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Technik

Bugatti: Wie der Hypersportwagen zu seinem extremen Motor kam

Anfang der 2000er machte der VW-Konzern mit dem Bugatti Veyron die Autowelt sprachlos. Mit einem Motorkonzept, das auf einem Briefumschlag konzipiert wurde.

08/02/2022, 03:00 AM

Bereits 1997 konfrontierte Ferdinand Piëch, seinerzeit Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, den Leiter der VW-Aggregate-Entwicklung Karl-Heinz Neumann mit der ersten Idee und zeichnete sie auf einen Briefumschlag während einer Zugfahrt im Shinkanzen Schnellzug von Tokio nach Osaka: Piëchs Idee war es, einen Motor mit 18 Zylindern zu entwickeln, der später aus Gründen der Leistungsentwicklung und auch als Hommage an Ettore Bugattis Sechzehnzylinder zu einem W16-Motor abgewandelt wird.

Ein Jahr danach übernahm der VW-Konzern die Markenrechte von Bugatti. 2001 gab man grünes Licht für die Serienproduktion des Veyron, bis zum Beginn der Fertigung sollte es aber noch vier Jahre dauern.

Gregor Gries, vor 20 Jahren einer der ersten Mitarbeiter bei Bugatti und bis Februar 2022 Leiter technische Entwicklung bei Bugatti, erinnert sich: „Alle bezweifelten damals, dass es möglich sei, ein Fahrzeug mit 1.000 PS für die Straße zu bauen. Wir wollten nicht nur beweisen, dass wir es schaffen, einen leistungsstarken Antrieb zu konstruieren, sondern auch einen, der fahrbar ist.“ Die Ingenieure fingen bei null an. „Wir mussten bei allen Bauteilen Grundsatzentwicklung betreiben, jedes Fahrzeugteil musste neu konstruiert und getestet werden. Selbst der Motorprüfstand, um den Motor zu testen. Das Einzige, was wir nicht verändert haben, waren die Bleistifte zum Zeichnen“, lacht Gregor Gries, der seit der Wiedergeburt von Bugatti für die Motoren- und Getriebeentwicklung verantwortlich war. „Wir fühlten uns wie einst Ettore Bugatti. Der hat auch immer seine eigenen Werkzeuge entwickelt.“

Die Ingenieure setzen die auf einem Briefumschlag skizzierte Idee von Ferdinand Piëch in die Realität um. Der Motor, der nicht größer als ein V12 ist und rund 400 Kilogramm wiegt, verdankt seine Kompaktheit der einzigartigen Anordnung der Zylinder in W-Form. Zwei Achtzylinderblöcke sind im 90-Grad-Winkel zueinander angeordnet und werden von vier Abgasturboladern angetrieben. Doch die Herausforderungen, die Karl-Heinz Neumann und sein Team bei der Verwirklichung des W16 zu bewältigen hatten, waren immens. „Damals gab es weder Literatur noch Erfahrungswerte für Serienmotoren mit mehr als zwölf Zylindern oder für Serienfahrzeuge, die schneller als 350 km/h fahren konnten", erzählt Neumann. „Vor allem eines machte uns Kopfzerbrechen: Das Auto musste am Boden bleiben, die Kraft musste auf der Straße bleiben - was bei diesen Geschwindigkeiten nicht einfach ist. Aber der Beweis, dass es möglich ist, einen Motor zu konstruieren, der dies leisten kann, war unglaublich cool. Es war ein echtes Gefühl der Erfüllung, als der W16 endlich einsatzbereit war.“

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Um den Motor zum Leben zu erwecken, sind mehr als 3.500 Einzelteile nötig, die von Hand zusammengesetzt werden, Prüfcomputer überwachen die Arbeit. Beim ersten Testlauf 2001 leistet der Motor mit den doppelten Biturbo gleich die verlangten 1.000+1 PS. Doch die Leistungssprünge sind so groß, dass die herkömmlichen Motorprüfstands- und Belüftungssysteme mit dem neuen W16 nicht zurechtkommen - neue Systeme müssen speziell entwickelt werden. Zudem kommen neue Anforderungen hinzu, die bisher bei einem Serienfahrzeug nicht auftreten, wie beispielsweise die sehr heißen Abgase zu kanalisieren. Eine Abgasanlage aus Titan, die es in dieser Größe zuvor im Automobilbereich noch nicht gibt, wird schließlich ein Teil der Lösung.

Absolut entscheidend für die dauerhafte Zuverlässigkeit des W16-Motors war sein Kühlsystem, das - wie nicht anders zu erwarten - in einem in der Automobilindustrie noch nie dagewesenen Ausmaß entwickelt wurde. Ein komplexes Wasser-Kühlsystem mit zwei Wasserkreisläufen hält den W16 auch bei extremer Volllast im geforderten Temperaturbereich. Im Hochtemperaturkreislauf mit drei Kühlern im Vorderwagen fließen 40 Liter Wasser, um den Motor auf Betriebstemperatur zu halten. Der Niedertemperatur-Kreislauf mit separater Wasserpumpe enthält 15 Liter Kühlwasser und kühlt in zwei auf dem Motor angeordneten Wärmetauschern die erhitzte Ladeluft der Turbolader um bis zu 130 Grad ab. Dazu kommen je ein Kühler für das Differentialöl, das Getriebeöl und das Motoröl sowie der Wärmetauscher für die Klimaanlage.

Bei Bugatti verfügt der Grundmotor freilich schon über ausreichend Leistung, die vier Turbolader machen den Antrieb noch kraftvoller und bieten ein einzigartiges Performance- und Sounderlebnis, erklären die Bugatti-Entwickler.

Im Laufe der Jahre optimieren die Ingenieure das Triebwerk weiter. Neben größer dimensionierten Turboladern und vielen Veränderungen im Motor leistet der W16 ab 2010 im Veyron 16.4 Super Sport 1.200 PS. Im selben Jahr erreicht der Super Sport mit 431,072 km/h einen Geschwindigkeitsrekord als schnellster straßenzugelassener Seriensupersportwagen und mit ihm einen Eintrag ins legendäre Guinness Book of Records.

Für das Nachfolgemodell Chiron holen die Entwickler noch mehr Leistung aus dem W16 - zunächst 1.500 und später sogar 1.600 PS.

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