, wird es doch von einem riesigen, verfallenden Haus (ehemaliges Hospiz sprich Waisenhaus) und dem einer abgewohnten Parkgarage nicht unähnlichen ehemaligen Krankenhaus geprägt, in dem heute ein Teil der Universität untergebracht ist.
Bei der Rast im modernen Cafe an der Promenade über dem Strand zeigt sich wieder einmal, dass die Andalusier offenbar ein gestörtes Verhältnis zu ihren Orangen haben. Frisch gepressten Orangensaft gibt’s hier nämlich auch nicht, wie der Kellner schon routiniert erklärt (nur aus der Flasche) , wenn ein Gast radebrechend einen Zumo die Aranja zu bestellen versucht.
Danach wird die Suite ausgenutzt und deren Wohnqualitäten. Wie auch in allen andern Quartieren bisher ist W-Lan am Zimmer kein Problem, hier auch wieder gratis (nur in Sevilla hätte es drei Euro pro Tag gekostet), was in 4-Stern-Hotels nicht nur bei uns noch immer nicht normal ist. Das hilft auch bei der Auswahl des Abendlokals aus den umfangreichen Empfehlungen des Tourismusbüros . Vor lauter checken im Netz vergeht die Zeit wieder schneller als gedacht und gegen 20.30 Uhr ist es zwar immer noch hell draußen, aber Zeit zu handeln.

Essen teilen

Es wird schließlich das Restaurante Balandro in Gehweite vom Hotel direkt an der Straße, die um die Altstadt herumführt. Der Gastraum im Erdgeschoß bietet schön gedeckte Tische für Restaurantgäste und Hochsessel an der Bar, wenn man nur aus der Tapas-Karte bestellen will. An der Bar herrscht trotz der späten Stunde die ganze Zeit über reges Kommen und Gehen, auf der Restaurant-Seite ist am späten Sonntagabend genug Platz frei. Die englische Karte ist zwar umfangreich und die Gerichte sind auch verständlich beschrieben, die Reis-Gerichte kommen aber nicht vor (waren beim Vorabcheck auf der Homepage aber zu sehen). Die Frage danach quittiert der freundliche Kellner mit dem Versuch, die vier Gerichte selbst in ein halbwegs verständliches Gastro-Englisch zu gießen. Letztlich kommt dabei heraus, dass es schwarzen Reis mit Meeresfrüchten und weißen Reis mit Fleisch oder Gemüse gibt. Auf speziellen Wunsch wird von der Küche nach Nachfrage aber auch weißer Reis für zwei Personen mit Meeresgetier zugesagt – und exzellent zubereitet. Auch hier rät der Kellner von einer zusätzlichen Vorspeise ab, weil es sonst zu viel werden könnte und schlägt vor, die bestellte Crema de Langostinos zu zweit zu essen.
Er sollte recht behalten und stellt daher die Frage nach einem Postre nur mehr rhetorisch. Jedenfalls tut der Verdauungs-Spaziergang durch die Altstadtgassen zurück zum Hotel ganz gut.

Von Cádiz nach Tarifa und Gibraltar

Das Frühstück hätte man zwar auch ohne Aufpreis auf das Zimmer kommen lassen können, allerdings sehen die Bestellformen (die bis 05.00 Uhr an die Tür zu hängen wären) nur die Basisversion vor (Auswahl an heißen Getränken, getoastetes Weißbrot, Marmelade, Butter) und drunter wäre Platz für weitere Wünsche – welche das sein könnten, steht jedoch nirgends (keine Frühstückskarte im Room-Service-Menu).Daher wird der Frühstücksraum im zweiten Stock auf Höhe der Pools ausgetestet – und erweist sich vom Angebot her als der bisher beste. Nach längerer Zeit bringt man auf Bestellung sogar so etwas ähnliches wie einen Cappuccino – den Versuch, war es wert.

Die älteste Stadt Europas


Um 9.30 Uhr wartet die Führerin schon in der Lobby. Die Tour beginnt im Park neben dem Hotel, der auch gleich der botanische Garten der Stadt ist und ein paar Raritäten beherbergt, vom Baobab-Baum bis zu australischen Gummibäumen. Entlang der Route durch die Gassen und über die Plätze der von einer massiven Befestigungsmauer zum Meer hin abgeschirmten Altstadt zeigt sich Cádiz von einer ganz anderen Seite, als entlang der Einfahrtsroute über die Landzunge und entlang der Strände in die Neustadt außerhalb der Mauern. Hier bekommt man ein Gefühl dafür, dass es mit 3000 Jahren Geschichte die älteste, durchgehend bewohnte Stadt Europas ist, die zudem nach der Entdeckung Amerikas zur reichen Handelsmetropole geworden war. Dies vor allem deswegen, weil Sevilla, dessen geschützter Flusshafen am Guadalqivir zunächst die Handelsware aus Amerika empfangen hatte, von den immer größeren Schiffen bei Niedrigwasser nur mehr schwer erreichbar war und daher das Handelsmonopol an Cádiz mit seinem Hafen direkt am Atlantik vergeben wurde.
Heute legen in diesem Hafen vor allem große Kreuzfahrtschiffe an, was man am Vormittag durch die verschiedenen Gruppenführungen der international bunt gemixten – meist älteren - Reisenden merkt.

Wer die Stadt auf eigene Faust erkunden will, kann dies entlang von verschiedenen Themen-Spaziergängen tun, deren Verlauf durch unterschiedlich gefärbte Striche auf dem Boden der Altstadt gut markiert ist. Jedenfalls zahlt es sich aus, die Plätze und Gassen mit ihren vielen gut erhaltenen alten Häusern und Palästen früherer reicher Handelsfamilien zu erkunden (erkennbar durch die eigenartigen Türme auf den Hausdächern, aus denen man Ausschau nach den zurückkehrenden Schiffen hielt, um deren Löschung und den Verkauf der Waren aus „Indien“ rechtzeitig organisieren zu können). Und wenn man nicht gerade am Montag in der Stadt ist, sollte man auch dem zentralen Fischmarkt einen Besuch abstatten – und über die Vielfalt staunen, die der Atlantik vor der Haustür tagtäglich noch hergibt (Spezialgebiet: Thunfisch, der hier schon zu Zeiten der Phönizier, die Cádiz gegründet haben, zweimal im Jahr in großen Scharen zu und von den Laichplätzen im Mittelmeer vorbeizog).

Tarifa und der Wind


Nach dem Auschecken um 12.00 Uhr geht’s abseits der Autobahn weiter nach Tarifa, dem südlichsten Punkt des europäischen Festlandes. Die Straße erklimmt bald nach dem Verlassen der Küste einen Pass und schwingt sich weiter durch grünes Weide- und Ackerland in Richtung Südosten. Gegen Tarifa zu wird es immer windiger und die Zahl der rieseigen Windräder nimmt dramatisch zu.

Teilweise sind ganze Hügelrücken mit den Propellern zugestellt und alle drehen sich hochtourig. Der hier an der Engstelle zwischen Europa und Afrika, dem warmen Mittelmeer und dem kühlen Atlantik ständig blasende Wind sorgt aber nicht nur für einen unübersehbaren „Spargelwald“ zur Stromgewinnung, sondern hat auch Tarifa zu einer der Welthauptstädte der Wind- und Kite-Surf-Szene gemacht.
Das muss man wissen, wenn man sich dazu entschließt, hier Station zu machen, wo Afrika nur mehr 14,5 km entfernt ist. Trotz des wolkenlosen Himmels hat es nur knapp 20 Grad (gegen 27 in Sevlla) und der starke Wind kühlt die Luft noch weiter ab. Schwingt man sich nicht auf ein Surfbrett und lässt sich vom Segel oder Kite über die hohen Wellen der Brandung ziehen, hat man den Ort selbst recht schnell erkundet. Neben dem alten Fort und einer auf die Surf-Szene ausgerichteten Lokalszene bietet sich der kleine Hafen auch als Brückenkopf für Exkursionen nach Marokko an, die überall angeboten werden (von Mountainbike- bis Quad-Touren etc.)

Gibraltar und die Affen


Will man lieber an Land bleiben, sollte man die rund 45 km auf der Straße nach Gibraltar nicht scheuen. Die Fahrt dorthin führt über einen rund 300 Meter hohen Pass, von dem man einen tollen Blick auf die Meerenge und die Marokkanische Küste hat. Dann führt sie hinunter in die Bucht von Algeciras und man weiß, warum Tarifa der bessere Ausgangspunkt für den Gribraltar-Ausflug ist. Die Hafen-und Industriestadt umkurvt man auf der Autobahn und folgt den Hinweisschildern nach Gibraltar bis auf die andere Seite der Bucht. Dort am Grenzübergang herrscht reges Treiben von Fußgängern, die sich die Fahrt über die Grenze mit dem Auto ersparen wollen. Warum das so ist, merkt man erst bei der Ausreise, wo die Kontrollen der Spanier regelmäßig zu nicht ganz ungewollten Staus führen, die von der britischen Verwaltung Gibraltars auf unübersehbaren Hinweisschildern entlang der Stauzone auch unmissverständlich dafür verantwortlich gemacht werden.


Gibraltar selbst kann mit dem Auto dennoch gut erkundet werden und auch ein Boxenstopp an einer der Tankstellen zahlt sich aus (rund 20 Cent pro Liter billiger als drüben in Spanien). Die Skurrilität des Ortes wird schon bei der Einfahrt nach der Grenze deutlich. Die einzige Straße führt nämlich quer über die Landebahn des Flughafens und wird gesperrt, wenn ein Flugzeug landet. Eine Umrundung der Halbinsel unterhalb des auch von vielen Tunnels durchzogenen Affenfelsens führt zur Spitze mit dem Leuchtturm und einem tollen Blick auf die Meerenge (die hier allerdings breiter ist als vor Tarifa). Auf dem Rückweg zeigen sich am Straßenrand auch die berühmten Affen, denen man allerdings mit gebotener Vorsicht begegnen sollte – wie ein vorbeijoggender Einheimischer warnt. Nach der Anzahl an marodierendem Nachwuchs scheint der Tag jedenfalls noch nicht nahe zu sein, an dem Gibraltar der britischen Krone verlorengeht (was der Legende nach der Fall sein wird, wenn es dort keine Affen mehr gibt).
Auf der Rückfahrt nach Tarifa klart es etwas auf und das marokkanische Gebirge auf der anderen Seite kommt aus dem Dunst über dem Wasser heraus.
Zurück im Hotel geht erst einmal darum, das Zimmer zu heizen. Das Misiana direkt im Ort ist zwar authentisch eingerichtet und ganz auf das Strandleben ausgerichtet (Schwemmholz-Ast als Kleiderstange, weiß gestrichenes Holz etc,) und hat auch extra-dicke Decken auf den Betten, durch die dünnen Fenster pfeift jedoch der starke Wind und alles in allem ist man auf die Temperaturen des Sommers ausgerichtet – nicht so ganz auf die Vorsaison. Einzige Wärmequelle im Zimmer ist der kombinierte Aircondition-Kasten über der Eingangstür, dem man via Fernbedienung beibringen kann, auch Warmluft zu produzieren. Was er nach einer längeren Nachdenkpause auch tut, allerdings steigt warme Luft eben auf und das Gebläse ist schon ganz oben – und ums Eck ins (ungeheizte) Badezimmer blasen kann es auch nicht.

Also wird vor dem Abendessen nicht geduscht sondern dem Stil der wettergegerbten Surfer-Kundschaft des Ortes entsprechend zur Tat geschritten. Diese führt auf Empfehlung der Dame die uns eingecheckt hat ins nahe Restaurante La Pescaderia in der Fußgängerzone am Hafen. Hier widmet sich eine junge, unkomplizierte Crew der kulinarischen Verarbeitung des in örtlichen Gewässern gefangenen Thunfisches und bietet als Spezialität des Hauses auch eine Thunfischvariation für Zwei, deren Bestellung wieder den Tipp des Kellners zur Folge hat, es bei einer einzigen Vorspeise für beide zu belassen, weil es sonst zu viel werden könnte. Der gegrillte Octopus (bzw. zwei seiner sehr soliden Fangarme) auf Salat reicht dann allemal für Zwei. Die vier verschiedenen Thunfischgerichte (vom Sashimi mit Soyasauce bis zum halbrohen Thunfisch-Steak mit Guacamole) kommen auf einer Platte im Kreis angerichtet und schmecken alle hervorragend. Guter Tipp.


Auf den Rückweg ins Hotel merkt man in den engen Gassen, dass hier im Sommer dank der vielen kleinen Bars sicher ordentlich was los ist. Aktuell finden sich nur ein paar dem inzwischen schon recht kalten Wind trotzende Versprengte an den diversen Theken bzw. rauchend vor den Lokalen. Zurück im Hotel wird dann die Heizung wieder angeworfen und auf eine nicht zu kalte Nacht unter den dicken Decken gehofft.

Zurück nach Malaga


Die Rückfahrt am nächsten Tag zum Flughafen nach Malaga (ca. 150 km) dauert dann rund eine Stunde vierzig Minuten und führt entlang der mautpflichtigen Autobahn vorbei an den gesammelten Bausünden der spanischen Immobilienblase. Deren konzentriertes Auftreten entlang der Strecke macht es leichter, den möglichen Abstecher nach Marbella im Bewusstsein auszulassen, dadurch nichts versäumt zu haben.

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