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Mama mobil

Mit dem Fahrrad durch Paris: Ist der neue Urlaubs-Trend verrückt oder fantastisch?

Paris investiert Millionen, um bis 2026 zu einer 100%-igen Fahrradstadt zu werden. Sollte man beim nächsten Besuch - mit Kindern - auf zwei Räder setzen?

von Teresa Richter-Trummer

04/20/2024, 03:00 AM | Aktualisiert am 04/21/2024, 03:00 AM

Mit den Kindern Paris, die Stadt der eigenen Jugend, erkunden. Was gibt es Schöneres! Klassisch setzen wir auf Hotel im Zentrum, RER, Bus, Metro und lange Fußmärsche. Ich erkläre den Mädchen, dass die Pariser den "code de la route" sehr eigenverantwortlich interpretieren, warum bei Rot über die Ampel zu gehen hier Alltag ist und man selbst bei Grün gut aufpassen sollte. Aber was uns verkehrstechnisch wirklich auffällt: Die Fahrräder.

Paris: Stadt der Fahrräder?
Einerseits sieht man überall die Stationen des öffentlichen Fahrradverleihsystems von Paris. Vélib' Métropole , der größte Anbieter von Fahrädern zur Selbstbedienung, stellt etwa 20.000 Fahrräder bei 1.443 Stationen zur Verfügung, davon 40 % Elektroräder. Leicht zu erkennen: City-Bikes sind grün, E-Bikes blau.

Andererseits merkt man, dass auf den Straßen deutlich mehr Radler unterwegs sind: Da sind Lastenfahrräder, Mütter und Väter mit Kindersitzen, Studenten auf klapprigen Second-Hand Rädern und schick gekleidete Menschen auf noch schickeren Urban E-Bikes. Überall sind Fahrränder angekettet - mit den dicksten Fahrradketten, wie die Kinder überrascht bemerken. 

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Und man gesteht den Radlern Platz zu: Das rechte Seine-Ufer ist seit 2017 für den Autoverkehr gesperrt und gehört den „Velo“. Auf großen Verkehrsadern wie etwa der Rue wurden zwei Drittel der Spuren zu richtigen Fahrradstraßen - da ist man flotter unterwegs als auf schmalen Fahrradstreifen!

Millionen-Investitionen in den Fahrrad-Verkehr
 

Bürgermeisterin Anne Hildago hat große Pläne gemacht: Bis 2026 soll Paris zu einer "hundertprozentigen" Fahrradstadt werden. 250 Millionen Euro nimmt man nochmals dafür in die Hand, 180km neue sichere Fahrradwege entstehen. Gezielte Ampelschaltungen geben Öffis und Radlern Vorrang vor Autos,  130.000 neue Fahrradparkplätze sind geplant und  an den Grundschulen wird das Fahrradfahren gelehrt. Auch Touristen hat man im Blick: Im Internet findet man mehrsprachige Info über die schönsten Fahrradrouten von Paris. 

Vor Ort zeigt sich: Das Engagement zeigt Wirkung. Und auch die Zahlen bestätigen -  die französische Metropole ist weltweit die Stadt, in der Fahrradmobilität in den letzten Jahren am stärksten stieg: Plus 97 Prozent von 2019-2023.

Aus ökologischer Sicht ist das alles wunderbar. Aber wie sieht es in der Praxis aus?
 

Während wir den neuen Trend bestaunen, erreicht uns die Nachricht einer befreundeten Familie: Sie sind ebenfalls in der Stadt, allerdings sehen ihre Bilder anders aus als unsere: Vor dem Eiffelturm? Mit dem Fahrrad! Vor dem Louvre? Mit dem Fahrrad! Beim Sacré-Cœur? Mit dem Fahrrad! Und das mit zwei Kindern! 

Der Praxis-Check: Mit Kindern per Fahrrad durch Paris

"Wie geht das?", frage ich. „Es ist ein Spaß, wie schnell man vorankommt. Überall gibt es Fahrradwege! Und man erlebt Paris wirklich von einer komplett anderen Seite“, ist die Mutter vom Städte-Trip per Rad überzeugt. Wobei sie nachschiebt: Aufpassen muss man natürlich schon: „Ich rate es auch nur mit Kindern zu machen, die wirklich gut und sicher Fahrrad fahren können." Die Blicke schweifen lassen kann man als radelnde Mutter auch wenig: Schließlich gilt es, Straßenverkehr, Karte und Kinder im Auge zu behalten.

Dass man Zeuge eines Unfalls wurde - Laswagen gegen Fahrrad-Fahrerin - entspannt ebenfalls wenig. Allerdings: Auch als Fußgänger kann man in gefährliche Situationen kommen: Und passiert das, als wir bei Grün die  Champs-Élysées überqueren, und ein Autofahrer plötzlich am Zebrastreifen rückwärts fährt...

Am Abend treffen wir einen Cousin beim Place Saint-Michel. Er kommt per blauem Leih-E-Bike. 14 Minuten war er damit aus einem Aussenbezirk hierher ins Zentrum unterwegs, 3 Euro hat ihn das gekostet. Für 5 Euro könnte man einen 24 h Tagespass buchen. „Ein bisschen crazy ist es schon“, erzählt er lachend. „Schauen die Autofahrer nicht?“, frage ich zurück. „Doch, das geht, aber die Radler sind so schnell und so viele, da muss man echt schauen“, ist die Antwort.

Als wir uns später in die Metro quetschen, den muffigen Geruch eines Mitfahrers genau in der Nase, denke ich dennoch: Beim nächsten Paris-Trip nehmen wir die Fahrradhelme mit.

Teresa Richter-Trummer ist eigentlich am liebsten mit eBike oder Vespa unterwegs - fährt Hund und Kindern zu Liebe aber gerne auch Auto und Zug. Für größere Partien darf sie sogar ans LKW-Steuer. Gerne würde sie Motorboote lenken, aber das kommt erst.

Haben Sie Fragen zur Mobilität mit Kindern? Die Motor-Journalistin ist studierte Entwicklungs-Psychologin und geht gerne darauf ein.  teresa.richter-trummer@kurier.at

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