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Classic

Zeitreise: Unterwegs im Toyota Corolla GT (AE86) von 1986

Der japanische Driftkönig der 1980er-Jahre.

09/29/2019, 12:00 PM

Puh. Eine ganz schön heiße Kiste. Und zwar im doppelten Sinne: Als ich in den Toyota Corolla GT von 1986 einsteige, sind das Lenkrad und der Schalthebel total aufgeheizt. Doch noch heißer wird es unter der Haube. Denn hier und heute darf ich einen legendären AE86 bewegen. ganz recht: Jenes Auto, dass bei Japan-Liebhabern und Playstation-Nerds einen legendären Ruf besitzt. Jenes Auto, dass sogar schon in einem Comic verewigt wurde und als "Driftkönig" berühmt ist.

Aber der Reihe nach: Zwar steht auf dem Typenschild im Motorraum "meines" Toyota Corolla GT unter "Model" das magische Kürzel AE86, doch nicht am Heck. Die Namensvielfalt ist fast unüberschaubar. Es gab die sportlichen Dreitürer der E8-Baureihe des Corolla mit Stufenheck und Schrägheck, zumindestens in Japan und den USA. "Corolla Levin" und "Sprinter Trueno" hießen sie für den japanischen Markt, so kennen die Autos auch viele Nutzer des Videospiels "Gran Turismo". In den USA wiederum hörten die Fahrzeuge auf "Corolla GT-S" und "SR5". Auf dem deutschen Markt gab es hingegen von 1983 bis 1987 ausschließlich das dreitürige Stufenheck unter dem Namen Corolla GT. Alles klar?  

So innovativ wie möglich, mit technischen Durchbrüchen in allen wichtigen Bereichen: So lautete der Anspruch von Entwicklungs-Chef Fumio Agetsuma an die fünfte Modellgeneration ab 1983. Es war der erste Corolla, der mit Computerunterstützung entwickelt wurde. Mit flacher Frontpartie und abgerundeter Keilform war die neue Generation der erste Corolla mit Frontantrieb. Die sportlichen Coupés fuhren aber weiterhin mit Hinterradantrieb und längs eingebautem 1,5- oder 1,6-Liter-Motor. Bei letzterem handelt es sich um den auch als "Hachi-Roku" bekannten AE86, den letzten Corolla mit Frontmotor und Hinterradantrieb. Seine zahllosen Renn- und Rallye-Erfolge und seine Drift-Qualitäten machen ihn zu einer umjubelten Ikone der modernen Toyota-Historie.

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Wie beliebt er bei seiner weltweiten Anhängerschaft nach wie vor ist, erkennt man daran, dass ihn Fans bis heute liebevoll AE86 (oder eben Hachi-Roku, japanisch für "acht-sechs") nennen, nach der von Toyota verwendeten Fahrgestellnummer. Zur Legende wurde der AE86 durch seine Vorreiterrolle im Drifting und im Film. Der japanische Rennfahrstar Keiichi Tsuchiya entschied sich für ihn aufgrund des hervorragenden Fahrverhaltens und der fantastischen Steuerung. Noch bis heute ist der AE86 eine feste Größe bei Driftshows und Wettbewerben. Aber der wohl berühmteste aller AE86 ist das weiß-schwarze Modell aus dem Manga-Klassiker "Initial D" aus dem Jahr 1995: Dieser Film erzählt die Geschichte von Takumi Fujiwara, einem Lieferwagenfahrer bei Tag und Driftingkönig bei Nacht. Das Fahrzeug seiner Wahl: Ein Corolla AE86 Trueno, während sein bester Freund den AE86 Levin fährt. (Toyota selbst spricht von einem Levin bei Takumi, unsere Leser wissen es natürlich besser!)

Heute bin ich für gut anderthalb Stunden Takumi Fujiwara. Kaum jemand nahm auf dem Parkplatz Notiz von dem recht bieder wirkenden, kantigen Toyota Corolla GT. Nun gut, die Alternativen in Gestalt von allen Supra-Generationen und dem mythischen 2000 GT sind natürlich heiß. Doch als alt gedienter Zocker von Gran Turismo 1 und 2 auf der Playstation, weiß ich, welch dankbarer Einstiegssportler der AE86 ist.

Einmal eingestiegen, folgt zunächst die Ernüchterung: Alles ist maximal übersichtlich, der Ausblick fast wie im Gewächshaus. Aber das Cockpit ist in etwa so aufregend wie ein Cassettenrecorder von 1986. Kunststoff, wohin ich auch blicke, aber immerhin schwarz-beige kontrastiert. Ein geschüsseltes Lenkrad mit schmalem Kranz vor mir. Mein Journalistenhintern ruht auf einem plüschigen Sportsitz mit gutem Seitenhalt. Doch erst der Blick auf den Drehzahlmesser, dessen roter Bereich bei 7.200 Umdrehungen beginnt, signalisiert mir: Da geht was.

Also rein mit dem kleinen Schlüssel ins Zündschloss und los! Gar nicht mal unmarkant erwacht der intern "4A-GE" genannte Motor zum Leben. Typisch für Autos der 1980er-Jahe prahlt auch der Toyota Corolla GT auf dem Heck mit seinen Zutaten: Twin Cam plus 16V, also zwei obenliegende Nockenwellen und 16 Ventile. 115 PS wirft der 1,6-Liter-Benziner mit Katalysator (kam Ende 1985) in die Waagschale, ohne sind es 124 PS. Das klingt heutzutage nicht viel, nur wiegt anno 2019 kaum noch ein Auto ungefähr 950 Kilogramm wie der Corolla GT.  

Und so wird der vermeintliche Biedermann auf jedem Kilometer, den ich fahre, immer mehr zum Brandstifter. Ich flippere mich durch die recht präzise Schaltung mit ihrem massiven Joystick, obwohl sich der Motor schnell als durchzugsfreudig erweist. Der AE86 vermittelt eine Eigenschaft, die moderne Autos kaum noch aufweisen: Man verschmilzt mit seinem Fahrzeug zu einer Einheit. So muss sie sein, die vielzitierte Freude am Fahren. Auf kurvigen Landstraßen zuckt das Heck bereits kurz, keine Elektronik fängt den übermütigen Fahrer ein. Driften? Aber gerne! Doch ich nehme mich zurück, denn ein Corolla GT alias AE86 in diesem Originalzustand ist hierzulande extrem selten.

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